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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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kommen. Er packte das obere Ende des Tors, das ihm bis knapp zum Kinn reichte, stieß sich ab, schwang sich in den Stütz. Zog das rechte Bein nach, kam in den Sitz, kletterte vollends darüber und sprang auf der anderen Seite hinab.
    Und weiter. Nicht nachdenken. Einfach dem Plan folgen. Denken konnte er, wenn alles vorbei war.
    Die Tasche mit dem Werkzeug hochheben, über die Schulter hängen, losmarschieren. Auf den Haupteingang zu, dieses klobige Ding aus Stahl und Glas, das da aus dem verwitterten Wellblechgebäude ragte wie der Kopf einer Schildkröte.
    Er holte tief Luft, ohne langsamer zu werden. Das Feld war jetzt überdeutlich zu spüren.
    Fünf Schritte vor der Tür aktivierte er seinen Chip.
    Er kam ins Stolpern, als mit einem Schlag all diese Gedanken wieder da waren, die ganze ungeheure geistige Macht der Kohärenz gegen ihn anbrandete. Tausende von Stimmen, die er hörte, Tausende von Impulsen, die ihn durchzuckten, Tausende von Augen, die sich anboten, die Welt durch sie zu sehen, überall zugleich, alles auf einmal …
    Aber nein. Das durfte er nicht. Er würde nur durch seine eigenen Augen sehen, nur die beiden Hälften der dicken Panzerglastür, die sich vor ihm öffneten.
    Weiter! Er setzte einen Fuß vor den anderen, während die Umgebung um ihn herum verschwamm, die Konturen sich auflösten, die Dinge aufhörten, Namen zu haben. Schritte, einfach geradeaus, führten ihn durch die Tür. Sein Kopf schwoll an, auf doppelte Größe, weil so viel auf ihn einströmte, Platz brauchte in seinem Schädel …
    Was wollte er eigentlich? Er hatte irgendetwas vorgehabt, so viel wusste er noch. Wenn nur nicht all die Stimmen so durcheinandergeredet hätten! Auf jeden Fall durch die Innentür, die sich gerade so einladend öffnete. Klar, warum nicht?
    Und da war noch etwas gewesen, etwas Wichtiges, etwas, das er auf keinen Fall hatte vergessen wollen.
    Wenn er sich nur hätte daran erinnern können, was!
    Die Innentür schloss sich hinter ihm. Er drehte sich um, sah ratlos hinaus, sah das Tor … Das hatte er überklettert, ja.
    Ach so. Genau. Der Chip. Den sollte er besser wieder abschalten.
    Okay.
    Im nächsten Augenblick beugte sich Christopher keuchend vornüber, stützte die Hände auf die Knie. Die Tasche rutschte ihm von der Schulter, rasselte auf den Boden – egal.
    Das war knapp gewesen.
    Was für einen Sog das Feld inzwischen hatte! Wie lange hatte er den Chip aktiviert gehabt? Fünf Sekunden? Zehn?
    Dabei hatte er die Deckung nicht einmal verlassen. War hinter der Barriere geblieben. Und trotzdem …
    Er richtete sich auf, versuchte, tiefer zu atmen, langsamer. Es war sinnlos zu zögern. Jetzt, da er hier war, gab es keine Alternative dazu, seinen Plan durchzuziehen.
    Immerhin war er nun gewarnt.
    Er warf einen flüchtigen Blick auf die Tür zur Sicherheitszentrale. Eingelassenes Sicherheits-Drahtglas, dahinter ein Kontrollpult, ein Sessel für einen Wachhabenden, zwei Dutzend Monitore, die die Bilder der Überwachungskameras zeigten.
    Uninteressant. Ab hier würde die Sache anders laufen, als sie es in dem Wäldchen geübt hatten.
    Ganz anders.
    Christopher nahm die Umhängetasche ab und ließ sie auf den Boden sinken. Das Werkzeug darin klapperte leise, fast, als sei es enttäuscht darüber, nun doch nicht benötigt zu werden.
    Er hakte die Stablampe vom Gürtel, schaltete sie ein. Der Lichtstrahl fraß sich ins Halbdunkel, das dem schwach ausgeleuchteten Eingangsbereich folgte, glitt über eine dunkelblau lackierte Stahltür mit der Aufschrift Produktion/Zugang.
    Ohne einen weiteren Blick für die Sicherheitszentrale ging Christopher zu dieser Tür, drückte die Klinke. Die Tür ließ sich aufziehen, gegen den Widerstand eines Schließmechanismus. Die Scharniere quietschten leise.
    Dahinter: ein Umkleideraum. Abfallkörbe, in denen gebrauchte Mundschutze und Kopfhauben lagen. Weiße Overalls an Kleiderhaken. Schachteln mit Latexhandschuhen. Ein langes Waschbecken mit einem halben Dutzend Wasserhähnen. Und am anderen Ende eine weitere Tür, auf der ein Schild verkündete: Zugang zum Reinraum nur in Schutzkleidung!
    Christopher durchquerte den Raum und öffnete die Tür, ohne sich um die Warnung zu kümmern. Sein Herz pochte heftig. Jedes Geräusch – das Quietschen seiner Schuhsohlen auf dem gefliesten Boden, das Rascheln seiner Kleidung, sein eigener Atem – klang überlaut in seinen Ohren.
    Der Raum dahinter, die eigentliche Fabrikationshalle, lag im Dunkeln. Christopher tastete nach einem

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