Königsklingen (First Law - Band 3)
Launenhaftigkeit. Ich stelle fest, dass Ihr gerade in einer widerspenstigen und zerstörerischen Stimmung seid. Nun endlich sehe ich den Blutigen Neuner.«
»Schön, dass ich dich enttäusche. Offenbar haben wir uns gegenseitig falsch eingeschätzt. Ich habe dich für einen großen Mann gehalten. Jetzt aber erkenne ich meinen Fehler.« Langsam schüttelte Logen den Kopf. »Was hast du hier getan?«
»Was ich getan habe?« Bayaz stieß ein schnaubendes, ungläubiges Lachen aus. »Ich habe drei reine Arten der Magie miteinander verquickt und eine neue daraus erschaffen! Offenbar begreift Ihr meine Leistung nicht, Meister Neunfinger, aber ich vergebe Euch. Mir ist klar geworden, dass Bücherwissen noch nie Eure größte Stärke war. Ein solches Unterfangen ist seit der Alten Zeit nicht mehr versucht worden, als Euz seine Gaben unter seinen Söhnen verteilte.« Bayaz seufzte. »Niemand wird meine größte Leistung je zu würdigen wissen, so wie es aussieht. Niemand außer Khalul vielleicht, und es ist unwahrscheinlich, dass er mir je dafür gratulieren wird. Nun, eine solche Kraft wurde im Weltenrund nicht mehr entfesselt, seit ... seit ...«
»Glustrod sich selbst zerstörte und Aulcus gleich mit?«
Der Magus hob die Augenbrauen. »Nun, da Ihr es erwähnt ...«
»Und die Folgen sind in etwa dieselben, scheint mir, wenn man davon absieht, dass du mit ein bisschen weniger gewissenlosem Morden ausgekommen bist und einen kleineren Teil einer kleineren Stadt in Schutt und Asche gelegt hast, noch dazu in einer weniger bedeutsamen, geringeren Zeit. Sonst besteht wohl kein Unterschied zwischen dir und ihm?«
»Ich hätte gedacht, das sei doch völlig offensichtlich.« Bayaz hob seine Teetasse und warf Logen über ihren Rand einen milden Blick zu. »Glustrod hat verloren.«
Logen stand lange da und dachte darüber nach. Dann wandte er sich um und stolzierte aus dem Zimmer, wobei ihm der Diener ängstlich auswich. Auf dem Flur hallten seine Schritte von der vergoldeten Decke, und das Rasseln von Bethods schwerer Kette auf seinen Schultern klang wie Gelächter in seinen Ohren.
Wahrscheinlich hätte er dafür sorgen sollen, dass der gewissenlose alte Drecksack weiter auf seiner Seite blieb. So, wie die Dinge im Norden vermutlich standen, mochte es durchaus dazu kommen, dass Logen seine Hilfe brauchen würde, sobald er zurückkehrte. Wahrscheinlich hätte er diese stinkende Pissbrühe, die Bayaz Tee nannte, trinken und dabei lächeln sollen, als ob es sich um Honig handelte. Wahrscheinlich hätte er lachen und den Magus einen alten Freund nennen sollen, damit er zur Großen Bibliothek des Nordens gekrochen kommen konnte, wenn die Dinge schiefgingen. Das wäre schlau gewesen. Das wäre realistisch gewesen. Aber es war nun einmal so, wie Logens Vater schon immer gesagt hatte ... So realistisch war er nie gewesen.
HINTER DEM THRON
Kaum hatte er gehört, dass die Tür sich öffnete, da wusste Jezal auch schon, wer sein Besucher war. Dazu musste er nicht einmal den Kopf heben. Wer sonst hätte die Dreistigkeit besessen, in die Gemächer des Königs vorzudringen, ohne zumindest einmal anzuklopfen? Er fluchte vor sich hin, unhörbar zwar, aber dennoch voll Bitterkeit.
Es konnte sich nur um Bayaz handeln. Seinen Gefängniswärter. Seinen allgegenwärtigen Schatten. Jenen Mann, der den halben Agriont zerstört und das wunderschöne Adua in Trümmer gelegt hatte und der nun lächelte und sich in dem Beifall suhlte, als sei er der große Retter der Nation. Das genügte, um einem gründlich übel werden zu lassen. Jezal biss die Zähne zusammen, starrte aus seinem Fenster auf die Ruinen und weigerte sich, sich umzudrehen.
Noch mehr Forderungen. Noch mehr Kompromisse. Noch mehr Gerede über Dinge, die getan werden mussten. Als Staatsoberhaupt kam er sich – zumindest, solange ihm der Erste der Magi beständig über die Schulter sah – zutiefst frustriert und entmachtet vor.
Selbst bei Kleinigkeiten war es ein Kampf, seine eigenen Ansichten durchzusetzen. Wohin er auch immer blickte, ständig schien er in das missbilligende Gesicht des Magus zu sehen. Er hatte das Gefühl, lediglich eine Galionsfigur zu sein. Ein hübsch gestaltetes, vergoldetes, zweifelsohne überwältigendes und dennoch völlig nutzloses Stück Holz. Mal davon abgesehen, dass eine Galionsfigur zumindest vorn am Bug eines Schiffes hängen durfte.
»Euer Majestät«, ertönte nun die Stimme des alten Mannes, und wie immer verbarg eine dünne Schicht Respekt nur
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