Kohärenz 02 - Hide*Out
Christopher kümmerte sich tatsächlich Tag und Nacht um seinen Vater. Aber sie hatte gerade einfach Lust, über ihn zu lästern.
Sie waren mittlerweile bei den Kartoffeln angekommen, schälten sie und schnitten sie in Stücke. Madonna schüttelte den Kopf. »Schon unglaublich. Wie die Computerfreaks heutzutage die Welt beherrschen, meine ich.«
Serenity nickte. »Stimmt.«
Und im gleichen Moment kam ihr eine Idee. Eine ziemlich gute Idee, wie sie fand. Sie musterte ihre Freundin mit einem kurzen Seitenblick. Nein. Besser, sie verriet Madonna erst mal nichts.
Auf einmal hatte sie es eilig, mit ihren Kartoffeln fertig zu werden. Sobald es sich einigermaßen unauffällig einrichten ließ, setzte sie sich ab und lief hinüber zu dem Zelt von Christopher und seinem Vater.
Christopher saß davor im Gras. »Dad wäscht sich gerade«, erklärte er unaufgefordert. »Das kann dauern.«
Serenity fragte sich, warum er das so betonte. Es schien ihm unangenehm zu sein, dass sein Vater viele Dinge erst wieder lernen musste.
»Ich wollte dich bloß was fragen«, sagte sie.
Christopher hob nur die Augenbrauen. Auf einmal war sich Serenity nicht mehr sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, aber da sie nun schon angefangen hatte, musste sie weitermachen, also sagte sie: »Du hast doch auch das Lied gehört, das Madonna neulich gesungen hat… Wie fandest du das?«
Christopher hob die Schultern. »Gut.«
»Sie hat mir erzählt, dass sie davon ein Video gemacht und ins Internet gestellt hat. Es hat bloß noch niemand bemerkt.«
Christopher grinste flüchtig. »Da geht sie mit ihrem Namen vermutlich auch ein bisschen unter.«
Es war immer wieder unheimlich, wie schnell Christopher solche Zusammenhänge durchschaute. Vor allem, wenn man bedachte, wie schwer von Begriff er in anderen Dingen sein konnte.
»Also, weißt du«, fuhr Serenity nervös fort, »ich glaube, sie wünscht sich wirklich sehr, mit ihrer Musik Erfolg zu haben. Und na ja, du bist doch Hacker… Kannst du da nicht was drehen? Dass, was weiß ich, ihr Video mal ein paar Tage lang auf der Einstiegsseite von YouTube steht oder so? Dass es mal ein paar Leute sehen?«
Warum hatte sie bloß davon angefangen? Wahrscheinlich würde er ihr jetzt einen Vortrag halten, wie belanglos solche Träume und Wünsche waren, wenn es darum ging, gegen die Kohärenz zu kämpfen. Oder so was in der Art.
Aber wie so oft verblüffte sie seine Reaktion auch diesmal wieder. Christopher starrte sie nämlich mit einem so weltentrückten Blick an, dass sie sich einen Moment lang fragte, ob er ihr überhaupt zugehört hatte, dann hauchte er: »Genial. Das ist es. Das ist die Idee!«
Christopher konnte es nicht fassen. Dass er darauf nicht selber gekommen war! Das war die ideale Möglichkeit, eine Massen-E-Mail unauffällig auf ihre Wirkung zu testen.
Wenn er zwei Milliarden Mails mit einer Aufforderung, sich Madonnas Video anzusehen, verschickte – natürlich musste man sich einen ansprechenden Text dafür ausdenken –, und wenn nur einer von tausend neugierig genug wurde, um auf den Link dorthin zu klicken, dann waren das zwei Millionen Zugriffe. Das würde man nicht nur ablesen können, es würde genügen, das Video ziemlich hoch in der Liste der aktuell gefragten Videos zu platzieren.
»Genial«, erklärte er. »Das ist es. Das ist die Idee.« Und je eher er diesen Test durchführte, desto besser. »Ja, kann ich machen. Ich muss dazu nur an einen Internet-PC.«
»Echt?« Sie schien verblüfft.
Christopher überlegte. War es sinnvoll, Jeremiah Jones von diesem Plan zu erzählen? Lieber nicht. Ein Musikvideo, das würde er vielleicht seltsam finden. Womöglich würde er denken, dass es mit ihm, Christopher, abwärts ging, wenn ihm nichts Besseres einfiel als das.
Dabei war es das Beste! Und das Geniale daran war, dass sie diesen Test direkt unter der Nase der Kohärenz durchziehen konnten, ohne dass die auch nur auf die Idee kommen würde, misstrauisch zu werden.
Natürlich hätte man irgendein beliebiges Video nehmen können – aber es mit dem von Madonna Two Eagles zu tun, das hatte etwas.
Er sah Serenity an. »Kannst du deinen Bruder fragen, ob er uns fährt?«
»Kyle?« Sie hob die Schultern. »Klar. Wann willst du los?«
»Am besten gleich nach dem Mittagessen. Je eher, desto besser.«
Sie wirkte ziemlich irritiert. Klar, sie verstand nicht, was ihm daran so wichtig war und wieso er es so eilig hatte. Er würde es ihr erklären.
Aber erst danach. Erst, wenn
Weitere Kostenlose Bücher