Köpfe für Carlita
zwischen Ihnen beiden geben.«
»Da bin ich aber gespannt.« Sie schaute mich direkt an, und wieder war der Blick eine einzige Verlockung. Wahrscheinlich konnte sie nicht anders schauen. Jedenfalls bildete ich mir darauf nichts ein.
»Diese Frau ist nicht namenlos. Sie heißt Carlita…«
Das Lachen unterbrach mich. »Doch nicht etwa Moreno?«
»Nein, sondern de los Arrancha.«
»Aha.« Sie schwang die Beine von der Liege und blieb jetzt seitlich sitzen. »Wissen Sie eigentlich, wie oft der Name Carlita hier in Spanien vorkommt?«
»Bestimmt nicht nur einmal.«
»Eben.« Carlita Moreno stand auf und streifte ihren Bademantel ab. »Sie entschuldigen mich«, sagte sie, »aber jetzt brauche ich eine kurze Abkühlung.« Sie zeigte uns ihren Rücken und ›swingte‹ mit dem entsprechenden Hüftschwung vor uns her. Ihr Ziel war die Schmalseite des Pools, wo eine Treppe mit Leiter in das Wasser hineinführte.
Wir schauten ihr dabei zu, wie sie sich abkühlte, sich dann nach vorn warf und in das blaugrüne Wasser eintauchte, wobei sie sich unter der Oberfläche hielt und ihre Bahn zog.
»Was sagen Sie dazu, John?« fragte mich der Kollege.
Ich schaute in mein Glas, das noch halbvoll war. Nach wie vor fühlte ich mich wie vorgeführt. Ich hatte den Eindruck, um den heißen Brei herumgeredet zu haben. Und ich war nach wie vor davon überzeugt, daß Carlita mehr wußte, als sie zugegeben hatte. Wir befanden uns auf der richtigen Straße. Um sie aber weitergehen zu können, mußten wir erst das Tor aufstoßen, und dazu fehlte uns leider der entsprechende Schlüssel. Auch Sahnas war mir keine große Hilfe gewesen. Er hatte sich abwartend verhalten und mich machen lassen. Das stieß mir etwas sauer auf, und deshalb wollte ich ihm nicht die ganze Wahrheit sagen.
»Ich weiß nicht genau, was ich Ihnen sagen soll, aber der Frust sitzt schon etwas tiefer als gewöhnlich, wenn ich ehrlich bin.«
»Was haben Sie erwartet?«
»Zumindest einen kleinen Hinweis.«
Sahnas hob die Schultern. »Es ist ja meine persönliche Idee gewesen, die ich nicht mit den Kollegen absprach. Aber welchen Eindruck haben Sie von Carlita Moreno?«
Ich schaute zum Pool hin, wo sie als Brustschwimmerin ihre Bahnen zog. Ich hatte das Lächeln auf ihren Lippen gesehen. Es war das Lächeln einer Person, die mehr wußte, es aber nicht zugeben wollte.
»Sie ist eine attraktive Person, die einem Mann schnell den Kopf verdrehen kann, was sie auch wohl vorhat. Man muß sich bei einer Begegnung wirklich zusammenreißen, um streng dienstlich zu bleiben.«
Sahnas nickte. »Ja, das merke ich auch.« Dann streckte er die Beine aus. »Können Sie sich diese Frau als achtfache Mörderin vorstellen, John?«
Ich lächelte kantig. »Erwarten Sie darauf wirklich eine Antwort?«
»Sonst hätte ich nicht gefragt.«
»Ja, jeder kann es sein. Ich habe gelernt, mich von Äußerlichkeiten nicht blenden oder beeinflussen zu lassen. Reicht Ihnen das als Antwort, Kollege?«
»Das schon.« Er nickte. »Aber wenn das so ist, wie wollen Sie diese Person überführen?«
Ich hob die Schultern.
»Freiwillig wird sie nichts zugeben.«
»Das denke ich auch.«
»Dann war unser Besuch umsonst.«
Ich schüttelte den Kopf. »Himmel, Antonio, weshalb sind Sie so pessimistisch? Sie sind es doch gewesen, der mir den Weg zu ihr gezeigt hat. Sie haben mich extra aus London kommen lassen, aber bisher bewegen wir uns nur im Kreis. Ich gehe weiterhin davon aus, daß es eine Verbindung zwischen Carlita Moreno und der Person auf dem Bild gibt. Da treffen sich dann die Vergangenheit und die Gegenwart.«
»Das ist mir zu allgemein.«
Da Carlita weiterhin ihre Bahnen zog, konnte ich reden. »Diese Verbindung kann sich auf vielfältige Weise darstellen. Eine davon ist nicht auszuschließen.«
»Welche?«
»Reinkarnation.«
Sahnas pfiff durch die Zähne. »Wiedergeburt? Denken Sie daran, daß diese Carlita de los Arrancha eine Ahnherrin von Carlita gewesen ist?«
»Ja, das schließe ich mittlerweile nicht aus.«
Er senkte den Kopf, hob ihn wieder an und schielte mich an.
»Interessant, wirklich interessant. Wir sollten sie fragen, wenn sie aus dem Pool gestiegen ist. Vielleicht finden wir doch eine Spur. Zu wünschen wäre es.«
Ich schaute zum Becken hin. Carlita gefiel es dort. Sie lag jetzt auf dem Rücken, durchschwamm das Wasser mit ruhigen Armbewegungen und lächelte des öfteren in unsere Richtung. Allerdings kam mir dieser Gruß falsch vor. Als hätte Carlita uns gehört,
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