Kohärenz 02 - Hide*Out
Aber er setzte sich, spürte seine steifen Glieder. Es tat auf jeden Fall gut, ein wenig von der Wärme des Feuers zu spüren.
Serenity reichte ihm eine metallene Schüssel und einen Löffel. »Wir haben nur Cereals«, sagte sie.
Cornflakes. Das war okay. Christopher griff nach der Schachtel, die ihm George reichte – wie üblich ohne ein Wort zu sagen –, und schüttete sich reichlich davon ein. Die Milch sah dünn aus, die übliche entrahmte Brühe, von der sie hier in Amerika glaubten, sie könnte verhindern, dass man dick wurde.
»Du hast geschlafen wie ein Toter«, sagte Kyle. »Wir haben ehrlich gesagt angefangen, uns Sorgen zu machen.«
Christopher nickte kauend. »Ich hab nichts mehr mitgekriegt. Bis eben gerade.«
Er sah kurz zu Madonna hinüber. Die saß da wie eine Statue, starrte vor sich hin, eine Blechtasse in Händen, schien nichts und niemand wahrzunehmen. Dass sie ihn geküsst haben sollte… seltsamer Gedanke. Christopher war sich einen Moment lang nicht sicher, ob er das nicht auch nur geträumt hatte.
Kyle goss sich Kaffee nach, trank ihn schwarz, wie er war. »Ist wirklich alles in Ordnung mit deinem Chip?«, wollte er wissen.
»Im Moment ja«, sagte Christopher.
»Irgendeine Idee, was da gestern überhaupt passiert ist?«
Christopher überlegte kauend. Er hatte mächtig Hunger, das merkte er erst jetzt so richtig. »Ich weiß es nicht. In dem Moment, in dem der Chip das Feld registriert hat – also, das Mobilfunknetz –, hat er versucht, sich selber einzuschalten. Keine Ahnung, warum. Das hat er noch nie gemacht.«
Und so spektakulär. Der Chip hatte nicht einfach nur versucht, sich zu aktivieren, er hatte regelrecht versucht, ihn zu überwältigen. Das war das Rätselhafteste daran. Christopher konnte sich nicht vorstellen, wozu in einen normal funktionierenden Upgrade-Chip eine solche Funktion eingebaut sein sollte.
Okay, sein Chip funktionierte nicht normal. Hatte er noch nie. Aber trotzdem.
»Könnte es irgendeine Sicherheitsschaltung sein?«, fragte Kyle. »Dass so ein Chip sich nach Ablauf einer bestimmten Frist selbstständig macht?«
Christopher schüttelte den Kopf. »Wenn, dann wäre die Frist nicht so lang. Dann würde der Chip nach ein paar Stunden aktiv, nicht erst nach Monaten. Das ergibt keinen Sinn.«
»Vielleicht hast du dir einen Computervirus eingefangen«, meinte Serenity.
Christopher wollte diese Idee schon genauso abtun wie den Erklärungsversuch ihres Bruders, doch dann hielt er inne – im Kauen, Sprechen, Denken.
Das war nämlich gar kein so dummer Gedanke. Jetzt, da er wieder imstande war nachzudenken, erschien ihm das sogar die einzig plausible Erklärung.
Nicht nur das – es würde sogar ein paar Dinge erklären, die ihm bis jetzt Rätsel aufgegeben hatten.
Dieser Überfall in der Wüste von Nevada beispielsweise, auf ihrer ersten Fahrt zum Camp. Er hatte sich seither immer gefragt, was diese Attacke eigentlich bezweckt hatte. War es wirklich die Absicht der Kohärenz gewesen, ihn umzubringen? Nein, seinem Eindruck nach war es ihr darum gegangen, ihn dazu zu zwingen, zurück ins Feld zu kommen.
Sie hatte ihn dann ja auch gejagt und er war entkommen, aber war er das wirklich? Was, wenn sie nur auf diese Gelegenheit gelauert hatte, um die Zeit des Kontaktes dazu zu nutzen, seinen Chip unauffällig zu testen, abzuprüfen, worin er sich von einem ordnungsgemäß funktionierenden Chip unterschied?
Und was, wenn sie aufgrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich einen Computervirus programmiert und bereitgestellt hatte, für Christophers nächsten Feldkontakt? Was, wenn die Kohärenz sogar vorausgesehen hatte, was er mit der Aktion in Silicon Valley bezweckte, und er gar nicht sie ausgetrickst hatte, wie er bis jetzt geglaubt hatte, sondern umgekehrt die Kohärenz ihn? Wenn sie nur zum Schein mitgespielt hatte, damit er wieder ins Feld ging und sie ihm den Virus verpassen konnte?
Er sah Serenity an, schluckte den Kloß aus Getreideflocken hinunter, der sich bei all dem Nachdenken in seinem Mund gebildet hatte, und sagte: »Ja. Das ist die wahrscheinlichste Erklärung.«
Kyles Stirn runzelte sich, was immer die seltsame Narbe darauf hervortreten ließ. »Ein Virus? Bei einem Chip? Ich dachte immer, da ist alles fest verdrahtet?«
»Bei modernen Chips schon lange nicht mehr. Man nennt das Mikroprogrammierung; eine Programmierung unterhalb des Levels der Maschinenbefehle.«
»Shit.«
Christopher sah auf seine Schüssel hinab, verscheuchte
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