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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Geheimhaltung aufrechterhalten. Das war er den anderen schuldig. Denn falls in den Fernsehnachrichten der nächsten Tage die Meldung kommen sollte, dass man den gesuchten Dr. Neal Lundkvist verhaftet habe, war es besser, er wusste nicht, wohin Jeremiah und die anderen gegangen waren.
    So sagte er nur: »Das tut mir sehr leid, Neal.«
    »Mir auch«, sagte der alte Arzt.
    Sie umarmten sich kurz und es fühlte sich an wie ein Abschied für immer.

63 | »Und das ist wirklich eine schnelle Internetverbindung, die dein Bekannter da hat?«, vergewisserte sich Christopher zum dritten Mal, seit sie unterwegs waren. »Dein… Stammesbruder. Oder wie man das nennt.«
    »Ja«, sagte George. George war wieder eingefallen, dass er ja eigentlich ein schweigsamer Krieger war. Er schien nichts dabei zu finden, hundert Meilen zurückzulegen, ohne ein einziges Wort zu wechseln.
    Ja. Was fing er mit dieser Antwort jetzt an? Hieß das, ja, der Begriff Stammesbruder ist richtig? Oder hieß das, ja, er hat eine schnelle Internetverbindung?
    »Es sollte eine wirklich schnelle Internetverbindung sein, sonst brauchen wir ewig«, sagte Christopher ohne viel Hoffnung auf eine Antwort.
    Sie waren mitten in tiefster Nacht aufgebrochen und so leise, dass Christopher sich immer noch wunderte, wie sie das fertiggebracht hatten.
    Nun, hauptsächlich hatte es George fertiggebracht. Er hatte gesagt: »Bleib hier stehen, ich baue ab«, und Christopher hatte nichts weiter tun müssen, als zu beobachten, wie der dunkle Schatten ihres Zeltes lautlos in sich zusammengesunken war.
    Seither fuhren sie. Das hieß, George fuhr. Er schien keine Pause zu brauchen, also machten sie auch keine. Einmal hatten sie getankt, was eine Gelegenheit gewesen war, auf die Toilette zu gehen, und er hatte mitbekommen, dass George bar bezahlt hatte. Wie man es tat, wenn man keine Spuren hinterlassen wollte.
    »Ich habe auch noch etwas Bargeld«, hatte Christopher gesagt. »Das nächste Mal zahle ich.«
    »War nicht mein Geld«, hatte George erwidert.
    »Sondern?«
    »Hat mir Jeremiah gegeben.«
    Das hatte Christopher Stoff zum Nachdenken gegeben, der locker noch mal hundert Meilen gereicht hatte. Jeremiah Jones war im Prinzip ein wohlhabender Mann – er hatte etliche erfolgreiche Bücher geschrieben, und seit er als Terrorist gesucht wurde, hatten, oh wundersames Amerika, zwei davon erneut die Bestsellerlisten erklommen und hielten sich auf ziemlich hohen Plätzen. Sein Verlag verdiente also gutes Geld an ihm. Doch Jones hatte keinen Zugriff auf dieses Geld. Seine Konten waren eingefroren, seine Kreditkarten gesperrt. Woher also kam das Geld, das die Gruppe trotz all ihrer Überlebenskünste, trotz ihrer Jagd- und Selbstversorgerfähigkeiten benötigte? Außer allgemeinen Warnungen, dass sie sparen müssten, war über dieses Thema nicht viel zu erfahren gewesen.
    Und dann, nach weiteren schweigsamen Meilen, fing George auf einmal zu reden an.
    »Das alles hier«, sagte er unvermittelt und wies auf die Landschaft jenseits der Windschutzscheibe, »war in alten Zeiten Blackfeet-Land. Im Süden lebten die Absarokee und die Shoshonen, im Westen die Bannock und die Flatheads, im Osten die Crow und Cheyenne und im Norden – weit im Norden, im heutigen Kanada – lebten die Cree. Unser Land war insgesamt etwa so groß wie Montana heute und es lebten ungefähr fünfzehntausend Blackfeet darin.«
    »Fünfzehntausend?«, staunte Christopher. »Das ist nicht viel.«
    »So viele, wie wir heute auch wieder sind. Nur dass unser Land – das Reservat – nur noch ein winziger Teil unseres früheren Landes ist. Und natürlich der schlechteste Teil davon. Karges Land, mit dem man nicht viel anfangen kann.«
    »Wir haben in der Schule etwas darüber gelernt«, sagte Christopher und versuchte, sich zu erinnern. »Aber ich weiß keine Einzelheiten mehr. Es war auch ziemlich schnell abgehandelt, glaube ich.«
    George nickte. »Die Verlierer der Geschichte bekommen in den Geschichtsbüchern nicht viel Platz.«
    »Denkst du, dass ihr das seid? Verlierer der Geschichte?«
    »In den Geschichtsbüchern des weißen Mannes? Klar. Andererseits – was heißt das schon? Die Blackfeet haben schon vor zehntausend Jahren hier gelebt, sind seit zehntausend Jahren ein Stamm. Wir haben bereits existiert, als das Römische Reich noch nicht gegründet war, und als es untergegangen ist, haben wir immer noch hier gelebt. Das sagen übrigens nicht nur unsere Überlieferungen, sondern auch Archäologen, die sich mit

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