Königsklingen (First Law - Band 3)
einzigartiges Lächeln. Es lässt die ganze Welt gleich heller erscheinen, nicht wahr?«
»Wie Sonnenschein an einem bewölkten Tag.« Tul setzte sich auf den Stein neben ihm, zog den Stopfen aus seiner Feldflasche und hielt sie ihm hin. »Tut mir leid.«
»Was tut dir leid? Hä?«
»Dass wir nicht nach dir gesucht haben, nachdem du über die Klippe gestürzt warst. Dachten, du wärst tot.«
»Kann nicht sagen, dass ich euch das besonders übel nehme. Ich war mir selbst ziemlich sicher, tot zu sein. Ich hätte wohl eher nach euch allen schauen sollen, denk ich mal.«
»Na ja. Dann hätten wir eben gegenseitig nacheinander suchen sollen. Aber ich denke, man verlernt nach einer Weile zu hoffen. Das Leben bringt einem bei, dass man immer das Schlimmste erwarten sollte, was?«
»Man muss realistisch sein, würde ich sagen.«
»So ist es. Aber es ist ja alles noch mal gut gegangen. Du bist wieder bei uns, nicht wahr?«
»Joh.« Logen seufzte. »Wieder im Krieg, bei schlechtem Essen durch die Wälder kriechen.«
»Wälder«, brummte Tul und setzte dann ein breites Grinsen auf. »Ob ich sie wohl jemals satt haben werde?«
Logen nahm einen Schluck aus der Feldflasche und gab sie dann zurück, und Tul trank nun ebenfalls. Schweigend saßen sie eine Weile da.
»Ich habe das alles nicht gewollt, das weißt du, Tul.«
»Natürlich nicht. Niemand von uns hat das gewollt. Das heißt allerdings nicht, dass wir es nicht verdient hätten, was?« Tul ließ seine große Hand auf Logens Schulter sinken. »Wenn du mal drüber reden willst, ich bin für dich da.«
Logen sah ihm nach. Er war ein guter Mann, der Donnerkopf. Ein Mann, dem man vertrauen konnte. Tul und Grimm und der Hundsmann. Auch der Schwarze Dow, auf seine eigene Art. Fast gab es Logen ein wenig Hoffnung. Fast war er froh, dass er beschlossen hatte, in den Norden zurückzukehren. Dann sah er wieder zu der langen Reihe von Männern hinüber und entdeckte Espe, der ihn beobachtete. Logen hätte gern weggesehen, aber wegsehen, das war dem Blutigen Neuner unmöglich. Also blieb er auf seinem Stein sitzen, und sie starrten einander an. Logen fühlte, wie der Hass in ihm wühlte, bis Espe zwischen den Bäumen verschwand. Er schüttelte den Kopf, saugte wieder an seinen Zähnen und spuckte aus.
Man kann nie zu viele Messer haben, hatte sein Vater ihm gesagt. Es sei denn, dass sie alle auf dich zeigen und in den Händen von Menschen liegen, die dich nicht sehr mögen.
DIE BESTEN FEINDE
»Klopf, klopf.« »Nicht jetzt!«, wütete Oberst Glokta. »Ich muss noch diese ganzen Papiere hier durcharbeiten!« Es waren wohl zehntausend Geständnisse, die auf seine Unterschrift warteten. Sein Schreibtisch bog sich unter den hohen Stapeln, und die Spitze seines Federkiels war weich wie Butter. Mit der roten Tinte sahen seine Zeichen wie dunkle Blutflecke aus, die über das blasse Papier gespritzt waren. »Verdammt noch mal!«, tobte er, als er das Tintenfass mit dem Ellenbogen umwarf und die Tinte über die Papierstapel rann und mit einem stetigen Tropf, Tropf, Tropf auf den Boden leckte.
»Sie werden später Zeit für Ihre Geständnisse haben. Und zwar reichlich.«
Der Oberst runzelte die Stirn. Die Luft hatte sich entschieden abgekühlt. »Sie schon wieder! Stets zur unpassendsten Zeit!«
»Sie erinnern sich also an mich?«
»Ich glaube schon ...« Um der Wahrheit die Ehre zu geben, fiel es dem Oberst nicht leicht, genau einzugrenzen, woher die Erinnerung kam. Das Bild einer Frau, die in einer Ecke saß, stieg in seinem Gedächtnis auf, aber er konnte ihr Gesicht nicht erkennen.
»Der Schöpfer stürzte brennend ... er ward auf der Brücke zerschmettert ...« Die Worte klangen vertraut, aber Glokta konnte nicht sagen, woher. Alte Geschichten, Unsinn. Er verzog gequält das Gesicht. Verdammt, sein Bein tat weh.
»Ich glaube schon ...« Die Selbstsicherheit, die er sonst immer zeigte, schien zu verfliegen. Das Zimmer war nun eiskalt, und er konnte den weißen Atem sehen, der vor seinem Gesicht aufstieg. Unsicher erhob er sich von seinem Stuhl, als sein unwillkommener Besuch näher trat; sein Bein pochte wütend. »Was wollen Sie?«, brachte er heraus.
Das Gesicht kam nun ans Licht. Es war niemand anders als Mauthis, der Mann vom Bankhaus Valint und Balk. »Den Samen, Herr Oberst.« Und er lächelte auf seine freudlose Art. »Ich will den Samen.«
»Ich ... ich ...« Gloktas Rücken stieß gegen die Wand. Er konnte nicht weiter zurück.
»Den Samen!« Jetzt war es das
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