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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Größe gefragt.«
    Als alles in den Rucksäcken verstaut war, auch das Kupfernetz, aßen sie ihre Sandwiches und besprachen noch einmal genau, wie sie vorgehen würden. Dann stellten sie den Wecker auf zwei Uhr und legten sich hin.
    Er klingelte Serenity tatsächlich aus tiefem Schlaf. Doch alle Müdigkeit verflog, während sie durch die nächtliche Stadt fuhren. Sie parkten so nahe wie möglich am Emergent Building, zogen die Vorhänge zu, überprüften ein letztes Mal die Überwachungsvideos der Umgebung. Alles wirkte ruhig, fast verlassen.
    Ehe sie ausstiegen, ging Guy noch einmal auf die Toilette. Als er wieder zum Vorschein kam, hatte er ein flaches schwarzes Kästchen in der Hand.
    »Ich werde das bis ans Ende meiner Tage bedauern«, erklärte er und deponierte es in einer Schublade. »Aber eine High-Speed-Datenübertragung per Funk wäre bei dem, was wir vorhaben, einfach zu verräterisch.«
    Dann nahm er seine Brille ab und legte sie dazu.

87

    Ein durchdringender Summton ließ Christopher hochfahren. Einen Moment lang wusste er nicht, wo er war, dann fiel es ihm wieder ein. Der kahle Raum. Seine Zelle. Jemand hatte das Licht eingeschaltet. Das konnte man von außen tun, wie er mitgekriegt hatte.
    Die Stahltür ging auf. Zwei Männer kamen herein, einander so ähnlich wie Zwillinge, und seine Mutter.
    »Komm«, sagte sie. »Es ist so weit.«
    Christopher blinzelte. Er hatte das Gefühl, als es sei noch schrecklich früh am Morgen. »Wie spät ist es?«
    »Ich will nicht länger warten«, erwiderte sie. Damit drehte sie sich um und ging hinaus.
    Okay. War es eben so weit. Beobachtet von den beiden Männern schlüpfte Christopher in Hose, T-Shirt und Schuhe. Er hatte in seiner Unterwäsche geschlafen; die Kohärenz hatte es bisher nicht für nötig befunden, ihn mit Ersatzwäsche und einem Schlafanzug auszustatten. Dann ließ er sich von den Männern hinaus auf den Gang eskortieren.
    Dort standen, bewacht von vier weiteren Männern, Serenity und Guy. Ganz in Schwarz gekleidet und mit bedrückten Mienen.
    »Ihr?«, entfuhr es Christopher. »Was macht ihr denn –«
    »Keine Unterhaltungen!«, befahlen die vier Männer im Chor. »Da ihr so unzertrennlich seid, sollt ihr den Chip zur gleichen Zeit bekommen.«
    Jetzt erst bemerkte er, dass man ihnen Handschellen angelegt hatte. Christopher begriff. Sie waren ihm gefolgt, hatten mitbekommen, was passiert war, und versucht, ihn zu befreien!
    Mist. Ganz großer Mist.
    »Vorwärts«, sagten alle sechs Männer.
    Sie setzten sich in Bewegung. Was blieb ihnen schon übrig? Christopher wechselte einen Blick mit Serenity, fing einen von Guy auf. Mit dem war irgendwas seltsam, er hob die Brauen, rollte mit den Augen ...
    Oh. Richtig. Er trug seine Brille nicht!
    Was hatte das zu bedeuten? Jetzt grinste er. Ganz flüchtig. Nur der Schatten eines Lächelns.
    Also nahm er das hier nicht auf. Also trug er womöglich auch in seinem falschen Unterschenkel etwas anderes als den üblichen Rekorder.
    Und die Upgrader hatten seine Prothese nicht bemerkt.
    Es ging eine Treppe hinauf und durch eine Tür in den Innenhof. Es war tatsächlich noch früh am Morgen. Sechs Uhr, schätzte Christopher, oder nicht mal. Der Himmel über der Dachkuppel leuchtete rosafarben, wie angestrahlt von einem prächtigen Sonnenaufgang, den sie nicht sehen konnten.
    Christophers Mutter erwartete sie im Inneren des Glaskubus. Sie stand vor den drei Liegen und trug einen weißen Kittel. Es war seltsam, sie so zu sehen. Sie hatte sich nie sonderlich für Medizin interessiert, hatte es meistens Dad überlassen, Christopher zum Arzt zu fahren, wenn es notwendig war. Und nun hatte die Kohärenz sie ausgesucht, um die Implantationen vorzunehmen.
    Was natürlich psychologische Taktik war. Wobei Christopher nur raten konnte, was für Absichten die Kohärenz damit verfolgte. Wahrscheinlich immer noch einfach die, ihn gefügiger zu machen.
    Zwei der Männer blieben zurück, die übrigen geleiteten sie in die Schleuse aus Panzerglas. Diesmal schaute Christopher genau hin. Die Scheiben waren wenigstens fünf Zentimeter dick, eher mehr. Man hätte vermutlich eine Panzerfaust gebraucht, um das Ding zu durchschlagen. Verrückt – ein durchsichtiges Gefängnis!
    Die inneren Schiebetüren öffneten sich, die Männer führten sie hindurch und hinter ihnen schlossen sich die Türen wieder. So standen sie dann da, umgeben von Glas, dem Sinnbild der Zerbrechlichkeit – doch in Wahrheit eingesperrt ohne jede Chance auf

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