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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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er sich die meiste Zeit so vor. Er war einundzwanzig Jahre alt und arbeitete seit sieben Monaten als Bürobote im Hauptsitz des FBI in Washington DC, dem berühmten J. Edgar Hoover Building. Doch wenn er mit seinem Metallwagen voller Hängemappen und Aktenordnern durch die endlosen Gänge ratterte, würdigte ihn niemand eines Blicks. Niemand sah von seinem Schreibtisch auf, wenn Dylan eine Bürotür öffnete, Mappen in Eingangskörbe legte und Post aufsammelte, die im Ausgangskorb bereitlag. Nicht einmal Mr McCosky, der Leiter des Archivs und sein Vorgesetzter, nahm von ihm Notiz, wenn er mit dem abzulegenden Schriftgut dessen Büro passierte. An den endlosen Reihen der Stahlschränke war er fast immer allein, wenn er Schubladen aufzog, Unterlagen einsortierte oder Akten heraussuchte, die irgendjemand angefordert hatte. An manchen Tagen sprach Dylan praktisch mit niemandem auch nur ein Wort.
    Natürlich kommunizierten die Agenten und Sachbearbeiter hauptsächlich über E-Mails, Telefon und SMS. Natürlich wurden Berichte am Computer erstellt und direkt in Datenbanken gespeichert. Natürlich waren Fotos von Tatorten digital und kamen über das Internet herein.
    Mr McCosky widmete den größten Teil seiner Arbeitszeit den Leuten von einer Computerfirma, die den Auftrag hatte, sämtliche alten Unterlagen nach und nach einzuscannen und im internen Datennetz des FBI verfügbar zu machen. Noch ein paar Jahre und alles, was hier unten in den Aktenschränken lagerte, würde per Computer innerhalb von Sekunden auffindbar sein. Dann würde der Drucker, der die Listen der angeforderten Akten ausdruckte, friedlich einstauben und Büroboten würde man keine mehr benötigen.
    Das war zumindest die Theorie. In der Praxis ging aus rechtlichen und anderen Gründen nach wie vor nichts ohne Papier, auch wenn das die Leute im Direktorium nicht hören wollten. Wichtige E-Mails mussten ausgedruckt und abgelegt werden. Man brauchte Unterschriften auf Formularen. Für beweiskräftige Dokumente bestand eine Aufbewahrungsfrist bis weit über den jeweiligen Prozess hinaus. »Dein Job ist noch mindestens die nächsten zehn Jahre sicher«, hatte Mr McCosky ihm damals, als Dylan angefangen hatte, gut gelaunt erklärt. »Also mach was draus.«
    Wenn McCosky geahnt hätte, was Dylan Farrell aus seinem Job gemacht hatte, wäre es mit seiner guten Laune vorbei gewesen.
    Niemand hatte je bemerkt, dass Dylan die Akten nicht nur transportierte, sondern sie auch las. Niemand konnte sich vorstellen, dass in der heutigen Zeit, in der angeblich alles über Computer lief, jemand imstande war, sich allein aus den Papierunterlagen umfassend über das FBI, seine Mitarbeiter und sämtliche laufenden Fälle zu informieren. Und vor allem hätte niemand geglaubt, dass ausgerechnet Dylan Farrell, der schlaksige Milchbubi, der so aussah, als könne er nur mühsam bis drei zählen, mehr über das FBI wusste als sonst jemand im Haus.
    Und sie wären fassungslos gewesen, hätten sie gewusst, wozu er das alles tat.

17 | »Mein Chip«, sagte Christopher und wunderte sich, wie schwer es ihm fiel, dieses Thema seinem Vater gegenüber anzusprechen. »Du hast ihn mir damals eingepflanzt. Erinnerst du dich?«
    Dad saß auf dem Feldbett, die Arme um den Oberkörper geschlungen, und hatte bis eben auf den Boden gestarrt. Nun hob er den Kopf, sah Christopher forschend an. »Ich war das? Bist du sicher?«
    »Nicht die eigentliche Implantation. Die hat einer der Männer gemacht, die dabei waren. Aber du hast mir erklärt, wie die Operation vonstattengehen würde. Dass man mit dem spitzen Ende der Injektionspistole ein Loch in die Rückwand der Nasenhöhle bohren muss, um an den Riechnerv heranzukommen. Dass das ein lautes Geräusch machen würde, wenn der Knochen durchstoßen wird.«
    Christopher sah die Szene wieder vor sich. Wie er im Türrahmen gestanden hatte, den Kopf in dem Haltegestell festgezurrt. Zu fünft waren sie gewesen – Dad, eine Frau und drei weitere Männer. Zwei der Männer hatten Christopher jeden Fluchtweg abgeschnitten. Die Frau hatte die örtliche Betäubung durchgeführt. Und der dritte Mann hatte ihm den Chip implantiert.
    Aber Dad hatte den Chip in das Gerät eingesetzt. »Erinnerst du dich wirklich nicht mehr? Du hast mir dieses Etui vors Gesicht gehalten, so, als wolltest du, dass ich sehe, was du tust. Und es waren zwei Chips darin. Zwei! Einer in der Halterung und der zweite – der, den du ausgewählt hast – daneben. Einfach so. Als hättest du

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