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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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mühseliger.
    Und sie kam nie raus. Nicht mal auf eine der Einkaufsfahrten. Ein paar Stunden über verlassene Straßen, um in irgendeinem Supermarkt Milch und Obst einzuladen: Zu riskant, fand Dad. Die Polizei suchte Serenity als vermisst. Sie könne ja in der blinden Zeit spazieren gehen, hatte Mom vorgeschlagen.
    Super – durch Geröll und Staub stapfen, nur um mal ein paar Sonnenstrahlen abzukriegen!
    Auch am Sonntagmorgen klappte es nicht, Christopher allein zu treffen. Als Serenity zum Frühstück kam, war noch fast niemand auf. Sie sah Dad an einem Tisch im Hintergrund, wo er sich mit John Two Eagles besprach. Die beiden sahen nicht so aus, als sei ihnen Gesellschaft willkommen. Und dann noch ein paar Hide-Out-Leute, die ihr Müsli mit Keimlingen mampften.
    Serenity holte sich einen Kaffee. Während sie unentschlossen das Büffet studierte, hörte sie plötzlich Stimmen von der Tür her: Ihre Mutter kam herein, vertieft in ein Gespräch mit Barbara Fowler – und Christopher direkt hinter ihnen! Doch sie hatten wieder keine Gelegenheit, miteinander zu reden, denn die pummelige Ärztin ging an Dads Tisch und verkündete mit sanfter Stimme: »Mr Burns ist aufgewacht. Und er ist ansprechbar.«
    Dad stand auf. »Schon? Das ist ja großartig.« Er blickte sich um und entdeckte Serenity und Christopher. »Ihr beiden kommt mit«, rief er. »Ich will sehen, ob er euch wiedererkennt.«
    Serenity zuckte zusammen. Musste das sein? Sie schaute Hilfe suchend zu Christopher hinüber, aber der hob nur ergeben die Schultern.
    Es war das erste Mal, dass Serenity die Krankenstation von Hide-Out betrat. In dem kleinen Raum mit zwei Betten stank es derart nach Chemikalien, dass man das Gefühl hatte, die Nasenschleimhäute stürben einem ab. »Dr. Connery hat eine Flasche Desinfektionsmittel umgeworfen«, erklärte Barbara Fowler grinsend.
    In einem der Betten lag der Mann, den Serenity – vor hundert Jahren, wie es ihr vorkam – k. o. geschlagen hatte. Sie machte sich unwillkürlich klein. Okay, er hatte damals eine Pistole in der Hand gehabt und sie bedroht, und was sie getan hatte, war Notwehr gewesen ... trotzdem.
    »Albert Burns?«, fragte Dad und trat neben das Bett, in dem der Mann lag, angeschlossen an allerlei Schläuche und mit einem weißen Verband über der Nase. »Guten Tag. Mein Name ist Jeremiah Jones. Sagt Ihnen das etwas?«
    Burns musterte Dad, dann nickte er matt. »Sie sind dieser Zurück-zur-Natur-Typ, nicht wahr? Eines Tages kam in den Nachrichten, Sie hätten irgendwelche Gebäude in die Luft gesprengt. Und dann war ich ... war ich ...« Er hob hilflos die Hand. »Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.«
    »Leute sind gekommen und haben Ihnen einen Chip eingepflanzt.«
    Burns nickte schwach. »Mit so einem goldenen ... Ding. Und danach war ich irgendwie ... nicht mehr ich selber.«
    »Sondern?«
    Der Mann schien nach Worten zu suchen. »Also, wenn Sie mir sagen würden, dass ich tot war und dass Sie mich wieder aufgeweckt haben, ich würd's fast glauben«, sagte er schließlich. »Ich hab die ganze Welt gesehen, alles gleichzeitig, durch Tausende von Augen. Und es war nicht so verwirrend, wie sich das anhört. Bloß war ich gar nicht ich, falls Sie verstehen, was ich meine. Ich war jemand anders. Ich war ... Es klingt blöd, aber wenn ich zurückdenke, kommt es mir vor, als sei alles ein Traum gewesen. Ein Traum, dass ich die Welt beherrsche.« Burns atmete schwer. »Ja. Genau. Und ich hab Sie gesucht, Jones. Sie und ...« Sein Blick blieb auf Christopher haften. »Und ihn. Ihn vor allem.«
    »Warum ihn?«, fragte Dad rasch.
    »Weil er gefährlich ist. Ich muss ihn zurückbekommen ... oder ihn töten.« Er schloss die Augen, keuchte. »Entschuldigung. Das sind nicht meine Gedanken. Das sind nur Erinnerungen an Gedanken, die ich gedacht habe, weil ich sie denken musste. Ich war ... ich war irgendwie Teil eines riesigen Geistes, der nichts von mir selbst übrig gelassen hat.«
    Serenity musterte Christopher, der dem Mann im Bett scheinbar unbeeindruckt zugehört hatte. Am Anfang, als sie ihn noch nicht so gut gekannt hatte, hatte sie diese Reglosigkeit völlig irritiert. Inzwischen wusste sie, dass er sich damit schützte. Das war seine Art und Weise, Bedrohungen nicht an sich herankommen zu lassen.
    »Mr Burns«, sagte Dad eindringlich, »man hat Ihnen einen Chip eingepflanzt. Dieser Chip hat Ihr Gehirn mit einer virtuellen Wesenheit aus etwa hunderttausend anderen Gehirnen verbunden. Wir nennen diese

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