Königsklingen (First Law - Band 3)
ich? Verdammter Wind. Ich kann nichts sehen. Hilfe. Hilfe. Wo bin ich?«
»Halten Sie verdammt noch mal das Maul!«, brüllte West, aber die Worte blieben in seiner trockenen Kehle stecken. Es kam nur ein hohles Husten, das seine Rippen erneut in Brand setzte.
»Schhhh.« Eine sanfte Berührung seiner Brust. »Einfach ganz ruhig liegen bleiben.«
Ein verschwommenes Gesicht kam in sein Blickfeld. Das Gesicht einer Frau, wie er glaubte, mit blondem Haar, aber er bekam den Blick nicht klar. Er schloss die Augen und hörte auf, sich zu bemühen. Irgendwie schien es auch nicht wichtig zu sein. Etwas stieß gegen seine Lippen, ein Flaschenhals. Viel zu hastig trank er, spuckte und fühlte kaltes Wasser seinen Hals hinunterlaufen.
»Was ist passiert?«, krächzte er.
»Sie wurden verwundet.«
»Das weiß ich. Ich meine ... in der Stadt. Der Wind.« »Ich weiß nicht. Ich glaube, das weiß niemand.« »Haben wir gewonnen?«
»Ich nehme an ... die Gurkhisen wurden aus der Stadt vertrieben, ja. Aber es gibt sehr viele Verwundete. Und viele Tote.«
Wieder ein Schluck Wasser. Dieses Mal gelang es ihm zu trinken, ohne sich zu verschlucken. »Wer sind Sie?« »Ich heiße Ariss. Dan Kaspa.«
»Ariss ...« West kramte nach diesem Namen. »Ich kannte Ihren Vetter. Recht gut sogar ... ein guter Mann. Er hat immer davon erzählt ... wie schön Sie sind. Und wie reich«, murmelte er und war sich undeutlich bewusst, dass er das nicht sagen sollte, aber es gelang ihm nicht, in seinen Mundbewegungen innezuhalten. »Sehr reich. Er starb. In den Bergen.«
»Ich weiß.«
»Was tun Sie hier?«
»Ich versuche, den Verwundeten zu helfen. Sie sollten jetzt am besten schlafen, wenn Sie ...«
»Bin ich unversehrt?«
Eine Pause. »Ja. Schlafen Sie, wenn Sie können.«
Ihr dunkles Gesicht verschwamm noch mehr, und West ließ zu, dass seine Augen sich schlossen. Die gequälten Geräusche um ihn herum wurden allmählich leiser. Er war unversehrt. Es würde alles gut werden.
Jemand saß neben seinem Bett. Ardee. Seine Schwester. Er blinzelte, bewegte seinen bitter schmeckenden Mund und war sich für einen Augenblick nicht sicher, wo er eigentlich war.
»Träume ich?« Sie streckte die Hand aus und bohrte ihre Nägel in seinen Arm. »Ah!«
»Ein schmerzhafter Traum demnach?«
»Nein«, musste er gezwungenermaßen zugeben. »Das ist die Wirklichkeit.«
Sie sah gut aus. Viel besser als das letzte Mal, als er sie gesehen hatte, so viel stand fest. Es war immerhin kein Blut auf ihrem Gesicht. Und auch kein Blick blanken Hasses. Nur ein nachdenkliches Stirnrunzeln. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch es gelang ihm nicht, und er ließ sich wieder sinken. Sie bot ihm keine Hilfe an. Er hatte das im Grunde auch nicht erwartet. »Wie schlimm ist es?«, fragte er.
»Offenbar nicht zu sehr. Ein gebrochener Arm, ein paar gebrochene Rippen und ein arg lädiertes Bein, hat man mir gesagt. Ein paar Schnitte im Gesicht, von denen später vielleicht ein oder zwei Narben bleiben können, aber das gute Aussehen in unsere Familie habe ja sowieso schon immer ich gepachtet.«
Er stieß ein kurzes Lachen aus und verzog sofort das Gesicht, als er den Schmerz in seiner Brust fühlte. »Das ist wohl wahr. Und auch den Grips.«
»Du musst dich deswegen nicht schlecht fühlen. Ich habe beides benutzt, um mein Leben zu dem überragenden Erfolg zu machen, den du hier vor dir siehst. Leistungen, von denen du als Lord Marschall der Union nur träumen kannst.«
»Lass das«, zischte er und presste die gesunde Hand auf seine Rippen. »Das tut weh.«
»Nicht schlimmer, als du es verdienst.«
Sein Lachen verstummte stotternd, und für kurze Zeit schwiegen sie und sahen einander an. Selbst das war schwer. »Ardee ...« Seine Stimme versagte in seinem wunden Hals. »Kannst du mir ... verzeihen?«
»Habe ich schon. Als ich das erste Mal hörte, dass du tot seiest.« Sie versuchte zu lächeln, das konnte er sehen. Aber sie hatte immer noch diesen zornigen Zug um den Mund. Wahrscheinlich hätte sie ihm die Nägel lieber ins Gesicht geschlagen als nur in den Arm. Einen Augenblick war er beinahe froh darüber, dass er verwundet war. Es blieb ihr gar nichts anderes übrig, als sanft mit ihm umzugehen. »Es ist gut, dass du es nicht bist. Tot, meine ich ...« Sie blickte beunruhigt über ihre Schulter. Am anderen Ende des langen Kellers entstand ein wenig Aufruhr. Erhobene Stimmen, das Klappern der Schritte eines Mannes in voller Rüstung.
»Der König!« Wer auch
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