Königsklingen (First Law - Band 3)
großen Getriebe, Meister Bayaz, aber ich versuche, ein robustes Rädchen zu sein.«
»Du hast mich noch nie enttäuscht. Das habe ich nicht vergessen. Wie entwickelt sich dein neuester kleiner Plan?«
»Es ist alles bereit, wir können beginnen, sobald du es befiehlst.«
»Dann lass uns jetzt anfangen. Wir gewinnen nichts, wenn wir noch länger warten.«
»Ich werde die Vorbereitungen treffen. Auch habe ich dir das hier mitgebracht, wie du wünschtest.« Er ließ die Tasche von der Schulter gleiten und griff hinein. Langsam zog er ein Buch heraus. Groß und schwarz, die schweren Deckel eingekerbt, vernarbt und von Feuer gezeichnet. »Glustrods Buch«, murmelte er leise, als habe er Angst, die Worte auszusprechen.
Bayaz runzelte die Stirn. »Behalte es noch eine Weile. Es gab ein unerwartetes Problem.«
»Ein Problem?« Sulfur ließ das Buch mit offensichtlicher Erleichterung wieder in seine Hülle gleiten.
»Was wir suchten ... war nicht dort.«
»Dann ...«
»Was unsere anderen Pläne betrifft, hat sich allerdings nichts geändert.«
»Natürlich.« Sulfur neigte wieder den Kopf. »Lord Ischer ist schon auf dem Weg.«
»Sehr gut.« Bayaz sah zu Ferro hinüber, als sei ihm jetzt erst aufgefallen, dass sie zugegen war. »Wärst du so nett, uns für einen Augenblick allein zu lassen? Es kommt ein Besucher, mit dem ich etwas besprechen muss.«
Sie verließ den Raum nur zu gern, aber sie nahm sich dabei Zeit, schon allein deswegen, weil Bayaz sie schnell loswerden wollte. Sie löste die vor der Brust verschränkten Arme, blieb an Ort und Stelle stehen und streckte sich. Dann schlenderte sie mit einem Umweg zur Tür, ließ die Füße dabei über die Dielenbretter schleifen, so dass ein hässliches Kratzen den Raum erfüllte. Dann hielt sie inne, um sich ein Bild anzusehen, in das Polster eines Sessels zu pieken und einem polierten Topf einen kleinen Schubs zu geben, obwohl sie all diese Dinge nicht im Geringsten interessierten. Währenddessen sah Quai ihr zu, und Sulfur zeigte sein wissendes kleines Lächeln. Sie blieb in der Tür stehen.
»Jetzt?«
»Ja, jetzt!«, fuhr Bayaz sie an.
Sie sah sich noch einmal im Zimmer um. »ScheißMagi«, schnaubte sie und glitt aus der Tür.
Im Raum dahinter wäre sie beinahe mit einem groß gewachsenen, alten Rosig zusammengestoßen. Er trug trotz der Hitze ein schweres Gewand und hatte sich eine funkelnde Kette um die Schultern gelegt. Ein großer Mann lauerte hinter ihm, grimmig und wachsam. Ein Leibwächter. Ferro gefiel es nicht, wie der alte Rosig sie ansah. Er blickte von oben herab auf sie hinunter, das Kinn erhoben, als sei sie ein Hund.
Als sei sie eine Sklavin.
»Sssssss.« Sie zischte ihm ins Gesicht, als sie sich an ihm vorbeidrängte. Er schnaubte wütend, und sein Leibwächter warf Ferro einen gefährlichen Blick zu. Sie achtete nicht darauf. Gefährliche Blicke besagten gar nichts. Wenn er ihr sein Knie ins Gesicht rammen wollte, dann konnte er es ja mal versuchen. Aber er tat es nicht. Die beiden schritten in das Zimmer, aus dem sie gerade gekommen war.
»Ah, Lord Ischer!«, hörte sie Bayaz sagen, bevor sich die Tür schloss. »Ich freue mich, dass Sie uns so kurzfristig aufsuchen konnten.«
»Ich habe mich sofort auf den Weg gemacht. Mein Großvater sagte immer, dass ...«
»Ihr Großvater war ein weiser Mann und ein guter Freund. Wenn ich darf, würde ich mit Ihnen gern über die Lage im Offenen Rat sprechen. Mögen Sie einen Tee?«
EHRLICHKEIT
Jezal lag auf dem Rücken, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, das Laken um die Hüften. Er beobachtete Ardee, die aus dem Fenster sah, und er dankte den Schicksalsgöttinnen dafür, dass irgendein lange schon vergessener Uniformschneider dafür gesorgt hatte, dass die Offiziere der Königstreuen Jacken mit kurzer Taille bekommen hatten. Er dankte ihnen voll tiefstem Ernst, denn im Augenblick trug Ardee nichts anderes als seine Jacke.
Es war unglaublich, wie sehr sich ihr Verhältnis seit diesem kurzen, bitteren Wiedersehen verändert hatte. Seit einer Woche schon hatten sie keine Nacht getrennt verbracht, und seit einer Woche lag ein Dauerlächeln auf seinem Gesicht. Gelegentlich trieb eine Erinnerung an die Oberfläche, unwillkommen und schrecklich unvermittelt, wie ein aufgedunsener Leichnam in einem Teich, während man am Ufer gerade ein Picknick macht – die Erinnerung daran, wie sie ihn gebissen und geschlagen, wie sie geweint und ihn angeschrien hatte. Aber wenn das geschah, dann hielt er
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