Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
Vom Netzwerk:
Zeitung steht, er sei ein ›anonymer Menschenfreund, der unerkannt bleiben möchte‹, und falls er das tatsächlich wünscht, dann ist er auch ganz ohne Zweifel dazu in der Lage. Aber warum fragst du, John? Wir werden alle nur davon profitieren. Das Stadion wird errichtet, die Spiele werden stattfinden, und dann wird es wieder verschwinden. Das Leben wird sein wie früher. Warum sollen wir es nicht einfach genießen?«
    Omally leerte sein Pint. »Da hast du ohne Zweifel recht«, sagte er. »Wer bestellt die nächste Runde?«

Kapitel 18
     
    Jim Pooley räkelte sich in dem Le Corbussier. Der Dom Perignon räkelte sich in Jim Pooleys Bauch. Merkwürdig, wie sehr das einfache Umfüllen einer Flüssigkeit von einem Behälter in einen anderen viele Dinge verändern kann. Oder wenigstens scheinbar verändern. Der schuldbewußte, besorgte, verängstigte Jim Pooley der letzten Stunde war verschwunden und einem unerschütterlich in der Brandung schwankendem Fels gewichen.
    Der Ausbund an Selbstvertrauen fummelte an der Fernbedienung, und der achtziger Bildschirm eines ›vom Laster gefallenen‹ Farbfernsehers füllte sich mit dem klassischen Sergio-Leone-Western Für eine Handvoll Dollars mehr. Jim liebte den Film (den er schon unzählige Male auf Video gesehen hatte). Zu gerne hätte er auch die Dialoge gehört, doch seine Virtuosität an der Fernbedienung war nicht weit genug fortgeschritten, um die Lautstärke hochzuregeln, und er fühlte sich gegenwärtig außerstande, aufzustehen und den Regler am Fernseher von Hand zu betätigen.
    »Das Leben ist gar nicht schlecht«, sagte er und schob sich die Selbstgedrehte in den Mundwinkel. »Ich verstehe überhaupt nicht, was all die Aufregung soll«, informierte er den schweigenden Fernseher just in dem Augenblick, in dem sich auf dem Schirm der ›Mann ohne Namen‹ mit Red ›Baby‹ Kavanagh schoß und den Banditen in sein zweitausend Dollar teures Grab sandte.
     
    Der Alte Pete erhob sich unsicher und wandte sich an die versammelte Gesellschaft. »Mylords, Ladies und Gentlemen, verehrte Gäste, Freunde, Römer, Landsleute!«
    Seine Kameraden klatschten herzlichen Beifall. Jennifer Naylor kaute auf der Unterlippe. Der Bürgermeister schwieg.
    »Ich bin es nicht gewöhnt, öffentliche Reden zu halten …« Unter dem Tisch kaute der junge Hund Chips auf einem Hühnerbein und furzte laut. »… doch ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein Wort des Dankes an all diejenigen zu richten, die diesen Abend ermöglicht haben. Und zu sagen, sowohl in meinem eigenen als auch im Namen aller Senioren von Brentford, wie sehr wir dieses Essen genossen haben und uns jetzt auf den Brandy und die Zigarren freuen, die die ganze Angelegenheit zu einem erfolgreichen Abschluß bringen.« Der Alte Pete nahm unter frenetischem geriatrischem Beifall, ein oder zwei zittrigen Schulterklopfern und einer weiteren flatulenten Salve seitens seines Hundes wieder Platz. »Ich danke Ihnen. Danke sehr.«
    Jennifer Naylor stand auf, und allein die Bewegung reichte, um zwei Dutzend bis dato vor sich hindämmernde Libidos (oder wie auch immer der Plural heißt; bemühen Sie sich nicht, das finden Sie nicht im Wörterbuch) 11 in heilloses Chaos zu stürzen und ebensoviele Herzschrittmacher gefährlich nah an den Zusammenbruch zu bringen. Ein Konzert aus pfeifenden Rückkopplungen ertönte, als die Senioren ihre Hörhilfen auf höchste Lautstärke drehten.
    »Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Herren Minister, meine Damen und Herren …« sie unterbrach sich und nickte den Veteranen des Britischen Expeditionskorps zu. »… Mitglieder des Olympischen Komitees.« Eine Anzahl Schildkrötenhälse reckten sich als Reaktion auf die unerwartete Anhebung ihres Status’. »Heute ist ein Tag, der in den Annalen Brentfords groß geschrieben werden sollte. Denn heute wurde uns die offizielle Bestätigung zuteil, daß Brentford in der Tat Gastgeber der nächsten Olympischen Spiele sein wird.« Sie hob die Hand, um den Applaus zu dämpfen, der sowieso ausgeblieben war. »Mit großem Vergnügen übergebe ich nun das Wort an den Gastgeber, den ehrenwerten Herrn Bürgermeister, der die Dankesrede halten wird.« Sie setzte sich steif.
    Der ehrenwerte Gastgeber erhob sich bei der Nennung seiner Ehrenwertigkeit, sortierte einen Stapel Blätter vor sich auf dem Tisch und setzte eine Lesebrille auf. Er lächelte auf die Reihe von Senioren hinab, die seinen Blick alle mit dem gleichen Ausdruck erwiderten. Interesse

Weitere Kostenlose Bücher