Königsklingen (First Law - Band 3)
deine Nähe. Und im nächsten?« Er tippte mit der schmutzigen Spitze seines Stocks gegen seinen verkrüppelten Fuß. »Im nächsten bist du erledigt. Es ist eine harte Lektion.«
Das sollte ich aus eigener Erfahrung wissen.
Marovias Sekretär wich zurück; er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und streckte eine Hand vor sich aus. »Nun warten Sie ...«
»Wieso?« Glokta schob die Unterlippe vor. »Glauben Sie wirklich, dass wir nach all dem noch richtig gute Freunde werden können?«
»Vielleicht können wir zu einer ...«
»Es stört mich nicht, dass Sie versucht haben, mich zu ermorden. Aber es so dumm anzustellen – wir sind doch beide Profis, Morrow. Es beleidigt mich, dass Sie ernsthaft glaubten, mit so etwas bei mir Erfolg zu haben.«
»Ich bin verletzt«, raunte Severard.
»Getroffen«, sang Vitari, und ihre Kette rasselte in der Dunkelheit.
»Hödlich beweidicht«, knurrte Frost und trieb Morrow wieder zum Gatter zurück.
»Sie hätten weiterhin Hoff den besoffenen Arsch lecken sollen. Oder vielleicht wären Sie sogar am besten auf dem Bauernhof geblieben, bei Ihren Schweinen. Harte Arbeit, am frühen Morgen und so, mag sein. Aber auch so kann man seinen Lebensunterhalt verdienen.«
»Warten Sie! Warten Sieeeeeeurgh.«
Severard hatte Morrows Schulter von hinten gepackt, ihm sein Messer seitlich in den Hals gerammt und ihm so ruhig, als ob er einen Fisch ausnähme, die Kehle herausgeschnitten.
Blut spritzte über Gloktas Schuhe, und er taumelte zurück, wobei ein heftiger Schmerz sein zerstörtes Bein hinaufschoss. »Scheiße!«, zischte er durch seine Zahnlücken hindurch, kam ins Stolpern und wäre beinahe mit dem Hintern in den Dreck gefallen, wenn es ihm nicht gelungen wäre, sich gerade rechtzeitig noch an dem Gatter neben sich festzuhalten. »Hätten Sie ihn nicht einfach erwürgen können?«
Severard zuckte die Achseln. »Das Ergebnis ist dasselbe, oder nicht?« Morrow fiel auf die Knie, die Brille schief auf dem Gesicht, und griff mit einer Hand nach seinem durchgeschnittenen Hals, während Blut auf seinen Hemdkragen blubberte.
Glokta sah den Schreiber auf den Rücken kippen, ein Bein ruckartig in die Luft gestreckt, während sein Absatz lange Schlieren in den stinkenden Schmutz zog.
Tut mir das leid für die Schweine auf dem Bauernhof. Nie werden sie den jungen Morrow wieder über den Hügel kommen sehen, zurück von seinem schönen Leben in der großen, schimmernden Stadt, sein Atem wie Raureif in der kalten, kalten Morgenluft ...
Die Zuckungen des Sekretärs wurden schwächer und schwächer, und endlich lag er still. Glokta hielt sich kurz an dem Gatter fest und blickte auf den Toten.
Wann ist es geschehen, dass ich ... so geworden bin? Wahrscheinlich Schritt für Schritt. Eine Tat zieht die nächste nach sich, auf einem Pfad, den wir nicht gewählt haben, den wir aber gehen müssen, und für jeden Schritt gibt es Gründe. Wir tun, was wir tun müssen, wir tun, was man uns sagt, wir tun, was uns das Einfachste erscheint. Wir lösen immer ein elendes Problem nach dem andern, wie sonst könnten wir auch vorgehen? Und dann eines Tages halten wir inne und stellen fest, dass wir ... so geworden sind.
Er sah auf das Blut, das auf seinem Stiefel glänzte, rümpfte die Nase und wischte es an Morrows Hosenbein ab.
Nun gut. Ich würde mich ja gern länger diesen philosophischen Überlegungen hingeben, aber ich muss weitere Beamte bestechen, Edelleute erpressen, Stimmen fangen, Sekretäre ermorden und Liebhaber bedrohen. So viele Messer, die in der Luft gehalten werden wollen. Immer, wenn eines klappernd auf den dreckigen Boden fällt, muss ein anderes hoch hinauffliegen, so dass die rasiermesserscharfe Klinge stets über unseren Köpfen schwebt. Es wird einfach nicht leichter.
»Unsere Zaubererfreunde sind wieder in der Stadt.« Severard hob seine Maske leicht an und kratzte sich dahinter. »Die Magi?«
»Der Erste dieser Drecksäcke sogar und seine kühne Gruppe von Helden. Er, sein aalglatter Lehrling und diese Frau. Und auch der Wegkundige. Behalten Sie die Leute im Auge und schauen Sie, ob wir nicht ein Ferkel von der Rotte trennen können. Es ist höchste Zeit, dass wir herausfinden, was sie vorhaben. Haben Sie noch immer Ihr hübsches Anwesen unten am Wasser?«
»Natürlich.«
»Gut. Vielleicht gelingt es uns einmal, den Ereignissen einen Schritt voraus zu sein, und wenn Seine Eminenz dann Antworten verlangt, können wir sie ihm sofort präsentieren.«
Damit mir mein Herr und
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