Körper-Haft (German Edition)
entspannte mich und meinen Körper.
Erschöpft, aber dennoch entspannt und zufrieden, kehrte ich aus meinen »Träumereien« – oder war es doch mehr gewesen? – zurück. Ich merkte, wie ich etwas von der Ruhe und dem Frieden mitgenommen hatte. So wie ich es auch immer getan hatte, wenn ich dort durchs Land reiste und mich unter die Einheimischen mischte.
Es war schön dort gewesen. Schön und furchtbar heiß. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, dass ich beim Fotografieren aufpassen musste, dass mir die dicken Schweißtropfen nicht auf die Kamera fielen. Manchmal hatte ich die Elektronik der Kamera einfach auf Not-Aus geschaltet, weil sie zu heiß wurde. Dann musste ich die Bilder, die ich machen wollte, in meinem Gedächtnis einbrennen oder warten, bis die Kamera wieder cool genug war, um aufnahmefähig zu sein. Ich lächelte zufrieden in mich hinein. Es war nicht nur die schöne Erinnerung, die mich glücklich machte, sondern auch die Gewissheit ein weiteres Kehrwasser gefunden zu haben. Ein weiterer Ort, an den ich mich zurückziehen konnte.
Obi Wan
Zufrieden mit mir und der Welt schlief ich ein. Irgendwann fand ich mich in einem Traum wieder. Ich flog – irrsinnigerweise in Brustschwimmbewegungen – durch einen wunderschönen, blauen Himmel. Unter mir eine saftig grüne Wiese, die sich bis zum Horizont erstreckte. Das harmonische Bild wurde nur von einem hässlichen braunen Rechteck durchbrochen, das in einiger Entfernung mitten in dem gleichmäßigen Grün lag. Und was das für ein Grün war! Saftige und satte Wiesen. Wäre ich im Traum eine Kuh gewesen, dann hätte ich mich sicherlich am eigenen Speichel verschluckt. So aber blieb mir diese Erfahrung verwehrt, doch mein ästhetisches Empfingen störte sich so sehr an diesem braunen rechteckigen Schandfleck, dass ich mit einigen schnellen Schwimmbewegungen aus dem Himmel hinabtauchte, um zu sehen, was es mit dem hässlichen Fleck auf sich hatte.
Bei näherer Betrachtung handelte es sich um eine Art … Behausung … die unterhalb der Erdoberfläche lag. Genauer gesagt, es war ein rechteckiges Loch mit einem Sarg darin. Landläufig auch Grab genannt. Ungewöhnlich war zum einen, dass das Loch exakt rechtwinklig war, zum anderen gab es keinerlei Erdaushub rund um das Grab herum. Sogar das Gras stand am Rande des Loches ebenso hoch wie auf der restlichen Wiese. Es sah aus, als hätte jemand oder etwas einfach ein rechteckiges Stück aus der saftig grünen Wiese herausgebissen. Unwillkürlich schaute ich mich nach einer überdimensional großen Kuh mit rechteckigem Kiefer um. »Holy Cow«, dachte ich. Aber da war nichts!
Also schaute ich wieder in dieses hässliche, rechteckige braune Loch, das in der schönen Rasenfläche wie eine Narbe aussah. Unten im schweren feuchten Lehm lag der Sarg – »Sarg«, was für ein furchtbares Wort! Aus werblicher Sicht ein absolutes Desaster! So etwas würde man mit einer solchen Bezeichnung doch nie im Leben freiwillig kaufen! Gäbe es nicht die finale Notwendigkeit für diese Art der Schreinerkunst, wäre sie längst sang- und klanglos untergegangen. Oder man hätte einen Werbefuzzi mit der Aufgabe betraut, ein eleganteres Wort oder Wortgeflecht zu kreieren. Vermutlich wäre dabei so etwas wie subterranes Liegemöbel oder die ultimativ-finale Einzimmerwohnung herausgekommen.
Ich schaute also nach unten, in das lehmige Loch, und sah zu meinem Erstaunen mich selbst in dem subterranen Liegemöbel Probe liegen. Die Arme über der Brust gekreuzt, wie man das aus unzähligen Vampirfilmen kennt. Der Deckel lag daneben und an der unteren Seite des Loches lehnte die Schaufel an der senkrechten, lehmigen Wand.
Plötzlich hatte sich meine eigene Position geändert. Statt eines braunen, rechteckigen Lochs sah ich plötzlich einen kleinen, rechteckigen Flecken Himmel, der von braunem Lehm umrahmt war.
Verdammt, das war wieder dieser verdammte Traum, in dem ich mir mein eigenes Grab geschaufelt hatte! Und ich dachte, ich hätte mich von diesem Selbstmitleids-Blues befreit.
Doch dieses Mal stand ich nicht in diesem Loch, sondern lag bereits in einem subterranen Liegemöbel! Mein Unbehagen steigerte sich noch, als oben am Fußende eine schlanke Gestalt mit dunklem Umhang und Kapuze auftauchte, sich hinsetzte und die Beine in mein Grab baumeln ließ. Ein paar Erdkrumen fielen an der Stelle herunter, an der er saß.
Im Gegenlicht konnte ich weder sein Gesicht noch seine Hände erkennen. Ich sah lediglich ein Gänseblümchen,
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