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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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»Schwesterherz, du könntest mal nachsehen, ob du nicht eine Soße oder so was findest.«
    »Was glaubst du, wonach ich vorhin gesucht habe?«, versetzte Serenity.
    »Nach Geschirr, hatte ich den Eindruck.« Kyle grinste.
    »Sehr witzig.« Serenity streckte ihrem Bruder die Zunge heraus. »Ich glaube, die Leute hier haben ihre Milliarde in Geschirr angelegt.«
    »Hast du hier schon nachgeschaut?« Kyle öffnete die Fächer über dem Herd. Gleich im ersten standen lauter Gläser mit Tomatensoßen, Knoblauchsoßen, Pesto, Salsa und so weiter. »Sieht doch gut aus.«
    Serenity grummelte etwas vor sich hin und begann, in dem Schrank herumzusuchen. »Hat jemand was gegen Barbecuesoße?«
    »Ich nicht«, erwiderte Kyle und schob Christopher das Backblech hin. »Hier. Du könntest dich nebenbei um die Pommes kümmern.«
    »Okay.« Christopher studierte die auf der Packung aufgedruckte Anleitung, riss sie dann auf und verteilte die kalten, sich teigig anfühlenden Fritten auf dem Blech.
    »Also, deine Mutter bekam einen neuen Vertrag«, resümierte Kyle. Er testete mit einem angefeuchteten Finger, ob der Grill schon heiß war. »Und weiter?«
    »Diese Haftungsbeteiligung ist damals damit begründet worden, dass es in anderen Berufen genauso gehandhabt wird. Eine Kassiererin im Supermarkt muss auch mit ihrem eigenen Geld haften. Wenn abends etwas in der Kasse fehlt, wird es ihr abgezogen.« Christopher öffnete den Backofen, aus dem ihm Gluthitze entgegenschlug, und schob das Blech hinein. »Der springende Punkt ist aber, dass es hier um ganz andere Beträge geht. Wer in der Investmentabteilung bleiben wollte, musste Haftung für einen bestimmten Mindestbetrag stellen können – und so viel Geld hatten meine Eltern nicht.«
    »Sie hätte also ihren Job aufgeben müssen.« Kyle rührte das Gemüse um, dann warf er die Putenschnitzel auf den Grill. Der köstliche Geruch nach gebratenem Fleisch begann, sich in der Küche auszubreiten.
    »Genau«, sagte Christopher. Er hockte vor dem Ofen und behielt die Pommes im Auge, die rasch braun wurden. »Deswegen hat sie meine Großeltern gebeten, für sie zu bürgen. Die haben alles verpfändet – das Haus, das mit seinem großen Grundstück in der Innenstadt Frankfurts einiges wert war, aber auch ihre Lebensversicherungen, einfach alles. Das hat gerade gereicht.«
    Serenity begann, den Tisch zu decken. »Stell ich mir ziemlich stressig vor – jeden Tag ins Büro zu gehen und mit der Familienvilla Roulette zu spielen.«
    »Investmentbanker nennen das Arbeit, hab ich mir sagen lassen«, meinte Kyle und hob den Deckel des Grills. Die Schnitzel sahen schon ziemlich gut aus.
    »Das war meinen Großeltern, glaube ich, nicht klar. Wie gesagt, der ganze Rest der Familie verstand im Grunde nicht viel von Geld.« Christopher sah sich nach einem Topfhandschuh um. Es wurde allmählich Zeit, die Pommes aus dem Ofen zu holen. »Außerdem war meine Mutter ziemlich gut in ihrem Job. Eher zu vorsichtig, als dass sie etwas Unüberlegtes riskiert hätte. Und es ist auch mit den neuen Regeln jahrelang gut gegangen.«
    Er fand keinen Handschuh. Also musste es ein Handtuch tun, mehrfach zusammengelegt. Er stellte eine Schüssel bereit, dann öffnete er den Backofen und manövrierte das heiße Backblech heraus. »Es war eigentlich nicht mal ihre Schuld. Ihr ist einfach ein Fehler unterlaufen. In der Bank hatten sie gerade eine neue Version ihres Programms bekommen, und aus irgendeinem Grund war die gesamte Oberfläche geändert worden. Man musste die Parameter anders einstellen, die Tastaturbefehle und die Shortcuts waren geändert, und so weiter – die Programmierer hatten alles so gemacht, wie man es nicht machen sollte. Aua!«
    Nun hatte er sich doch noch die Finger verbrannt. Er knallte das Backblech auf den Herd, schloss die Ofentür, drehte den Wasserhahn auf und hielt die verbrannte Stelle in den Strahl.
    »Jedenfalls, meine Mutter hatte versehentlich eine falsche Order platziert. Eine Kaufanweisung zu völlig überhöhten Preisen, die um Mitternacht wirksam werden und die Bank schwer belasten würde«, schloss er und blies auf seine Finger. Dann drehte er das Wasser ab und nahm die Schüssel mit den Pommes frites.
    Als er sich damit zum Küchentisch umdrehte, stieg die Szenerie von damals wieder aus seiner Erinnerung auf, an einem ganz anderen Tisch, in einer ganz anderen Küche. Wie seine Mutter die Hände vors Gesicht schlug und losheulte. Wie ihr ganzer Körper bebte. Er hörte wieder, wie sie

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