Kohärenz 01 - Black*Out
Augen hervortreten.
Wieder nur Rauschen. Christopher krümmte sich leicht, versuchte, niemanden merken zu lassen, dass ihn ein brettharter Krampf im Bauch schier zerriss.
Die beiden Männer vorne merkten auch nichts. Nur George warf ihm einen wissenden, abschätzigen Blick zu, schwieg aber.
Wieder ein Knacken im Äther. »Cäsar hier.« Die Stimme von Dr. Lundkvist. »Wir sind in Position.«
»Alpha hat verstanden«, gab Jones zurück.
Das Medomobil hielt sich abseits, parkte in der Parkbucht einer Bushaltestelle, an der um diese Uhrzeit kein Bus mehr halten würde.
Dann begann das Warten auf den Wagen vom Sicherheitsdienst.
»Die werden doch nicht den Ablauf geändert haben«, murmelte Rus um zehn vor zwei ungeduldig.
Alle Blicke waren auf die Ziffern der Digitaluhr im Armaturenbrett gerichtet. Es wurde zwei. Zehn nach zwei. Viertel nach zwei.
»Auf jeden Fall sind sie später dran als sonst«, meinte Jones leise.
Da kam der Wagen, schoss regelrecht heran, hielt mit quietschenden Reifen vor dem Tor. Also hatten sie sich verspätet. Die Beifahrertür wurde aufgestoßen, ein breitschultriger Mann in Uniform stieg halb aus, wartete aber noch, bis sein Kollege Meldung gemacht hatte. Sie wechselten ein paar Worte, dann nickte der Muskelprotz und wuchtete sich vollends aus dem Auto.
Er schloss das Tor auf. Man hörte das Klappern seines Schlüssels durch die Nacht. Unwillkürlich drückten sie sich alle tiefer in die Sitze, hielten sich in dem Schatten, den die Parkplatzbeleuchtung warf.
Der Sicherheitsmann marschierte über den Parkplatz zum Haupteingang und tippte, ohne sich um das Gebäude zu kümmern, seinen Code ein. Dann hastete er um die Ecke, kehrte gleich darauf zurück.
»Sie wollen die Verspätung aufholen«, flüsterte Rus kehlig.
Das Tor wurde zugeschoben, verschlossen. Der Wachmann stieg wieder ein, und der Wagen fuhr sofort weiter.
»Alpha hier«, gab Jones durch. »Besuch gegangen.«
Der Plan sah vor, nach dem Kontrollgang noch eine halbe Stunde zu warten, um sicherzugehen, dass die Leute vom Wachdienst im Falle eines Alarms weit genug entfernt waren.
Das war von allen halben Stunden, die Christopher heute schon gewartet hatte, die schwerste. Die, die nicht und nicht vergehen wollte.
»Also«, sagte er mit trockenem Mund, als es endlich so weit war. »Ich geh dann mal los.« Er nahm die Umhängetasche mit dem Werkzeug und öffnete die Tür.
Sein letzter Blick galt der Uhr. Sie zeigte 2:51.
78 | Serenity schreckte hoch. Das Telefon! Hatte es geklingelt?
Heftig atmend saß sie aufrecht im Dunkeln, lauschte. Die dunkelgrünen Ziffern des Radioweckers im Regal zeigten 2:51.
Nichts. Stille.
Sie musste das Klingeln geträumt haben.
Aber so ein Geräusch träumte man doch nicht!
Von der anderen Luftmatratze her hörte sie Madonna gleichmäßig atmen. Schlief sie einfach fester, oder hatte es tatsächlich nicht geklingelt?
Es ließ ihr keine Ruhe. So leise wie möglich schälte sich Serenity aus ihrem Schlafsack. Die Luftmatratze quietschte und knirschte grässlich laut, als sie aufstand, aber auch das schien Madonna nicht zu hören.
Serenity tastete sich bis zur Tür, schlüpfte hinaus in den Flur. Über dem Telefon brannte ein Nachtlicht, ein winziges gelbes Clownsgesicht.
Sie hob den Hörer ab. Der normale Bereitschaftston.
Und das Display des Anrufbeantworters zeigte eine rot glimmende Null.
Was war bloß los? Wieso stand sie hier in der Dunkelheit, mit nackten Füßen und wild pochendem Herzen? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie so unmöglich ins Bett zurückkonnte; sie würde so oder so keinen Schlaf finden.
Sie starrte das grinsende gelbe Gesicht auf dem Nachtlicht an und überdachte, was sie von Christophers Plan verstanden hatte.
Pläne konnten schiefgehen. Pläne gingen meistens irgendwie schief.
Auf einmal wurde ihr klar, dass sie Angst hatte, Christopher nie wiederzusehen.
79 | Christopher setzte sich in Bewegung. Die Luft war überraschend kühl, roch nach Staub, Benzin und kaltem, ranzigem Fett … und er schwitzte, trotz allem.
Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Nur nicht stehen bleiben. Jetzt musste alles, was geschehen musste, in einer einzigen, fließenden, ununterbrochenen Bewegung geschehen.
Er erreichte das Tor, nahm seine Umhängetasche von der Schulter, schob sie durch das Gitter nach innen. Ein kurzer Blick die Straße entlang, aber nur, weil er es nicht lassen konnte; die anderen passten auf und würden ihn warnen, sollte jemand
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