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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Gebüsch, man sah nur hier ein Stück Zeltplane und da eine Chromleiste, die in einem schmalen Streifen Sonnenlicht blinkte … Hatten die keine Angst vor irgendwelchen Wildtieren? Bären, die sich nachts zwischen den Zelten herumtrieben oder so was?
    Gewöhnungsbedürftig.
    Ein Abstecher zu den Latrinen, so kurz wie möglich. Weit waren die ja nicht weg; leider.
    Und nun? Eine Frau kam einen Trampelpfad vom See herauf, ein Handtuch um den Nacken und eine Bürste in der Hand. Alles klar. Es gab noch einen zweiten Pfad, der wie der erste im Uferdickicht verschwand. Wahrscheinlich trafen die sich mehr oder weniger an derselben Stelle am Ufer.
    Also, los, auf in das zünftige neue Dasein als Naturbursche!
    Auf dem Weg hinunter zum Wasser sah er sich um, blieb unwillkürlich stehen. Wow. Das war schon was anderes als ein Badezimmer. Der See war riesig, lag ruhig und dunkel vor ihm, die Wasseroberfläche hier und da mit silbernem Gekräusel verziert. All das war eingebettet in Wald, so weit das Auge reichte – und das reichte weit; man sah bis zu fernen Gipfeln, auf denen sich Spuren von Schnee gehalten hatten. Wieder kamen sie ihm in den Sinn, die Geschichten von den harten Wintern in Montana. Seen wie dieser hier waren vermutlich monatelang zugefroren, und was dann?
    Christopher schob einen Ast beiseite, folgte dem Pfad ins Halbdunkel der Uferböschung und sagte sich, dass es wenig Sinn hatte, sich darüber jetzt schon den Kopf zu zerbrechen. Irgendwie musste es gehen; die Leute um Jeremiah Jones zelteten sicher nicht das erste Jahr in den Wäldern. Er würde zweifellos herausfinden, wie -
    Christopher blieb abrupt stehen. Da unten am Ufer war jemand. Eine Frau. Ein Mädchen.
    Mit nacktem Oberkörper. Er erhaschte einen Blick auf eine blasse Brust, gesprenkelt von ein paar Sommersprossen.
    Oh nein, wie peinlich! Christopher drehte sich hastig weg, trat einen Schritt zurück, hinter einen Baum. Was jetzt? Er hatte doch nicht ahnen können … Ob sie ihn bemerkt hatte? Wer war das überhaupt?
    Er riskierte noch einen Blick. Jetzt richtete sie sich auf, streifte ihr langes, widerspenstiges Haar nach hinten, saß da wie eine Fee aus dem Märchen in dem warmen, flirrenden Morgenlicht.
    Es war niemand anders als Serenity. Auch das noch!
    Christopher zuckte zurück hinter den Baum und merkte, dass er plötzlich Schwierigkeiten mit dem Atmen hatte. Sie hatte ihn doch hoffentlich, hoffentlich nicht bemerkt?
    Er schaute sicherheitshalber noch einmal nach. Sie war nach wie vor vollauf beschäftigt, all ihre Haare in einen einzigen Gummi zu zwängen. Seltsam, er war nie auf die Idee gekommen, dass sie unter den Schlabbersachen, die sie trug, so toll aussehen könnte.
    Er versuchte, kein Geräusch zu machen, als er seinen Fuß zurück auf den Pfad setzte, und er versuchte, sich auf dem Rückweg zu beeilen. Dabei entdeckte er das Schild, das – eigentlich unübersehbar – neben der Stelle in den Boden gepflockt war, an der der Trampelpfad zwischen Bäume und Büsche verschwand. »Ladys« stand darauf.
    Hatte das vorhin wirklich auch schon da gestanden?
    Gott, er war so ein Trampel. Zum Glück sah ihn gerade weit und breit niemand herauskommen. Christopher huschte hinüber zu dem anderen Pfad, vorbei an dem Schild »Gentlemen«.
    Mann, Mann – da knackte er ausgetüftelte Sicherheitssysteme, kam aber nicht auf die Idee, dass die Waschgelegenheiten für Männer und Frauen getrennt sein könnten!
    Das real life überforderte ihn manchmal einfach.
    Und irgendwie war das Leben hier draußen in der Natur ganz besonders real.
    Auf dieser Seite war jedenfalls niemand. Das Ufer war breiter als drüben, allerdings an manchen Stellen zertrampelt und aufgeweicht; man musste aufpassen, wohin man trat.
    Christopher hockte sich hin, hielt die Hand ins Wasser. Es fühlte sich weich an und nicht so kalt, wie er befürchtet hatte. Auf einem Stein mit einer Kuhle lag ein Stück Seife.
    Er zog sein Sweatshirt aus und wusch sich, unbeholfen zuerst. Trotzdem fühlte es sich nicht schlecht an. Eigentlich sogar gut. Ungewohnt. Irgendwie … urwüchsig.
    Während er sich abtrocknete, sah er hinaus auf den See und fragte sich, wie das mit dem Duschen ging. Gab es irgendwo Duschen? Oder badete man einfach im See? Vermutlich. Urwüchsig eben.
    Er ließ das Handtuch sinken, fröstelte unter einem kühlen Wind, der die Blätter ringsum zum Rascheln brachte, und da war es wieder – dieses Gefühl von Überforderung. Konnte er das wirklich, in der freien Natur

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