Königsklingen (First Law - Band 3)
Liebreiz einer Ziege, einer Ziege mit einem sehr bockigen Wesen.« Er spitzte die Lippen, setzte das Tässchen an den Mund und schlürfte anmutig von seinem Rand. Es kostete Ferro große Beherrschung, es ihm nicht aus der Hand zu schlagen und dem alten Drecksack noch dazu eine harte Kopfnuss zu verpassen. »Aber wenn du immer noch den Kampf gegen die Gurkhisen im Sinn hast ...«
»Immer.«
»Dann bin ich sicher, dass ich eine Verwendung für deine Talente finden kann. Eine Arbeit, bei der keinerlei Humor vonnöten ist. Meine Ziele hinsichtlich der Gurkhisen haben sich nicht geändert. Der Kampf muss weitergehen, wenn auch mit anderen Waffen.« Seine Augen glitten zu dem großen Turm, der über der Festung aufragte.
Ferro wusste wenig über Schönheit und gab üblicherweise auch nichts darauf, aber dieses Gebäude erschien ihr einfach überwältigend. Der Berg aus nacktem Stein hatte nichts Weiches oder Verzärteltes an sich. Seine Form verriet brutale Ehrlichkeit. Eine gnadenlose Präzision lag in seinen eckigen, schwarzen Kanten. Irgendetwas daran faszinierte sie.
»Was ist das da drüben?«, fragte sie.
Bayaz sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Das Haus des Schöpfers.«
»Was ist da drin?«
»Das geht dich nichts an.«
Ferro spuckte beinahe vor Zorn. »Du hast da gelebt. Du hast Kanedias gedient. Du hast dem Schöpfer bei seiner Arbeit geholfen. All das hast du uns erzählt, damals, auf der Ebene. Also sag mir, was da drin ist.«
»Du hast ein gutes Gedächtnis, Ferro, aber du vergisst eines. Wir haben den Samen nicht gefunden. Ich brauche dich nicht. Und deine endlosen Fragen muss ich schon gar nicht mehr beantworten. Stell dir mal vor, das trifft mich richtig hart.« Er trank wieder in kleinen Schlucken seinen Tee, hob die Brauen und sah zu den faulen Rosigs im Park hinunter.
Ferro zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht, oder zumindest das, was bei ihr am ehesten als Lächeln durchging.
Sie zeigte zumindest ihre Zähne. Nur zu gut erinnerte sie sich an das, was die bittere alte Frau gesagt hatte, Cawneil, und wie sehr es Bayaz erzürnt hatte. Sie würde ihn genauso herausfordern. »Der Schöpfer. Du hast versucht, seine Geheimnisse zu stehlen. Und du hast versucht, seine Tochter zu stehlen. Tolomei hieß sie. Ihr Vater warf sie vom Dach. Als Strafe für ihren Verrat, weil sie dir die Tore geöffnet hatte. Irre ich mich?«
Bayaz schüttelte die letzten Tröpfchen aus der Tasse über die Brüstung. Ferro sah, wie sie in der Sonne funkelten, als sie herabfielen. »Ja, Ferro, der Schöpfer stürzte seine Tochter vom Dach. So wie es aussieht, haben wir beide kein Glück in der Liebe, was? Wir haben halt Pech. Noch mehr Pech haben unsere Geliebten. Wer hätte gedacht, dass wir so viele Gemeinsamkeiten hätten?« Ferro dachte darüber nach, diesen Drecksack von einem Rosig auf demselben Weg abwärts zu schicken wie die Teetröpfchen und ihn einfach vom Balkon zu schubsen. Aber er war ihr noch etwas schuldig, und diese Schuld wollte sie eintreiben. Daher sah sie ihn nur finster an und schlich zurück ins Zimmer.
Dort war inzwischen ein Neuankömmling erschienen. Ein Mann mit lockigem Haar und breitem Lächeln. Er trug einen langen Stab in seiner Hand und hatte sich eine Tasche aus wettergegerbtem Leder über die Schulter gehängt. Seine Augen waren seltsam – eines war hell, eines dunkel. In seinem forschenden Blick lag etwas, das Ferro misstrauisch machte. Sogar noch mehr als sonst.
»Ah, die berühmte Ferro Maljinn. Vergebt mir meine Neugier, aber einen Menschen mit Eurer ... bemerkenswerten Ahnenreihe trifft man nicht jeden Tag.«
Ferro gefiel es nicht, dass er ihren Namen und ihre Ahnenreihe oder überhaupt irgendetwas über sie wusste. »Wer bist du?«
»Wo sind nur meine Manieren? Ich bin Yoru Sulfur vom Orden der Magi.« Damit bot er ihr seine Hand. Sie nahm sie nicht, aber er lächelte nur. »Nicht einer der ursprünglichen zwölf, natürlich nicht. Eher ein Nachzügler. Eine spätere Ergänzung. Ich war einst der Lehrling des großen Bayaz.«
Ferro schnaubte. Das machte ihn in ihren Augen nicht besonders vertrauenswürdig. »Und was ist dann passiert?«
»Ich habe ausgelernt.«
Bayaz stellte seine Tasse mit lautem Klappern auf den Tisch am Fenster. »Yoru«, sagte er, und der Neuankömmling neigte bescheiden den Kopf. »Ich danke dir für deine bisherige Arbeit. Präzise und genau auf den Punkt, wie immer.«
Sulfurs Lächeln wurde noch etwas breiter. »Ein kleines Rädchen in einem
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