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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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West noch einen Klaps auf die Schulter. »Es freut mich, Sie so wohlauf zu finden, Herr Marschall. Wusste ich doch, dass Sie nichts lange ans Bett fesseln würde!«
    »Halten Sie sich aus allem Ärger raus!«, rief West ihm nach, als Jalenhorm hinausging.
    »Wie immer!« Der massige Mann grinste, als er die Tür hinter sich schloss.
    West nahm den Stock, der neben dem Bett lehnte, biss die Zähne zusammen und richtete sich mühsam auf. Er humpelte über das breite Stück schachbrettartiger Fliesen bis zum Fenster, einen schmerzenden Schritt nach dem nächsten, und blinzelte endlich in die Morgensonne.
    Wenn man von hier auf den Palastgarten hinabsah, konnte man sich kaum vorstellen, dass ein Krieg stattgefunden hatte und dass es irgendwo Ruinen und ganze Berge von Leichen gab. Der Rasen war sauber geschnitten, der Kies ordentlich geharkt. Die letzten braunen Blätter waren von den Bäumen gefallen, und die glatten Äste ragten schwarz und nackt in den Himmel.
    Es war Herbst gewesen, als er nach Angland aufgebrochen war. Konnte das wirklich erst ein Jahr her sein? Er hatte vier große Schlachten überlebt, eine Belagerung, einen Hinterhalt und ein blutiges Handgemenge. Er hatte einen Zweikampf bis zum Tod mit angesehen. Er hatte im Mittelpunkt großer Ereignisse gestanden. Er hatte einen Gewaltmarsch über Hunderte von Meilen durch den tristen Winter Anglands überstanden. An den unwahrscheinlichsten Orten hatte er neue Kameraden gefunden, und Freunde waren vor seinen Augen gestorben. Burr, Kaspa, Cathil, Dreibaum, alle wieder zu Schlamm geworden, wie die Nordmänner sagten. Er hatte dem Tod ins Auge gesehen, und er hatte ihn gebracht. Gequält bewegte er seinen schmerzenden Arm in der Schlinge. Den Thronerben der Union hatte er mit seinen eigenen Händen ermordet. Und dann war er aufgestiegen, durch einen Glücksfall, der ans Unmögliche grenzte, und bekleidete nun einen der höchsten Posten im ganzen Land.
    Ein verdammt aufregendes Jahr.
    Und jetzt war es vorbei. Frieden, jedenfalls gewissermaßen. Die Stadt lag in Trümmern, und jeder Mann musste seinen Teil beitragen, aber er schuldete sich eine Pause. Die würde ihm sicherlich niemand missgönnen. Vielleicht konnte er darauf bestehen, dass ihn Ariss dan Kaspa weiterhin versorgte. Eine reiche und schöne Pflegerin erschien ihm genau das, was er jetzt brauchte ...
    »Du solltest noch nicht aufstehen.« Ardee stand in der Tür.
    Er grinste. Es war schön, sie zu sehen. In den letzten Tagen waren sie einander sehr nahe gewesen. Beinahe so, wie es früher einmal gewesen war, als sie noch Kinder waren. »Mach dir keine Sorgen. Mir geht es jeden Tag besser.«
    Sie ging zum Fenster hinüber. »Aber natürlich, in ein paar Wochen wirst du so kräftig sein wie ein kleines Mädchen. Marsch, zurück ins Bett.« Sie schob ihren Arm unter den seinen und nahm ihm den Stock aus der Hand, dann führte sie ihn durchs Zimmer. West machte keine Anstalten, sich zu widersetzen. Wenn er ehrlich war, dann fühlte er sich bereits wieder erschöpft. »Wir wollen nichts riskieren«, sagte sie. »Du bist alles, was ich habe, muss ich leider sagen. Es sei denn, dass man den anderen Invaliden mitzählt, meinen guten Freund Sand dan Glokta.«
    West lachte beinahe laut auf. »Das hat geklappt?«
    »Der Mann ist natürlich völlig abscheulich, jedenfalls auf gewisse Weise. Gleichzeitig furcht- und mitleiderregend. Und dennoch ... da es niemand anderen gab, mit dem ich hätte reden können, habe ich ihn seltsamerweise tatsächlich ins Herz geschlossen.«
    »Hm. Früher war er auf völlig andere Weise abscheulich. Ich weiß eigentlich nicht, wieso ich ihn damals ins Herz schloss. Aber ich tat es. Vermutlich gibt es dafür keinen ...«
    Eine plötzliche Welle der Übelkeit packte seine Eingeweide, und er stolperte und wäre beinahe gestürzt, dann sank er aufs Bett, das steife Bein vor sich ausgestreckt. Sein Blick war verschwommen, und um ihn drehte sich alles. Mit zusammengebissenen Zähnen presste er die Hände gegen sein Gesicht und spürte, wie ihm der Speichel in den Mund floss. Ardees Hand berührte seine Schulter.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Ah, ja, es ist nur ... ich habe immer wieder diese Übelkeitsanfälle.« Das Gefühl verebbte bereits wieder. Er rieb sich die brennenden Schläfen und dann den Hinterkopf. Dann hob er den Kopf und lächelte sie wieder an. »Ich bin sicher, das hat nichts zu bedeuten.«
    »Collem ...«
    Zwischen seinen Fingern hingen Haare. Sehr viele. Seine eigenen,

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