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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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dass er sich darüber ärgert. Richtig gut gemachte Bühnenbilder können sogar ablenken, mal ganz davon abgesehen, dass sie furchtbar teuer sind. Aber die richtige Musik gibt dem Ganzen so viel Emotion mit auf den Weg, dass sie sogar einen Patzer in der Vorführung ausbügeln kann. Ich dachte zuerst an irgendwelche Popmusik aus den Charts. Aber Sunny war da ganz anderer Meinung. Er kramte aus der Sammlung seiner Eltern Soundtracks von Filmen heraus.
    »Klassik? Wer will denn schon Klassik hören?«, fragte ich.
    »Klassik, moderne Klassik, hörst Du bei jedem Kinofilm, Du achtest nur nicht darauf, weil die Musik den Film so spannend macht. Pass auf, ich spiel’ dir was vor, und wenn Du danach nicht hin und weg bist, können wir uns immer noch was anderes überlegen.« Er legte die Titelthemen von Krieg der Sterne, Fluch der Karibik und Indiana Jones auf. Er warf mir Namen wie Hans Zimmer, Jerry Goldsmith, Bruno Coulais, Henry Manchini und viele andere um die Ohren. Und das alles mit seinen zarten zehn Jahren!
    Aber als mir diese Film-Hymnen einfach ohne Vorwarnung zuerst ins Ohr und dann unter die Haut krochen, war ich überzeugt. Wir versuchten für die circa einstündige Show einen Soundtrack zu gestalten, der zu den Darbietungen passte. Wir erstellten zu jeder Szene eine Playlist. Und dann kam mir die grandiose Idee.
    »He, Sunny, was hältst Du davon, wenn wir bekannte Filmszenen einfach gemeinsam mit dem passenden Soundtrack aufnehmen und ins Programm nehmen?« Ich konnte sehen, dass ich ihn neugierig gemacht hatte, er sich das Ganze aber noch nicht richtig vorstellten konnte.
    »Hm? Und wie stellst Du Dir das vor?«
    »Also pass auf, Du machst doch diese Nummer, wo du auf dem hohen Einrad mit den Keulen jonglierst?«
    »Ja klar, aber das ist doch eine der Standardnummern!«
    »Genau!«, sagte ich. »Aber wenn wir jetzt aus Standard ’ne megageile Nummer machen, wäre das doch nicht schlecht oder?«
    »Klar, aber wie?«
    Endlich konnte mir Sunny mal nicht folgen und ich war voll in Fahrt: »Stell Dir vor, bei der ersten Nummer ist die Bühne ganz schwarz und die Musik von Krieg der Sterne fängt an. Dä-dä-de-de-dä-dä, de-de und ein über zwei Meter großer Darth Vader gleitet über die Bühne, zieht sein leuchtendes Spielzeug-Lichtschwert und fuchtelt damit herum. Der lange schwarze Umhang verdeckt dein Einrad. Dann kramt er ein weiteres Lichtschwert heraus und fuchtelt mit beiden Schwertern herum. Dann fängst Du damit an, die beiden Lichtschwerter zu jonglieren. Dann komme ich als Luke Skywalker auf die Bühne, ziehe auch mein Lichtschwert und wir kämpfen miteinander.
    Während des Kampfes schlägst Du mir das Lichtschwert aus der Hand, und es wirbelt hoch. Du fängst es auf und jonglierst jetzt alle drei Lichtschwerter und fährst dabei wie wild auf der Bühne herum und verfolgst mich. Dann verstecke ich mich und schleiche mich an Darth Vader heran und hebe den Umhang, sodass jeder sehen kann, dass ein Einrad unter dem langen, schwarzen Umhang ist.
    Wenn alle lachen, lässt Du mein Lichtschwert vor Schreck wieder fallen. Ich hebe es auf und ersteche damit Darth Vader . Dann lässt Du Dein Einrad nach hinten wegrutschen und Darth Vader fällt wie Obi Wan in sich zusammen. Nur der Umhang bleibt liegen und ich stampfe darauf herum. Dann kriechst Du unter dem hinteren Teil des Umhanges hervor und reckst die Hand nach oben und sagst: Ich bin Dein Vater!
    Wenn dann nicht alles lacht, weiß ich auch nicht!«
    Sunny hatte mich die ganze Zeit nicht unterbrochen und saß mit offenem Mund auf dem Boden. Dann zogen sich seine Mundwinkel in Richtung seiner Ohrläppchen und er grinste mich an: »Super-mega-geil! Ist dir das alles gerade eben eingefallen?«
    »Äh, ja«, antwortete ich etwas irritiert.
    »Das ist ja echt der Hammer! Und wie bist Du darauf gekommen?«
    »Hm, keine Ahnung, ich hab die Musik gehört und an Deine Tricks gedacht und plötzlich hab ich dieses Bild im Kopf gehabt und ich musste bloß noch erzählen, was ich sah – mehr nicht«, sagte ich schulterzuckend.
    »Und was fällt Dir dazu ein?« Er startete das Titelthema von Fluch der Karibik und von einem Moment zum anderen sah ich wie aus Sunny, Captain Jack Sparrow wurde, der vor einer Schatzkiste kniete und Münzen über die Finger seiner Hand rollen ließ …
    Sunny hatte einen Weg gefunden, wie er meine Kreativität einfach anknipsen konnte wie einen Lichtschalter, und zog mir so eine Idee nach der anderen aus dem Hirn. Er schrieb sofort

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