Kohärenz 02 - Hide*Out
erst mal eine Bleibe.« Ihm schwebte ein richtiges Bett vor. Ein Bett und eine heiße Dusche. »Dann kontaktieren wir Dads Netzwerk. Und morgen kümmern wir uns um die Zukunft der Popmusik, falls du deswegen fragst.«
Serenity sah sich um. Madonna war gerade in die Büsche verschwunden.
»Meinst du nicht, es wäre doch besser, diesen Produzenten schon mal anzurufen?«, fragte Schwesterherz mit so unschuldigem Augenaufschlag, als hätte sie sich diese Frage tatsächlich selber ausgedacht. Und sich nicht etwa von einer gewissen Freundin abends im Zelt dazu anstiften lassen.
Kyle verbarg sein Grinsen in seiner Kaffeetasse. »Ach weißt du«, meinte er, »der freut sich am Montagmorgen noch genauso. Dann kann er sich wenigstens sagen, dass seine Woche gut anfängt.«
Sieg nach Punkten.
Dachte er.
Doch dann machte Madonna Two Eagles, dieses hinterhältige Weibsstück, etwas ganz Raffiniertes: Sie nahm ihre Gitarre mit auf den Rücksitz. Angeblich, um nicht aus der Übung zu kommen. Und während sie weiterfuhren, sang sie noch ein paar ihrer Lieder. Erst dieses No Longer Lonely, das wirklich ein verdammter Ohrwurm war. Aber dabei blieb es nicht. Sie hatte noch mehr Songs auf der Pfanne und verdammt noch mal, die waren gut. Richtig, richtig gut.
Auf einmal kam es ihm doch ratsam vor, diesen Produzenten schon mal anzurufen.
Er wollte später schließlich mal erzählen können, dass er es gewesen war, der die Karriere von Madonna Two Eagles ins Rollen gebracht hatte.
Also fuhr er bei der nächsten Tankstelle raus, ging zur Telefonzelle, kramte den Zettel mit van Horns Telefonnummer aus seiner vollgestopften Brieftasche und wählte.
»Van Horn?« Eine frostige Frauenstimme, hörbar unamüsiert, dass da jemand am Sonntagvormittag anrief. War van Horn verheiratet? Kyle wusste es nicht, kam ins Stottern. Er nannte seinen Namen und wie Zack und er sich kennengelernt hatten und seltsam genug, das schien ihr nicht nur was zu sagen, es brachte auch den Frost in ihrer Stimme zum Schmelzen. »Sie wollen dann sicher meinen Mann sprechen«, meinte sie. »Einen Moment.«
Und dann hatte er wieder diese näselnde Stimme am Ohr, die immer so klang, als bräche sie jeden Moment in Gelächter aus. »Kyle Jones! Mein Lieblingssanitäter! Wie geht es Ihnen?«
Gut gehe es ihm, sagte Kyle, aber vor allem gehe es um dieses Mädchen aus dem Internet, Madonna Two Eagles. No Longer Lonely. Sage ihm bestimmt was.
Man konnte fast hören, wie sich am anderen Ende der Leitung die Ohren des Produzenten spitzten. »Kennen Sie die etwa?«
»Ich kenne sie nicht nur«, erwiderte Kyle, »ich habe sie in meinem Auto sitzen und bin auf dem Weg nach Seattle.«
Van Horn schnappte nach Luft. »Ist nicht Ihr Ernst!«
»Absolut. Ich würde sie Ihnen gern vorstellen. Wenn Sie interessiert sind, heißt das.«
Ein paar Minuten später kehrte Kyle zu seinem Wagen zurück, stieg gemächlich ein, legte umständlich den Sicherheitsgurt wieder an und ließ sich mit alldem so viel Zeit, dass es Madonna schließlich nicht mehr aushielt.
»Und?«, fragte sie atemlos. »Hast du ihn erreicht?«
»Ja«, sagte Kyle und schob den Schlüssel ins Zündschloss.
»Und was hat er gesagt?«
»Er hat gesagt«, berichtete Kyle genüsslich, »dass mich der Himmel schicke und dass wir zu ihm kommen sollen, sowie wir in Seattle sind. Nachmittags, abends, egal, er wartet auf uns. Und er bereitet uns schon mal die Gästezimmer vor.«
Sie stieß einen unglaublichen Kiekser aus, schlug die Hände vors Gesicht und kippte hintenüber. »Das ist ein Traum!«, stieß sie dann hervor. »Dass mich jetzt bloß niemand aufweckt!«
Kyle ließ grinsend den Motor an und lenkte den Wagen zurück auf die Straße, überzeugt, genau das Richtige getan zu haben.
Er ahnte nicht, wie falsch er damit lag.
73 | Vernünftig, sagte sich Christopher, wäre es gewesen, den Schaltplan noch einmal auszudrucken, neben den anderen zu legen und sich einen ganzen Tag, ach was, mindestens eine komplette Woche Zeit zu nehmen, um seinen wahnwitzigen Verdacht zu überprüfen. Ob es stimmte… ob der Kohärenz tatsächlich ein Fehler diesen Ausmaßes unterlaufen war.
Und warum sollte ihr kein Fehler unterlaufen? Er hatte schon gemerkt, dass seine Erzählungen über die Kohärenz bei vielen die Vorstellung erzeugt hatten, die Kohärenz sei eine Art Gottheit, und einer Gottheit unterliefen keine Fehler. Aber er wusste, dass das nicht stimmte. Wenn er an die Zeit zurückdachte, die er als Teil der Kohärenz
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