Kohärenz 03 - Time*Out
ersten Steak beschäftigt, als sie sich mit ihrem Teller neben ihn setzte und sagte: »Hallo, Fan.«
»Pete ist ein echtes Klatschweib«, sagte Brad. »Vertrau dem bloß nie Geheimnisse an.«
Sie lachte. Sie sah umwerfend aus, wenn sie so lachte: aus vollem Hals.
»Hast du Lust, ein bisschen spazieren zu gehen?«, schlug Brad vor.
Sie hatte. Und spazieren zu gehen, war gar kein Problem auf dem riesigen Grundstück von Petes Eltern, die einen Swimmingpool und einen eigenen Golfplatz hatten und darum herum noch so viel Platz, dass man sich trotzdem fast verlaufen konnte.
Brad und Tiffany schlenderten bis zu dem großen Fischteich hinter dem Tennisplatz. Petes Vater hatte einst eine Firma aufgebaut und dann für viel Geld an seinen größten Konkurrenten verkauft. Seither war er quasi im Ruhestand und widmete sich nur noch seiner Fischzucht.
Tiffany sah auf die dicken dunklen Fischleiber hinab, die durch das tiefe Wasser dahinglitten. »Die sind wirklich zum Essen?«, fragte sie.
»Und wie«, sagte Brad. »Wenn man nicht rechtzeitig die Flucht ergreift, liebt es Petes Vater, mit dem Netz ein paar herauszuholen und vor deinen Augen zuzubereiten.«
»Irgendwie ... barbarisch, findest du nicht?«, fragte Tiffany.
»Doch«, sagte Brad. Mit anzusehen, wie Fische ausgenommen wurden, hatte Brad den Appetit darauf nachhaltig verdorben.
Sie gingen weiter, redeten über andere Dinge. Musik zum Beispiel. Tiffany war, wie sich herausstellte, auch Cloud-Fan, fand das neueste Album allerdings ein bisschen enttäuschend. »Vielleicht liegt es daran, dass sie zu einer anderen Plattenfirma gegangen ist«, meinte sie. »Irgendwie fehlt was. Bisher hatte jedes neue Album etwas Besonderes, was Neues, irgendetwas, das einen überrascht hat.«
Brad stimmte ihr zu; ihm ging es genauso. Er selber hatte sich das neue Album zwar natürlich gleich runtergeladen, es aber erst ein einziges Mal gehört. Es hatte ihn eher ratlos als begeistert zurückgelassen.
Sie sprachen darüber, was sie nach der Highschool vorhatten. Einig waren sie sich, auf jeden Fall in Kalifornien bleiben zu wollen. Tiffany wollte etwas mit Umweltschutz studieren oder in Richtung alternative Energien. »Und du?«, fragte sie.
Brad hob die Schultern. »Mein Dad ist Rechtsanwalt. Früher dachte ich, das ist furchtbar öde, aber seit ich ein bisschen in seiner Kanzlei geholfen habe – Ferienjobs und so –, hab ich das Gefühl, das liegt mir. Ich denke, ich werde Jura studieren.«
Tiffany warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Im Ernst? So was gefällt dir? Mörder oder Vergewaltiger verteidigen?«
»Nein, nein«, erwiderte Brad hastig. »Mein Dad ist Unternehmensanwalt. Er begleitet Verhandlungen, wenn Firmen gekauft oder verkauft werden sollen, arbeitet die Verträge aus und so weiter. Da kriegt man mit, was wirklich hinter den Kulissen so abläuft. Mal abgesehen davon, dass man auf dem Gebiet auch viel besser verdient als die meisten Strafverteidiger.«
Brad kam zu Bewusstsein, dass Tiffany plötzlich sehr still und in sich gekehrt wirkte. Er hielt inne. Hatte er was Falsches gesagt? Er ging ihr Gespräch im Kopf noch einmal durch, aber er kam nicht darauf, was.
»Brad?«, sagte Tiffany.
»Ja?«, fragte er und hatte wieder ein Flattern im Bauch.
»Ich hab ein Problem.«
»Ein Problem? Was für ein Problem?«
Sie holte tief Luft, genau auf die Weise, wie man es macht, ehe man jemandem etwas Unangenehmes sagen muss. Brad wappnete sich innerlich. Wahrscheinlich hatte sie schon einen Freund. Oder sie mochte grundsätzlich keine Anwälte.
»Also, es ist so«, begann Tiffany umständlich. »Ich finde dich echt nett, ehrlich ... aber ich merke, dass ich mich unmöglich mit jemand einlassen kann, der keinen Lifehook hat. Das käme mir vor, als würde ich mit jemand zusammen sein, der taubstumm ist oder so. Nein!«, setzte sie hastig hinzu, fuchtelte mit den Händen. »Nicht, dass ich was gegen Taubstumme sagen will. Ich meine eher ... wenn jemand taubstumm bleiben würde, obwohl er es nicht müsste, und das den Menschen in seiner Umgebung zumutet – verstehst du?«
Brad sah sie an, mochte kaum glauben, was er hörte. »Das ist dir derart wichtig?«
»Merke ich gerade. Ja.«
»Aber ... aber so ein Lifehook ... das ist doch im Grunde nichts anderes als eine Art Telefon!«
Sie sah ihn voller Bedauern an. »Brad«, sagte sie, »du hast keine Ahnung. Glaub mir.«
Demoralisierung
33
Am nächsten Tag stand Brad vor der Tür des Lifehook-Centers, als sie
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