Kohärenz 02 - Hide*Out
heraus zurück auf den Feldweg, dem er bis zu einer Straße folgte, von der er keine Ahnung hatte, woher sie kam und wohin sie führte. Er würde sich anhand der Karte orientieren müssen, sobald er das erste Ortsschild sah.
Während er aus dem Feldweg auf die Straße abbog, beschloss er, den anderen nichts von seiner Begegnung mit der Kohärenz zu sagen. Nicht, wenn es nicht sein musste.
40 | Kyle bestand darauf, alle Spuren ihrer Anwesenheit zu beseitigen, ehe sie weiterfuhren. Also schütteten sie die Feuerstelle zu, verwischten die Erde dort, wo die Zelte gestanden hatten, vergruben die Abfälle, die verrotten würden, und packten alles andere sorgfältig ein. Spätestens nach dem nächsten Regen würde nichts mehr auf ihre Anwesenheit hindeuten.
Dann verteilten sie sich auf die Autos. Christopher meinte, es sei unnötig, weiter mit eingeschaltetem Mobiltelefon durch die Gegend zu fahren – unnötig, in dieser Hinsicht weitere Risiken einzugehen –, er würde es merken, wenn sie wieder in eine Gegend mit Empfang kamen.
»Okay, dann bin ich heute dran«, sagte Madonna und schnappte ihrem Bruder den Autoschlüssel aus der Hand. »Komm, Serenity. Mädchenauto!«
Also fuhren Christopher und George Angry Snake mit Kyle in dessen Geländewagen. Sie sollten beide auf den Rücksitz, bat Kyle, er brauche den freien Beifahrersitz, um jederzeit auf die Karte schauen zu können. George bot ihm an, das Kartenlesen zu übernehmen, aber Kyle sagte nur: »Ich bin das so gewöhnt. Und ich brauch grad was, an das ich gewöhnt bin.«
Es ging eine ganze Weile über Stock und Stein. Das war für Kyles Wagen kein Problem, aber George drehte sich doch ab und zu um, besorgt, wie die Mädchen mit seinem Wagen zurechtkamen. Gut offenbar. Madonna kurbelte heftig am Lenkrad, um den schlimmsten Löchern und Steinen auszuweichen, aber man sah sie gleichzeitig unbekümmert auf Serenity einreden. Schien alles im grünen Bereich zu sein.
Christopher blieb so ruhig wie möglich sitzen und versuchte, sich zu konzentrieren, sich gegen den Schock zu wappnen, wenn sie wieder ins Feld eintauchten. Für die Landschaft, die draußen vorbeizog, hatte er kaum einen Blick übrig und abgesehen davon war die auch nicht so bemerkenswert. Bäume halt, Hügel, die Straße. Immer das Gleiche. Ein einziges Auto begegnete ihnen im Verlauf der ersten Stunde, ein blauer Pick-up, auf dessen Ladefläche zwei riesige Schäferhunde hockten und eine festgezurrte Waschmaschine zu bewachen schienen. Der Fahrer hob grüßend die Hand, als freue er sich, sie zu sehen. Kyle grüßte zurück und weiter geschah nichts.
Dann, ganz plötzlich, war der Druck im Kopf wieder da. Das Feld. Doch zu Christophers Überraschung war es überhaupt kein Problem, den Chip schon im Ansatz zu stoppen. Ein Gedanke und er hatte das Ding im Griff. Keine Chance für den schwarzen Strudel.
»Wir sind übrigens wieder im Feld«, sagte Christopher nach einer Weile.
»Und?«, wollte Kyle wissen.
»Nicht so schwer, wie ich dachte«, erwiderte Christopher.
»Gestern warst du ziemlich fertig. So tief, wie du geschlafen hast, habe ich mich gefragt, ob du womöglich ins Koma gefallen bist.«
»Heute geht es viel besser.«
»Gut«, sagte Kyle.
Es stimmte: Es ging viel besser. Christopher musste daran denken, wie er als Kind einmal einen losen Zahn gespürt und dann, in der Hoffnung, er würde wieder anwachsen, den ganzen Tag darauf geachtet hatte, nichts damit zu beißen und nicht mit der Zunge dagegenzustoßen: So ähnlich war es, den Chip im Zaum zu halten. Es würde gehen. Gut sogar. Besser als befürchtet auf jeden Fall.
Er durfte eben nur nicht schlafen, solange sie sich im Bereich des Mobilfunks befanden. Aber das sollte kein Problem sein.
An einer schmierigen kleinen Raststätte hielten sie das erste Mal, um sich die Beine zu vertreten. Kyle ging telefonieren. Es gab eine Telefonzelle, an der zwei Glasscheiben durch Holz ersetzt waren.
»Und?«, fragte Serenity ihren Bruder, als er ernsten Gesichts zurückkam.
»Hab niemanden erreicht«, sagte er.
»Wen wolltest du denn erreichen?«, fragte Madonna.
»Ich hab so eine Art Notrufnummer in Dads Kontaktnetz. Jemand, dem man codierte Nachrichten für Dad diktieren kann und der sie dann über Kuriere und auf anderen Wegen weiterleitet. Aber es war niemand da.« Kyle zuckte mit den Schultern. »Ich hab’s jedenfalls probiert. Ist auch nicht so wichtig; dass wir gestern Abend nicht aufgetaucht sind, haben sie ja gemerkt.«
Sie fuhren
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