Kohärenz 02 - Hide*Out
erst ungläubig, aber er fragte nicht dumm nach: Er brauchte ja nur den Kopf zu heben und runter auf die Lichtung zu schauen, um zu sehen, dass es stimmte, was sie sagte.
»Shit«, stieß er hervor. »Was soll denn das jetzt?« Jetzt wurde er hektisch. Er warf sich herum, kramte nach seinen Klamotten. »Warte, ich komme. Das ist ja… oh, Mann! Nichts als Ärger mit den – «
Er hielt inne, was so seltsam klang, dass sich Serenity unwillkürlich zu ihm umdrehte, eine Gänsehaut im Nacken. »Was?«
»Da«, sagte Kyle und streckte die Hand aus. »Was ist das da?«
Sein ausgestreckter Zeigefinger wies auf die Windschutzscheibe. Jetzt erst entdeckte Serenity, dass unter einem der Scheibenwischer ein zusammengefaltetes Stück Papier steckte.
Sie rannte um den Wagen herum, zog den Zettel heraus, klappte ihn auf.
»Wir haben einen Plan«, las sie laut vor. Es war Christophers Handschrift. »Aber es ist besser, ihr wisst keine Details. Fahrt nach Seattle und macht Madonna weltberühmt! Und wenn sie im Fernsehen ist, dann soll sie von der Kohärenz erzählen. Bis irgendwann, Christopher und George.«
»Einen Plan! Na, toll«, ächzte Kyle, nachdem er den Zettel ebenfalls gelesen hatte. »Dann bin ich ja völlig beruhigt.« Er schnappte sich den nächstbesten Gegenstand – seinen Pullover in diesem Fall – und pfefferte ihn wutentbrannt quer durch den Innenraum seines Wagens. »Diese Vollidioten!«
Madonna tauchte wieder auf, bleich und verstört. Als sie von der Nachricht erfuhr, schlug sie die Hände vor den Mund. »Nach Seattle!« Ihre Augen wurden riesig. »Wie stellen die sich das vor? Ich kann doch nicht einfach Lieder singen, während George und Christopher… während die weiß der Himmel was machen… irgendwo sind, und ich hab keine Ahnung, ob die Kohärenz George schon…«
»Funktioniert das denn umgekehrt nicht? Dass du auch weißt, wo George ist und wie es ihm geht?«
Madonna schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre Haare flogen. »Nein. Nein, ich versteh von solchen Sachen nichts.«
Inzwischen hatte sich Kyle in seine Kleidung gezwängt und kletterte aus dem Auto. Man meinte fast, seine Mähne Funken sprühen zu sehen, so wütend war er. Ohne ein Wort zog er seine Stiefel an und marschierte dann los, nach vorn ans Ende der Straße, wo Georges Wagen gestanden hatte.
»Sie müssen schon eine ganze Weile weg sein«, sagte er, als Serenity und Madonna zu ihm stießen. Er saß in der Hocke, befühlte die Abdrücke im Boden. »Auf den Reifenspuren hat sich Tau gebildet.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Serenity.
Kyle stand auf, wischte sich die Hände ab. »Tja, das ist die Frage. Es hat wahrscheinlich wenig Zweck, ihnen nachzufahren. Wenn sie erst mal aus dem Wald raus und auf der Straße sind, dann können sie nach Süden oder nach Norden gefahren sein, und wenn sie schon mehr als eine Stunde weg sind, dann… haben wir keine Chance.« Er überlegte. Seine Wut schien dabei zu verrauchen. »Zu euch haben sie nichts gesagt? Keine Andeutungen? Irgendwas?«
Serenity konnte sich beim besten Willen an nichts erinnern und Madonna schüttelte auch nur stumm den Kopf.
»Wir können den Zeltplatz absuchen«, sagte Kyle. »Vielleicht finden wir einen Hinweis. Wahrscheinlich aber nicht. Und in dem Fall…« Er hob die Schultern.
»Vielleicht sollten wir tatsächlich einfach nach Seattle fahren«, sagte Serenity. »Wenn Christopher schreibt, dass er einen Plan hat, dann hat er bestimmt auch einen. Der sagt das nicht einfach so.«
»Ja, eben. Ich weiß nicht, ob ich das gut finden soll, dass er mal wieder einen Plan hat, den er mit niemandem abspricht…« Kyle fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Aber es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als zu tun, was er sagt. Wenn die beiden nämlich je wieder auftauchen sollten, dann finden wir sie, wenn überhaupt, nur dort.«
»Wir fahren nach Seattle?«, vergewisserte sich Madonna ungläubig. »Du meinst: Zu Zack van Horn?«
Kyle nickte grimmig. »Auf jeden Fall wirst du mal später in Interviews eine ziemlich ausgefallene Story zu erzählen haben, wenn man dich fragt, wie deine Karriere angefangen hat.«
62 | Am nächsten Morgen in dem Hangar aufzuwachen, war, als sähe man den Sternenhimmel über sich. Das hatten sie am Abend zuvor gar nicht mitbekommen: Wie viele Löcher der Rost schon in das riesige Wellblechdach gefressen hatte, durch die die Morgensonne nun Hunderte dünner Lichtstrahlen schickte. Nein, es war mehr als ein
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