Königsklingen (First Law - Band 3)
stoßen, zustoßen.
Die Klinge war so schnell, dass sie nur verschwommen zu sehen war. Der erste Stoß traf Frost genau in der linken Seite seiner Brust. Der zweite stieß lautlos in die rechte Seite seines Halses. Der dritte durchbohrte seine Maske und kratzte gegen seinen Kieferknochen, und die schimmernde Spitze war einen kurzen Augenblick unter seinem weißen Ohr zu sehen, bevor sie pfeilschnell wieder herausgezogen wurde.
Frost stand bewegungslos da, die weißen Augenbrauen milde überrascht hochgezogen. Dann trat Blut aus der winzigen Wunde an seiner Kehle und rann als schwarze Spur bis auf sein Hemd. Er streckte eine große weiße Hand aus. Dann wankte er, und Blut quoll unter der Maske hervor.
»Ffffeiffe«, schnaufte er.
Als würden ihm plötzlich die Beine weggezogen, brach Frost zusammen und stürzte zu Boden. Einmal noch versuchte er sich mit einem Arm aufzustützen, aber er hatte keine Kraft mehr. Er atmete hart und gurgelnd, dann immer leiser, und endlich war er still.
Und das war alles.
Neben dem umgestürzten Tisch rappelte Ardee sich auf. Blut lief aus ihrer Nase und sickerte auf ihre Oberlippe. »Er ist tot.«
»Ich habe früher einmal gefochten«, murmelte Glokta. »Offenbar verlernt man es nie so richtig.« Er sah von einem Leichnam zum anderen. Frost lag in einer dunklen Lache, die stetig größer wurde, und ein rosafarbenes Auge starrte auch im Tode noch ohne zu blinzeln in den Raum. Severards Kopf hing über die Stuhllehne, den Mund in stillem Schrei weit aufgerissen, die verstümmelte Hand immer noch angekettet, die andere hing schlaff herunter.
Meine Jungs. Meine Augen, meine Hände. Alles zu Ende.
Mit düsterem Blick sah er auf den langen, blutigen Metallstab in seiner Hand.
Nun denn. Dann müssen wir uns eben so gut es geht ohne sie weiter vorankämpfen.
Mit zusammengebissenen Zähnen bückte er sich, hob das abgefallene Stück seines Stocks mit zwei Fingern auf und ließ es wieder um die blutige Klinge herum zuschnappen. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, das Kistchen für mich wieder zuzumachen?« Ardee starrte mit großen Augen auf die Instrumente, auf Severards gähnende Leiche, auf den umgekippten, blutbefleckten Tisch und die Fingerstückchen, die überall verstreut lagen. Sie hustete, dann presste sie sich den Handrücken gegen die Lippen.
Man vergisst, dass andere es nicht gewöhnt sind, mit solchen Dingen umzugehen. Aber wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können, und es ist jetzt ein wenig zu spät, sie langsam einzugewöhnen. Wenn sie mit einem Hackmesser auf einen Menschen losgehen kann, dann kann sie für mich sicherlich auch eine oder zwei Klingen einsortieren, ohne in Ohnmacht zu fallen.
»Das Kistchen«, wiederholte er brüsk. »Ich werde meine Instrumente auch später noch brauchen.«
Ardee blinzelte, sammelte die herausgefallenen Instrumente mit bebenden Händen ein und legte sie wieder an Ort und Stelle. Dann klemmte sie sich die Schatulle unter den Arm und stand leicht schwankend auf, bevor sie sich das Blut aus ihrer Nase an ihrem weißen Ärmel abwischte. Glokta bemerkte, dass sich ein Stück von Severards Fingern in ihrem Haar verfangen hatte.
»Sie haben da etwas ...« Er deutete an die entsprechende Stelle an seinem eigenen Kopf. »Genau dort.«
»Was? Gah!« Mit einem Ruck schleuderte sie das blutige Fleisch auf den Boden und erschauerte vor Ekel. »Sie sollten sich eine andere Möglichkeit suchen, um Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.«
»Das denke ich auch schon seit einiger Zeit. Aber es gibt doch noch einige Fragen, auf die ich eine Antwort suche.«
Die Tür knarrte, und plötzliche Panik überfiel Glokta. Cosca trat in den Raum. Als er des Blutbads ansichtig wurde, pfiff er leise und schob sich das Barett in den Nacken, so dass die große Feder lange Schatten über das Wandgemälde warf. »Da haben Sie ja eine ganz schöne Sauerei angerichtet, Herr Superior, eine richtige Sauerei.«
Glokta befingerte seinen Stock. Sein Bein brannte, sein Herz pochte dumpf bis in die Schläfen, und unter seiner kratzigen Kleidung war er schweißnass. »Ließ sich nicht vermeiden.«
»Ich dachte, es interessiert Sie vielleicht, dass unsere Gäste tatsächlich vorbeigekommen sind. Sechs Praktikale von der Inquisition. Meiner Vermutung nach wurden sie möglicherweise ausgesandt, um Sie zu töten.«
Zweifelsohne. Auf Befehl des Erzlektors, nachdem ihm der verblichene Praktikal Frost ein paar interessante Informationen zukommen ließ.
»Und?«, fragte Glokta.
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