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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Hotelzimmer und Hände, die herumliegende Kleidungsstücke eilig aufsammelten.
    »Das ist am Tag vorher«, sagte Christopher leise. »Um dieselbe Uhrzeit.«
    Man hörte, wie sich eine Tür öffnete. Schwenk. Es war die Tür zum Bad gewesen, aus dem nun eine schlanke Frau mit langen dunklen Haaren trat. Sie trug nur Slip und BH und lächelte lasziv.
    »Du nimmst das auch auf?«, hörte man sie fragen, während sie wiegenden Schrittes auf die Kamera zukam.
    »Na klar«, war Guys Antwort. »Soll doch ein unvergesslicher Abend werden, oder?«
    Serenity warf Christopher einen raschen Seitenblick zu. Er hatte die Augenbrauen hochgezogen und grinste. Und er bemerkte ihren Blick nicht einmal!
    Der Bildausschnitt wanderte am Körper der Frau auf und ab. Sie ähnelte Madonna Two Eagles, hätte eine ältere Schwester von ihr sein können, fand Serenity. Es versetzte ihr einen Stich, zu sehen, wie fasziniert Christopher auf den Bildschirm starrte.
    »Heißt das, du willst deine Brille die ganze Nacht aufbehalten?«, fragte die Frau in dem Video.
    »Nicht die ganze Nacht. Die muss demnächst ans Ladegerät. Aber ich leg sie so hin, dass sie alles im Blick behält.«
    »Du bist verrückt«, sagte die Frau und griff nach hinten, um ihren BH zu öffnen.
    In diesem Moment wurde der Bildschirm schwarz und ein lauter Piepton erklang.
    Die Tür der Duschkabine ging auf, Guy streckte seinen nassen Kopf heraus. »Übrigens hab ich ein paar Abschnitte gesperrt«, rief er. »Die sind privat. Okay?«

67

    Was hatte Guy vor dem achtzehnten März getan, um die Aufmerksamkeit der Kohärenz auf sich zu lenken? Mittlerweile war sich Christopher seiner Theorie nicht mehr so sicher. Vielleicht war das nur Wunschdenken gewesen.
    Die Arbeit war jedenfalls mühsam. Sie spielten jeweils eine Viertelstunde ab, gingen sie dann noch einmal Minute für Minute durch, suchten nach Details im Straßenbild, nach Personen, nach Texten, nach irgendetwas, das ihnen seltsam vorkam. Sie diskutierten. Guy erklärte, was er in dem betreffenden Zeitraum gemacht und wer welche Person war, mit der er zu tun gehabt hatte. Und wenn sie alles geklärt hatten, nahmen sie die Viertelstunde davor unter die Lupe.
    Irgendwann schlug Serenity eine Pause vor. »Christopher und ich könnten ins Dorf gehen und einkaufen. Ich muss mal was anderes sehen, sonst krieg ich einen Anfall.«
    Guy war gleich einverstanden, streckte sich genüsslich. »Glänzende Idee. Eine Pause wäre jetzt genau das Richtige«, meinte er und tätschelte die Hemdtasche, in der seine Zigarillos steckten.
    Ausgestattet mit einer Einkaufsliste und zwei Taschen machten sie sich wenig später auf den Weg. Serenity wirkte tatsächlich angespannt. Christopher griff nach ihrer Hand, einerseits, um sie auf andere Gedanken zu bringen, andererseits, weil es eine wunderbare Sache war, Hand in Hand zu gehen.
    Doch nach ein paar Schritten entzog sie ihm ihre Hand wieder. Ohne ihn anzusehen.
    Was hatte das nun zu bedeuten? Während sie schweigend weitergingen, bemühte sich Christopher, nicht zu vermuten, dass sie es bedauerte, sich mit ihm eingelassen zu haben. Dass sie es nur getan hatte, weil ihr in dem Moment alles verloren schien und es nicht mehr darauf angekommen war.
    Hätte ihn in diesem Augenblick jemand gefragt, ob er das allen Ernstes glaubte, wäre Christophers Antwort gewesen: Nein, natürlich nicht. Aber trotzdem – die Angst schwand nicht. Wenn sein Geist ein See war, der in den schönen Momenten, die sie hatten, verspielte Singvögel und strahlende Blumenpracht reflektierte, dann lauerte die Angst dennoch, tief unter dem klaren Wasser, im Schlamm am Grunde des Sees.
    »Die Frau sah aus wie Madonna, fandest du nicht?«, sagte Serenity urplötzlich. »Nur ein bisschen älter halt.«
    »Welche Frau?«, fragte Christopher verdutzt.
    »Mit der Guy zusammen war. In dem Video.«
    Christopher furchte die Stirn. Er erinnerte sich nicht mehr, wie die Frau ausgesehen hatte. »Ist mir entgangen«, sagte er.
    »Ach, komm. Die war halb nackt!«
    »Ja, das hab ich gesehen«, räumte er ein. »Ich bin ja nicht blind. Aber ich hab hauptsächlich auf den Zeitstempel geachtet.« Er erklärte ihr, dass er im Verzeichnis des Videoprogramms eine Datei namens blocco.xml entdeckt hatte, in der lauter Einträge aus einem Datum, einer Uhrzeit und einer Zeitdauer standen. Er hatte einfach sehen wollen, ob diese Daten das bedeuteten, was er vermutet hatte. »Deswegen hab ich diesen Zeitpunkt überhaupt angesteuert«, erklärte er

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