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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ich.
    Ihr Lächeln verhärtete sich, der Blick ihrer blauen Augen wurde eindringlicher.
    »Ist das ein neues Gesetz, das Sie sich für diesen Anlaß ausgedacht haben?« fragte ich und bemühte mich, einen abgebrühten und schlauen Eindruck zu machen.
    »Keineswegs«, sagte sie in einer Art, als würden Klauen zum Todesgriff ausholen. »Halten Sie vom MB Task-Felder oder von den Logologisten – von meinen Leuten –, was Sie wollen, aber wir mißachten niemals die Regeln. Befragen Sie Ihren Auto-Berater über Höflichkeitsgespräche und offizielle Ratsversammlung. Dies hier ist ein Höflichkeitsgespräch, Mickey, und als solches habe ich es protokolliert.«
    Mein Auto-Berater fand die entsprechenden Ratsregeln bezüglich Höflichkeitsgespräche sowie die spezielle, dreißig Jahre zuvor vom Rat erlassene Regel, nach der der Rat berechtigt ist, alles zu hören, was der Präsident hört, und zwar als Aussage unter Eid. Ein seltsames und engstirniges Gesetz, das so selten angewandt wurde, daß ich noch nie davon gehört hatte. Bis jetzt.
    »Ich beende diese Unterhaltung«, sagte ich und stand auf.
    »Sagen Sie Thomas Sandoval-Rice, daß Sie und er bei der nächsten Vollversammlung des Rates anwesend sein sollten. Nach den Ratsbestimmungen haben Sie keine andere Wahl, Mickey.«
    Sie lächelte nicht. Ich verließ das Büro, schritt schnell durch den Gang und vermied es, irgend jemanden anzusehen, vor allem nicht die jungen Frauen, die immer noch Akten bewegten.

»SIE HAT DEN HASEN in die Falle gelockt«, sagte Thomas, während er mir ein Bier eingoß.
    Er war den ganzen Abend über sehr still gewesen, seit ich mich an seiner Tür angekündigt hatte und mein peinvolles Geständnis über meine große Blödheit ablegte. Seine schweigende Enttäuschung war viel schlimmer für mich, als wenn er getobt und mich beschimpft hätte. »Geben Sie sich nicht selbst die ganze Schuld, Micko.« Er wirkte irgendwie geschrumpft, in sich selbst zurückgezogen, wie eine Wasseranemone, die von einer unvorsichtigen Hand berührt worden war. »Ich hätte ahnen müssen, daß sie so etwas versuchen würden.«
    »Ich komme mir wie ein Idiot vor.«
    »Das sagen Sie jetzt schon zum dritten Mal innerhalb von zehn Minuten«, sagte Thomas. »Sie haben sich wie ein Idiot verhalten, sicher, aber lassen Sie sich davon doch nicht so niedermachen.«
    Ich schüttelte den Kopf; ich war bereits so niedergemacht, wie es nur ging.
    Thomas hob sein Bierglas, betrachtete die großen Blasen und fuhr fort: »Wenn wir nicht aussagen, geraten wir in noch viel größere Schwierigkeiten. Es würde so aussehen, als mißachteten wir die Wünsche unserer MB-Kollegen, als wären wir zu Abtrünnigen geworden. Wenn wir aussagen, wird es so hingestellt werden, als hätten wir die geheiligte Regel der MBs gebrochen, geschäftliche Dinge und Forschungsangelegenheiten vertraulich zu behandeln… und das wird uns als Schwächlinge und Narren hinstellen. Sie hatte uns in einen tiefen Mondgraben gestoßen, Mickey. Wenn Sie sich geweigert hätten, ihrer Aufforderung zu folgen, und Familienbelange vorgeschoben hätten, dann hätte sie etwas anderes versucht…
    Jetzt wissen wir wenigstens, was uns bevorsteht. Isolation, Anschuldigungen, wahrscheinlich die Annullierung von Verträgen, vielleicht sogar ein Boykott unserer Dienstleistungen. So etwas hat es noch nie gegeben, Micko. Wir werden diese Woche in die Geschichte eingehen, daran besteht kein Zweifel.«
    »Kann ich irgend etwas tun?«
    Thomas trank sein Glas leer und wischte sich über die Lippen. »Noch eins?« fragte er und machte eine Handbewegung in Richtung Faß. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich auch nicht. Wir brauchen klare Köpfe, Micko, und wir müssen eine Vollversammlung der Familie einberufen. Wir müssen in unseren Reihen eine innere Solidarität aufbauen; das übertrifft bei weitem den Rahmen, in dem der Direktor und das gesamte Syndikat allein handeln können.«
    Ich flog von Port Yin zurück, den Kopf von Schmach umwölkt. Irgendwie kam es mir so vor, als wäre ich für den ganzen Schlamassel verantwortlich. Thomas sprach zwar nichts dergleichen aus, diesmal jedenfalls nicht, aber er hatte es zuvor angedeutet. Halb hoffte ich, daß das Shuttle abstürzen und die Regolithschicht entlangschmieren würde; daß der Pilot überleben würde, ich aber nicht. Dann wurde die Selbstqual allmählich abgelöst von grimmiger und entschlossener Wut. Ich war von den Experten durch die Mühle gedreht worden; benutzt von

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