Köpfe für Carlita
dauert nicht mehr lange«, erklärte Sahnas, als er sah, daß ich einen Blick auf die Uhr geworfen hatte. Mit der rechten Hand deutete er schräg nach rechts. »Dort müssen wir hin. Sie können die Siedlung bereits erkennen. Zumindest die Dächer der Häuser. Und dort oben, wo Sie die letzten sehen, befindet sich unser Ziel.«
Ich nickte, weil ich zugehört hatte. Meine Gedanken beschäftigten sich mit einem anderen Thema.
»Sie haben ja mit Carlita Moreno gesprochen, wie Sie sagten. Wie hat sie denn die Ankündigung aufgenommen?«
»Sehr locker.«
»Das kann alles bedeuten.«
»Zumindest nicht wie jemand, der Angst hat. Ich habe ihr einfach erklärt, daß wir sie als Zeugin vernehmen müssen, weil einer dieser sieben Toten zu ihrem Bekanntenkreis gehört hat.«
»Sehr schön. Stritt sie das nicht ab?«
»Nein.«
»Das wundert mich.«
»Es würde mich auch an Ihrer Stelle wundern. Aber Sie müssen die Verhältnisse kennen. Diese reichen Küstenbewohner bilden eine Clique für sich. Wir haben ja auch die Toten identifizieren können und herausgefunden, daß einige von ihnen eben zu dieser Clique gehörten. Da sind eben zahlreiche Vernehmungen durchgeführt worden. Darauf basiert jetzt auch unser Besuch.« Er schielte mich von der Seite her an.
»Sind Sie zufrieden?«
»Ja.«
»Dann werden wir auch nicht mit der Tür ins Haus fallen. Außerdem sollen Sie sich einen Eindruck von dieser Person verschaffen können und sie vor allen Dingen mit derjenigen vergleichen, die Sie auf dem Gemälde im Museum gesehen haben.«
»Ist die Ähnlichkeit tatsächlich so stark?«
»Das ist sie.« Der Kollege zog die Stirn kraus, als wäre es ihm nicht angenehm, auf dieses Thema angesprochen zu werden. »Es ist einfach nicht zu begreifen – als wäre Carlita Moreno ein Zwilling der anderen Frau. Seltsam, aber wahr.«
»Gut«, sagte ich. »Dann lasse ich mich mal überraschen.«
Vor uns erschien eine Rechtskurve, durch die ein Lastwagen rollte. Er kam von oben. Der Fahrer schien keine Bremsen zu haben. Er hupte sich anscheinend den Weg frei. Nur haarscharf wischte er am Seat des Kollegen vorbei.
Sahnas grinste. »Was schauen Sie so, John?« Ich hob die Schultern.
»Das war ziemlich knapp.«
»Daran müssen Sie sich auf einer Straße wie dieser gewöhnen.«
Hinter der Kurve tauchte die Abzweigung auf. Der Weg führte jetzt in die Felsen hinein. Und die Landschaft änderte sich.
Da wiegten sich Palmenwedel im Wind. Dünne Blätter an den Hecken zitterten. Große Kakteen standen in Töpfen und breiteten ihre stacheligen Arme aus. Und überall glitzerte das Wasser in den Pools.
Es war so warm, daß die Bewohner, wenn sie frei hatten, am Pool liegen konnten, und dies genossen sie auch ausgiebig.
Ich ertappte mich bei dem Gedanken, auch Carlita Moreno am Pool liegen zu sehen. So wie sie auf dem Bild ausgesehen hatte, schien sie die fleischgewordene Sünde zu sein.
Je höher wir kamen, um so schmaler wurde die Straße, weil hier nur noch wenige Häuser standen. Und das der Carlita Moreno war das letzte auf dem Felsen.
Dort endete auch die Straße. Hinter dem Tor begann das Grundstück.
Das Tor blieb geschlossen, und Sahnas mußte aussteigen, um sich anzumelden. Als sich das Tor öffnete, hörte ich aus dem Garten leise Musik und das Plätschern von Wasser. Unsere Freundin schien sich in ihrem Pool zu amüsieren. Sollte sie, es war mir egal.
Trotzdem hatte sie das Signal gehört, mit dem sich Sahnas vom Tor gemeldet hatte.
Salmas stieg ein und startete wieder. Wir rollten über das Grundstück und damit auch durch einen terrassenförmig angelegten Garten, der vom Duft der Blumen und Blüten durchweht wurde. Der Kollege parkte den Seat vor dem Tor einer Doppelgarage.
Wir stiegen aus.
»Gespannt?« fragte mich der Spanier.
»Und neugierig«, gab ich zu.
»Das dürfen Sie auch.«
Nebeneinander gingen wir den Weg entlang auf das Haus zu. Wir mußten noch eine Treppe aus Naturstein überwinden, da sahen wir bereits Carlita Moreno. Sie winkte uns zu.
Sie war aus dem Wasser geklettert und frottierte noch ihr Haar. Dabei saß sie auf der gelbweiß gestreiften Unterlage einer Liege. Auf einem Tisch lag ein Handy. Etwas zu knabbern stand ebenfalls bereit, war aber durch eine dünne Plastikfolie abgedeckt worden, damit kein Ungeziefer an das Gebäck und die in einer Soße liegenden schwarzen Oliven herankam.
Carlita Moreno trug einen weißen Bademantel. Sie hatte ihn nicht geschlossen. Ein knallgelber und mehr als knapp
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