Kohl des Zorns
Affe«, erwiderte der Professor. »Davon bin ich inzwischen überzeugt.«
»Was dann?«
Der alte Gelehrte hob seine runzligen Hände und drehte sie nach außen. »Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Bisher habe ich lediglich einen Verdacht.«
»In den Sie uns ganz offensichtlich nicht einweihen wollen.«
»Alles zu seiner Zeit, John. Ich muß erst sicher sein.«
»Und das dort?« fragte Pooley und deutete auf das Paket. »Läßt das etwa Raum zu Spekulationen?«
»Mir ja«, sagte Omally. »Schließlich ist das kein alltäglicher Mordversuch, oder? Ich meine, Pistolen kann ich ja verstehen, oder so ein dämliches Messer, wenn man sich auf dem Bürgersteig bückt, um einen losen Schnürsenkel festzuzurren, aber Pakete, die nach dem Öffnen immer größer werden und schließlich das ganze Haus zum Einsturz bringen? Das ist doch mal was Neues, oder nicht?«
»Ja«, stimmte Jim seinem Kumpan zu. »Vielleicht können Sie uns wenigstens das erklären, Professor?«
Der Gelehrte blickte nachdenklich drein. »Aus dem, was ihr mir berichtet habt«, sagte er nach einer Weile, »schließe ich, daß es sich um eine Art multizellulares Polysilikat mit einer instabilen atomaren Basis handeln könnte, die bei Kontakt mit Luft unter dem Einfluß von Körperwärme unkontrollierbar zu expandieren beginnt.«
»Ah, das also«, sagte Jim. »Dann ist ja alles klar. Vielen Dank, Professor.«
Omally hegte noch immer Zweifel, aber um sich den Anblick eines in der Luft umherfuchtelnden, im Kreis tanzenden Pooley zu ersparen, sagte er lediglich: »Chemische Kriegsführung also. Ein ausgeklügelter Mechanismus zur Erledigung weicher Ziele, Jim.«
»Jedenfalls etwas in der Art«, sagte der Professor. »Ich vermute weiterhin, daß die Expansion nach Erreichen eines Optimums nicht nur aufhört, sondern daß das gesamte Polysilikat sich einfach in Luft auflöst und keine Spuren seiner Existenz zurückbleiben. Eine teuflische Waffe und das Produkt eines dunklen, satanischen Humors.«
»Den Humor dahinter verstehe ich nicht«, sagte Omally mit angewiderter Stimme. »Aber ich muß meistens nicht lachen, wenn jemand versucht mich umzubringen.«
»Grausame Ironie, John. Deine Neugier sollte dein eigener Untergang werden.«
»Ihr Verständnis derartiger Vorgänge zeigt, daß Sie ein hochgelehrter Mann sind«, sagte John, »aber die Art und Weise, wie Sie Ihre Erkenntnisse mitteilen, grenzt manchmal ans Unmenschliche.«
»Tatsächlich? Entschuldige bitte.«
»Wir sollten mit diesem Ding zur Polizei gehen«, schlug Pooley vor.
Professor Slocombe und John schüttelten gleichzeitig vehement die Köpfe. »Ich bin sicher, das macht die Angelegenheit noch komplizierter, als sie ohnehin bereits ist«, sagte der Professor. »Inspektor Hovis brennt jetzt schon darauf, dich zu verhören, Jim, deswegen würde ich eher das Gegenteil vorschlagen.«
»Ah«, sagte Jim. »Ah. Nun, in diesem Fall, und wenn Ironie der Name des Spiels ist, sollten wir das Paket vielleicht an den Absender zurückschicken.«
»Der Gedanke entbehrt nicht eines gewissen Charmes. Allerdings wissen wir noch gar nicht, wer der Absender ist. John, was weißt du über den Sponsor, der das Geld für die Olympischen Spiele zur Verfügung gestellt hat?«
»Genausoviel wie Sie, Professor. Wahrscheinlich eher weniger. Er ist ein wissenschaftliches Genie mit Geld wie Heu und dem Wunsch nach Anonymität. Oh, jetzt verstehe ich … Sie glauben …?«
»Ich weiß es nicht, aber ich würde es zu gerne herausfinden. Die Ereignisse legen eine Verbindung nahe; beide Zwischenfälle geschahen in unmittelbarer Nachbarschaft der olympischen Baustellen.«
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.«
»Also meinst du, du könntest ein paar Nachforschungen anstellen und deine Seidenzunge einsetzen? Unauffällig selbstverständlich.«
»Selbstverständlich.« Omally klopfte sich weißen Putz aus der schwarzen Mütze. »Es könnte schwierig werden, aber unmöglich ist es nicht.«
»Gut, John. Dann schlage ich vor, daß ihr beide für eine Weile bei mir einzieht … selbstredend zu einem Mietzins, der uns alle zufriedenstellt. Ich verfüge über mehrere freie Schlafzimmer, und ich bin sicher, daß ihr mit der Unterbringung zufrieden sein werdet. Geht euren täglichen Geschäften nach wie immer, aber haltet Augen und Ohren offen und bindet die Schnürsenkel immer fest zu. Na, was haltet ihr davon?« Pooley nickte nachdenklich. Ganz ohne jeden Zweifel handelte es sich um eine sehr ernste
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