Königsklingen (First Law - Band 3)
vor tausend Jahren schon übermittelte. Es wird äußerst ermüdend.«
Jezals Wut wurde stetig größer. »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie langweile!«
»Ich nehme Ihre Entschuldigung an.«
»Das war ein Witz!«
»Ah. Ihr Witz ist von solcher Schärfe, dass ich nicht einmal merkte, dass er mich schnitt.«
»Sie verspotten mich!«
»Das ist so leicht. Jeder Mann erscheint mir wie ein Kind. Wenn man mein Alter erreicht, dann erkennt man, dass die Geschichte sich im Kreis bewegt. So oft habe ich diese Nation vom Rande der Zerstörung hinweggeführt, noch größerem Ruhm entgegen. Und was erbitte ich im Gegenzug? Ein paar kleine Opfer? Wenn Sie doch nur die Opfer begreifen würden, die ich für Vieh wie Sie und Ihr Volk gebracht habe!«
Jezals Finger zuckte heftig in Richtung des Fensters. »Und was ist mit all den Toten? Was ist mit denen, die alles verloren haben? Dieses Vieh, wie Sie es nennen! Ist es wohl glücklich über seine Opfer, was meinen Sie? Was ist mit all denen, die an dieser Krankheit gelitten haben? Die immer noch daran leiden? Einer meiner engsten Freunde ist darunter! Mir fällt durchaus auf, dass sie sehr an jene Krankheit erinnert, die Sie uns in den Ruinen von Aulcus beschrieben haben. Ich werde den Gedanken nicht los, dass Ihre Zauberei vielleicht der Grund dafür ist!«
Der Magus machte sich nicht die Mühe, das zu leugnen. »Ich kümmere mich um die großen Dinge. Mit dem Schicksal eines jeden Bauern kann ich mich nicht abgeben. Und Sie auch nicht. Ich habe versucht, Ihnen das beizubringen, aber wie es aussieht, haben Sie Ihre Lektion nicht gelernt.«
»Sie irren sich! Ich weigere mich, sie zu lernen!« Jetzt war sein Augenblick gekommen. Jetzt, da er zornig genug war, konnte Jezal für immer dem Schatten des Ersten der Magi entkommen und als freier Mann leben. Bayaz war wie Gift in einer Wunde, das herausgeschnitten werden musste. »Sie haben mir zum Thron verholfen, und dafür danke ich Ihnen. Aber ich danke Ihnen nicht für Ihre Art der Regierung, sie schmeckt nach Tyrannei!«
Bayaz kniff die Augen zusammen. »Regierung ist Tyrannei. Bestenfalls ist sie in hübsche Farben gewandet.«
»Ihre hartherzige Geringschätzung meiner Untertanen! Ich werde sie nicht dulden! Ich bin über Sie hinausgewachsen. Sie sind hier nicht mehr erwünscht. Sie werden nicht mehr gebraucht. Ich werde ab jetzt meinen eigenen Weg finden.« Er schickte Bayaz mit einer Geste weg, die, wie er hoffte, nach königlicher Entlassung aussah. »Sie dürfen gehen.«
»Darf ... ich ... das?« Der Erste der Magi stand lange schweigend da, und seine Miene verdüsterte sich zusehends. Es genügte, damit Jezals Zorn allmählich verebbte, sein Mund trocken und seine Knie weich wurden. »Ich stelle fest, dass ich viel zu sanft mit Ihnen umgegangen bin«, sagte Bayaz, und jedes Wort war rasiermesserscharf. »Ich habe Sie verhätschelt wie einen Lieblingsenkel, und Sie sind nun eigensinnig geworden. Ein Fehler, der mir nicht wieder passieren wird. Ein verantwortungsvoller Vormund sollte mit der Peitsche nicht sparsam sein.«
»Ich bin der Sohn von Königen«, blaffte Jezal, »ich werde nicht ...«
Ein Schmerz wie ein Speer durchfuhr fürchterlich plötzlich seine Eingeweide, und er krümmte sich zusammen. Ein oder zwei Schritte stolperte er noch voran, dann schoss heißes Erbrochenes aus seinem Mund. Er stürzte vornüber, konnte kaum noch atmen, und die Krone fiel von seinem Kopf und rollte davon. Einen derartigen Schmerz hatte er noch nie empfunden. Nicht einmal annähernd.
»Ich habe keine Ahnung ... welche Umstände Sie zu der Überzeugung bringen ... Sie könnten auf diese Weise mit mir sprechen. Mit mir, dem Ersten der Magi!« Jezal hörte Bayaz’ Schritte langsam auf sich zukommen, und seine Stimme zerrte an seinen Ohren, während er sich hilflos in seinem eigenen Erbrochenen wälzte.
»Sohn von Königen? Es enttäuscht mich, dass Sie nach all dem, was wir gemeinsam erlebt haben, so bereitwillig die Lügen glauben, die ich zu Ihrem Wohl ausgestreut habe. Dieser Unfug war für die Idioten auf der Straße bestimmt, aber es scheint, als seien die Idioten in den Palästen ebenso leicht von süßem Schwachsinn einzulullen. Ich habe Sie von einer Hure gekauft. Sie haben mich sechs Mark gekostet. Sie wollte zwanzig, aber ich habe hart verhandelt.«
Die Worte waren natürlich äußerst schmerzhaft. Aber noch viel, viel schlimmer war das unerträgliche Stechen, das durch Jezals Wirbelsäule fuhr, an seinen Augen zerrte,
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