Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Können diese Augen lügen?

Können diese Augen lügen?

Titel: Können diese Augen lügen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Larkin
Vom Netzwerk:
für die ersten drei Monate, die ich hier wohnte, Abgaben zu zahlen. Ich hatte noch nicht einmal gewusst, dass ich dazu verpflichtet war, und plötzlich hielt ich einen grell orangefarbenen Umschlag mit einer Rechnung über sechshundert Dollar und einem handgeschriebenen Brief von Mr Wright darin in der Hand, in dem er mir mitteilte, wie wichtig es sei, Abgaben und Beiträge pünktlich zu entrichten. Danach zahlte ich jeden Monat zwei Tage vor Fälligkeitsdatum, daher kochte ich schon vor Zorn, bevor ich den Brief öffnete. Ich hatte bezahlt. Für eine Mahnung gab es absolut keinen Grund.
    Aber diesmal ging es nicht um Mitgliedsbeiträge und Abgaben. Die Farbe Orange schien sich nicht allein auf Finanzielles zu beschränken, denn in dem Brief stand, Joe würde das für Haustiere geltende Gewichtslimit von fünfunddreißig Pfund übersteigen.
    Wutentbrannt marschierte ich zum Haus der Wrights und hämmerte mit der Faust gegen die Tür, obwohl ein schimmernder Messingtürklopfer daran hing. Mrs Wright öffnete. Elizabeth Wright war eine kleine, hagere Frau mit scharf geschnittenen Wangenknochen und einem permanent verkniffenen Gesicht. Mr Wright rief sie Eliza, aber als wir uns kennengelernt hatten, hatte sie sich als Betsy vorgestellt, was in mir den Verdacht erweckte, er würde ihren Namen genauso nach seinem Gutdünken beschneiden wie die Büsche in seinem Vorgarten, die wie Pompons aussahen.
    » Oh, hallo, Savannah. Kommen Sie herein.« Mrs Wright beäugte den Umschlag in meiner Hand. » Sie wollen sicher zu Harold.« Sie schürzte die Lippen, als würde sie saure Kirschen verspeisen. » Ich hole ihn.«
    In der Diele hing das gerahmte Wasserfarbenbild einer Ente mit Schal und einem großen Schlapphut auf dem Kopf. Es roch nach Hackbraten. Ich schob den Brief in meine Tasche und zog meine Lederhandschuhe aus. Meine Hände waren schweißfeucht.
    Im Nebenraum erklang Geflüster, dann trat Mr Wright zu mir. Er trug ein Smokingjackett über einem weißen Unterhemd und hatte sein pfeffer- und salzfarbenes Haar buschig auftoupiert. Ich konzentrierte mich angestrengt auf die Ente, bis ich mein Grinsen unter Kontrolle hatte.
    » Ah, Savannah, ich sehe, Sie haben meinen Brief bekommen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Wand.
    » Allerdings, und etwas Absurderes ist mir noch nie untergekommen.« Ich zog den Brief aus der Tasche und wedelte damit vor ihm durch die Luft. » Mrs Mackenzie hat in ihrem Vorgarten sechs Gartenzwerge aufgestellt.« Ich hob eine Hand, um an sechs Fingern abzuzählen, aber das ging nicht, weil ich den Brief und die Handschuhe festhielt, also ließ ich die Hand wieder sinken. » Sechs Stück. Drei mehr als die erlaubte Obergrenze für Rasendekoration.«
    » Nun«, meinte Mr Wright, » Mrs Mackenzie und ich haben bezüglich dieser Gartenzwerge eine Abmachung getroffen, daher…«
    » Darauf möchte ich wetten«, unterbrach ich, dabei lockerte ich meinen Schal. Der Heizungsthermostat musste auf ungefähr dreißig Grad eingestellt sein. » Am Haus drei Türen weiter von meinem hängen so viele Windspiele, dass ich mir jedes Mal, wenn ich nach draußen gehe, vorkomme wie in einem Horrorfilm. Haben Sie mit denen auch eine Abmachung getroffen?« Ich wusste, dass er von der Existenz der Windspiele wusste; ich hatte ihn des Öfteren an seinem Wohnzimmerfenster sitzen und mit seinem Opernglas nach Regelverstößen Ausschau halten sehen.
    » Ich muss darauf hinweisen, dass es sich hier um eine ganz andere Angelegenheit handelt, Savannah. Es liegen mir Beschwerden mehrerer Anwohner vor.« Er wirkte in diesem Moment unerträglich selbstgefällig. » Wenn wir zulassen, dass Ihr Hund bleibt«, er hob mahnend einen Zeigefinger, » dann streifen demnächst zahme Löwen durch unsere Straßen.«
    Zahme Löwen. Mir fiel ein, dass Gail Joe als Bestie bezeichnet hatte und begriff, wo die Hexenjagd begonnen hatte. Es bedeutete auch, dass ich nicht nur Mr Wright gegen mich hatte. Ich kämpfte gegen Gail und vermutlich auch gegen die meisten anderen Nachbarn. Wenn Gail einmal in Fahrt war, ließ sie nichts unversucht, um alle, die sie kannte, auf ihre Seite zu ziehen.
    Wenn Peter bei mir wäre, wüsste er, wie er mit Mr Wright umzugehen hätte. Er beherrschte die typische Anwaltskunst, kühl und sachlich zu argumentieren. Er hätte Mr Wright von oben herab gemustert, Wendungen wie ›daher ist nicht einzusehen ‹ oder ›gemäß Paragraf sowieso ‹ benutzt und einen belehrenden Ton

Weitere Kostenlose Bücher