Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
Sternenhimmel, dachte Jeremiah Jones. Es sah aus wie ein Meteoritenschwarm, der in der Zeit festgefroren war.
    Während sie für die Weiterfahrt packten, hatte er das Gefühl, dass die Stimmung, die am Abend zuvor gefährlich gekippt war, sich wieder stabilisiert hatte. Natürlich, niemand war euphorisch, nicht einmal besonders zuversichtlich – aber sie hatten den Mut nicht sinken lassen. Sie hatten nicht aufgegeben: Darauf kam es an.
    Er ging mit Russell die Route für den Tag durch und die Liste der Leute, die sie besuchen wollten. Vielleicht würden sie heute mehr Erfolg haben, meinte Russel und es klang irgendwie nicht so, als sage er das nur, um sich Mut zu machen.
    Vielleicht hatten sie das Schlimmste schon überstanden. Vielleicht war das gestern Abend einfach ein Tiefpunkt gewesen, wie er ab und zu unvermeidlich war.
    »Jerry?« Das war Neal, der sich ihnen scheu auf ein, zwei Meter genähert hatte.
    »Hi, Neal. Was gibt’s?«
    »Kann ich dich mal kurz sprechen?« Der Arzt, dessen Haar damals, als sie sich kennengelernt hatten, schon fast genauso weiß gewesen war wie heute, nickte in Richtung des Hallentores. Unter vier Augen, hieß das wohl.
    »Klar.« Jeremiah klopfte Rus auf die Schulter, überließ ihm die Karte und ging mit Neal Lundkvist ein paar Schritte abseits ihrer kleinen Wagenburg. »Was gibt’s?«
    Neal mied seinen Blick. »Ich hab mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen. Was du gestern Abend gesagt hast. Was ich denke. Und…« Er hielt inne.
    »Und?«
    »Tja, wie soll ich das ausdrücken? Es stimmt, was du gesagt hast. Darüber, was eine Gruppe zusammenhält. Dass man in bestimmten Dingen der gleichen Meinung sein muss, weil es sonst keinen Sinn macht.«
    Jeremiah war auf einmal, als berühre ihn ein kalter, dünner Finger im Nacken und fahre langsam am Rückgrat abwärts.
    »Was willst du damit sagen, Neal?«, fragte er und wusste, noch während er die Frage stellte, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
    Neal sah hoch, blickte ihn an. »Ich gehöre nicht mehr dazu, Jerry. Es ist einfach so. Ich weiß nicht, ob ich recht habe. Ich weiß nicht, ob die Kohärenz tatsächlich die nächste Etappe der menschlichen Evolution sein könnte… Aber ich glaube nicht mehr, dass wir etwas gegen sie ausrichten können. Ich glaube es einfach nicht mehr, verstehst du? Ich bin sozusagen vom Glauben abgefallen und ich wüsste nicht, wie ich ihn zurückgewinnen könnte.«
    »Du denkst, wir haben keine Chance mehr?« Er musste es einfach so geradeheraus fragen.
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Keine.«
    »Und was heißt das? Was willst du tun?«
    Neal Lundkvist schien im ersten Moment mit etwas herausplatzen zu wollen, das ihm die ganze Zeit auf der Seele gelegen hatte, aber dann presste er doch bloß die Lippen zusammen, sah einen Moment grüblerisch zur Seite und meinte: »Ich kann nicht bleiben. Es ist so, wie du gesagt hast. Ich muss die Gruppe verlassen.«
    Jeremiah Jones konnte kaum glauben, dass das hier wirklich geschah. All die Jahre, die sie schon befreundet waren, und nun das…
    Man kannte einen anderen Menschen eben nie ganz.
    »Das wird ein schwerer Verlust für uns, Neal.«
    »Ihr habt ja noch einen Arzt. Bob ist nicht so unerfahren in der Allgemeinmedizin, wie er immer tut.«
    »Das ist es nicht.« Jeremiah schüttelte den Kopf. »Es trifft uns nicht nur, weil wir einen Arzt verlieren.« Es demoralisiert uns, wenn du gehst, wollte er sagen, doch er ließ es. Was für einen Zweck hätte es gehabt? Er würde Neal nicht halten können, wenn dieser gehen wollte.
    »Ich wollte es dir vorher sagen, ohne dass es die anderen mitkriegen«, erklärte Neal Lundkvist. »Ich werd mich im Lauf des Tages absetzen. Woandershin fahren. Ich weiß noch nicht, wohin, aber… Ich muss mir über ein paar Sachen klar werden, glaube ich.«
    Jeremiah tat einen langsamen Atemzug, ehe er antwortete. »Danke. Dass du mich vorgewarnt hast, meine ich.« Er spürte, wie sich etwas in ihm verkrampfte. Angst, vermutlich. Angst, dass er am Ende allein dastehen würde, wenn das so weiterging. »Aber eins noch, Neal…«
    »Ja?«
    »Du wirst nicht ohne Weiteres zurückkommen können, falls du es dir in einer Woche anders überlegt hast.«
    Neal nickte steinern. »Ist mir klar.«
    Jeremiah hasste es, das zu sagen. Am liebsten hätte er einen Treffpunkt ausgemacht, falls Neal in den nächsten Tagen zurückkehren wollte, aber er wusste, dass er das nicht tun durfte. Was ihre weiteren Pläne anbelangte, musste er die

Weitere Kostenlose Bücher