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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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jedenfalls.«
    »Einfach so?« Sie konnte es wirklich nicht fassen. »Erst ist Weltuntergang angesagt, und dann – bumm? Abgesagt? Tut uns leid, war alles nur ein Missverständnis?«
    »Wenn du eine Idee hast, warum die Kohärenz das vorspielen sollte, raus damit.«
    Der amerikanische Vizepräsident tauchte auf dem Fernsehschirm auf. Man verstand allerdings nicht, was er sagte, weil ein Sprecher seine Worte sofort in genuscheltes Französisch übertrug.
    »Er meint, es sei zu früh, etwas über die Ursachen zu sagen. Sie werden Experten zurate ziehen, und mit voreiligen Spekulationen sei niemand gedient«, übersetzte Guy leise. »Was man halt in solchen Situationen sagt. Die können ja nicht einfach zugeben, dass der Präsident einen Chip getragen hat.«
    Serenitys Gefühl, gerade etwas absolut Irreales zu erleben, wurde immer stärker. Träumte sie? Sie sah sich um, versuchte, das Plappern des Fernsehapparats auszublenden, suchte nach der Gewissheit, dass dies hier die Wirklichkeit war und nicht ein surreales Theaterstück. Da, das grüne Zelt. Der Junge mit den Rastalocken, zur Statue geworden. Das Mädchen, das nur Jeans und ein Bikinioberteil trug. Sie würde frieren, wenn die Nacht kam. Absurd alles.
    Endete es so? Endete es damit, dass sich die Bedrohung, vor der sie seit Monaten gezittert hatte, einfach auflöste? Es fiel Serenity schwer, das zu glauben. Dazu hatte sie zu lange am Abgrund gestanden, sich zu häufig mit der Aussicht konfrontiert gesehen, dass ihr Leben, wie sie es kannte, demnächst vorbei sein würde.
    Jean-Luc kam wieder zu ihnen, das Telefon in der Hand. »I called the police«, erklärte er und fügte mit einer Geste in Richtung des reglos gewordenen Pärchens hinzu: »For them.«
    Dann wandte er sich an Guy und redete auf Französisch mit ihm weiter. Der PentaByte-Man hörte ihm zu, nickte ab und zu.
    »Er sagt, die beim Rettungsdienst haben selber so einen Fall und wissen nicht, was sie tun sollen«, übersetzte er ihnen dann. »Sie haben versprochen, einen Wagen zu schicken. Wir sollen sicherheitshalber bis dahin alles so lassen, wie es ist.«
    Cécile schüttelte energisch den Kopf, stieß ein paar schnelle Wortsalven hervor und stapfte los, zu dem Zelt der beiden hinüber.
    »Sie sagt, das sei Unsinn. Sie will dem Mädchen etwas überziehen, damit sie keinen Sonnenbrand kriegt.« Guy setzte sich in Bewegung. »Kommt. Wir helfen ihr.«
    Serenity zuckte zusammen, griff nach der Einkaufstasche. »Ich muss erst... Geht ihr schon mal...« Himmel! Sie hatte das Gefühl, selber erstarrt zu sein, gelähmt von all den Gedanken, die ihr durch den Kopf geisterten. Ging das den Upgradern gerade genauso? Dann konnte sie gut verstehen, dass die sich nicht mehr rührten.
    Christopher und Guy folgten der Frau zum Zelt. Serenity sah, wie Cécile eine Reisetasche aus dem Zelt holte, einen Pullover hervorkramte und ihn dem Mädchen überzog. Guy und Christopher nahmen den Jungen zwischen sich und setzten ihn auf den Boden.
    Christopher ... Wenn jetzt alles vorbei war, wenn es wirklich stimmte, was Christopher sagte ... dann hieß das, dass sie doch noch eine Zukunft hatten! Sie musterte ihn aus der Ferne, dachte an alles, was gewesen war zwischen ihnen, was sie einander gesagt und versprochen hatten, an die Wehmut, die ihr Beisammensein überschattet hatte. Wenn das jetzt wegfiel, was war dann?
    Sie erkannte verblüfft, dass die Kohärenz auf seltsame Weise immer ein Teil ihrer Beziehung gewesen war. Und wenn es sie nun tatsächlich nicht mehr gab ... wenn sich diese dunkle Wolke, die über ihnen geschwebt hatte, einfach verzog ... was würde dann sein?
    Serenity sah an sich herab. Himmel, ihre Einkaufstasche! Zeit, sich zu bewegen. Sich bewegen hieß, nicht zur Kohärenz zu gehören. Sie marschierte los, hinüber zu Guys Wohnmobil.
    Als sie die Tasche leer geräumt, ein paar Sachen im Kühlschrank verstaut hatte und wieder aus dem Wagen stieg, kamen die anderen bereits zurück. Guy unterhielt sich aufgekratzt mit Cécile, Christopher dagegen hatte den Blick auf den Boden gerichtet, sein Gesicht war umwölkt. Er schien nicht gerade begeistert zu sein über die Wendung der Dinge. Warum? Weil nicht er es gewesen war, der die Kohärenz besiegt hatte? Weil er mit seinen Vorhersagen nicht recht behalten hatte? Wieso freute er sich nicht, dass es mit ihnen beiden nun weitergehen konnte, so lange sie wollten, ihr ganzes Leben lang womöglich?
    Hinterfragte er am Ende auch gerade ihre Beziehung?
    Guy

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