Kohärenz 03 - Time*Out
Wesenheit die Kohärenz. Können Sie mit diesem Begriff etwas anfangen?«
»Ja«, stieß Burns hervor. »Ich weiß, so nennt ihr uns. Mich. Der Name ist nicht ganz falsch – Kohärenz, ja. Gehirne im Gleichtakt Die größte Macht der Welt. Die Zukunft der Menschheit.«
»Können Sie uns sagen, aus welchem Grund man Sie in die Kohärenz geholt hat?«
Albert Burns zögerte. »Es ging um diese Grundstücke«, murmelte er undeutlich. »Für die Mobilfunkantennen. Ich war im Gemeinderat, man hat auf mich gehört. Zwei Firmen wollten die Grundstücke, eine hat mehr geboten, aber wir wollten den Vertrag mit der anderen machen ... Eines Abends sind drei Männer gekommen, drei Männer mit einem Injektor und einem Chip ... « Seine Stimme versandete.
Die Ärztin trat auf die andere Seite des Bettes, fühlte den Puls des Mannes. »Ganz ruhig, Mr Burns«, sagte sie. »Sie sind den Chip jetzt los, das wissen Sie?«
»Ja«, sagte er, lächelte schief. »Es ist schön, noch mal ein paar Monate lang allein im eigenen Kopf zu sein ... «
Noch mal ein paar Monate lang? Serenity hatte das Gefühl, dass ihr sich bei diesen Worten die Nackenhaare aufstellten. Ihrem Vater schien es genauso zu gehen. »Was meinen Sie mit ›ein paar Monate‹, Mr Burns?«
Burns fuhr sich flüchtig über die Stirn. »Ich hab so viel vergessen ... lauter lose Enden im Kopf, furchtbar ...« Er seufzte. »Die Kohärenz, wie Sie sie nennen, wird expandieren. Sie wird die ganze Menschheit aufnehmen. Eine Welt, ein Geist – das ist das Ziel. Und das wird schnell gehen. Unglaublich schnell. Monate, das ist fast schon optimistisch gedacht.«
Serenity war, als sei es auf einen Schlag ein paar Grad kälter im Raum geworden. Dad räusperte sich vernehmlich. »Wir wissen, was die Kohärenz vorhat. Aber ich versichere Ihnen, dass in dieser Hinsicht das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.«
Mr Burns sah ihn traurig an. »Ich fürchte, dagegen können Sie nichts machen.«
»Oh, ich glaube schon.« Dad lächelte zuversichtlich. »Uns ist nämlich aufgefallen, dass die Kohärenz enorm viel Wert darauf legt, im Verborgenen zu wirken. An dieser Stelle werden wir sie treffen. In wenigen Wochen – am ersten Juli, um genau zu sein – wird in über fünfhundert verschiedenen unabhängigen Zeitschriften, Zeitungen und anderen Medien ein Artikel erscheinen, der die Kohärenz öffentlich machen wird. Dieser Artikel wird die Namen von Firmen nennen, die unseres Wissens nach der Kohärenz gehören. Er wird die finanziellen Machenschaften der Kohärenz aufdecken. Und er wird genau erklären, wie man Upgrader – also Menschen, die den Chip tragen – identifizieren kann. Bislang brauchte man dazu eine Röntgentomografie, doch nun wissen wir, dass es auch viel einfacher geht: mit einem simplen Kupferdrahtnetz. Fast zweihundert Radiostationen werden gleichzeitig auf diesen Artikel hinweisen, den wir zudem über eine weltweite Mail-Kampagne an jeden Besitzer eines E-Mail-Accounts schicken. Was immer danach geschieht, die Kohärenz wird nicht mehr im Geheimen operieren können.«
Serenity fühlte ihr Herz schlagen, spürte regelrecht, wie der Optimismus ihres Vaters auf sie übersprang. Ja, es war noch nicht alles verloren. So groß die Gefahr auch sein mochte, sie hatten noch eine Chance. Und sie würden sie nutzen, oh ja!
Sie suchte Christophers Blick. Wenn er doch diese Zuversicht teilen könnte! Er konnte es nicht, sie sah es ihm an. Er kämpfte gegen die Kohärenz, aber er rechnete nicht damit, am Ende zu gewinnen. Er sah keine Zukunft, sah nur ein schwarzes Morgen. Im tiefsten Grunde war er verzweifelt.
Sie hätte ihm diese Verzweiflung so gerne genommen. Wenn sie nur gewusst hätte, wie.
Ein trockenes Husten ließ sie herumfahren. Es kam von Burns. Er schüttelte den Kopf. »Das weiß die Kohärenz längst«, stieß er hervor. »Sie weiß, was Sie vorhaben. Vergessen Sie's. Es laufen schon Gegenmaßnahmen.«
Mobilmachung
8
Diese Behauptung war ein regelrechter Schock für Jeremiah. Lilian Jones konnte es spüren. Die anderen merkten vermutlich nichts davon – ihr Exmann war ein Meister darin, seine Unsicherheit zu überspielen. Aber ihr machte er nichts vor, dazu kannte sie ihn zu lange. Auch die Jahre, die sie getrennt gelebt hatten, hatten nichts daran geändert.
Lilian wusste, dass Jeremiah all seine Hoffnungen in dieses Projekt setzte. Die Kohärenz ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren, das war für ihn die einzige Chance, die ihnen noch blieb. Er
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