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Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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Regionen bedrohlich aus, und ein gewaltiges Tentakel kam zum Vorschein. Es zertrümmerte die Überreste des eingebrochenen Küchentischs, und Splitter prasselten gegen die Wände. Omally sprang auf das Paket und klammerte sich angstvoll fest. Aus den Regalen purzelte Geschirr, das alte Porzellan fiel von seiner Unterlage und verschwand in einer Wolke weißer Splitter. John kletterte über das schäumende Paket, das sich weiter ungehemmt in alle erdenklichen Richtungen ausbreitete. Das Ding pulsierte vor Leben, und John spürte eine grauenhafte Kraft, die sich unter ihm aufbäumte.
    Plötzlich war er von Dunkelheit umgeben.
    Das Fenster war nun ebenfalls blockiert, und langsam, aber sicher wurde er in Richtung der Decke gehoben. Das würde alles andere als angenehm werden. Omally lag auf dem Rücken auf der mordlüsternen Masse und stemmte sich mit aller Kraft gegen die polystyrolgetäfelte Decke, die er gehaßt hatte, seit er hier eingezogen war.
    Der Gestank einer ganzen Generation von Nikotin, das meiste davon sein eigenes, erfüllte seine Nüstern. In seinen Ohren knackte es vom Druck, und sein Atem ging in kurzen, gepreßten Stößen. Er war so gut wie erledigt.
    Das unaufhörlich wachsende, entsetzliche Todespaket polterte und rumpelte unter ihm und zerstörte alles, was ihm in den Weg geriet. Es pulverisierte Mobiliar und Einrichtung.
    Omallys Nase rückte der Decke immer näher. Er kämpfte darum, sein Messer zu erreichen, doch seine Hände waren inzwischen an seinen Seiten gefangen, und er besaß keine Kraft mehr, der unwiderstehlichen, rücksichtslosen Gewalt unter ihm zu trotzen.
    »Heilige Maria Mutter Gottes!« sagte John Vincent Omally. »Bitte leg ganz schnell ein gutes Wort für deinen unwürdigen Sohn ein, ja?«
    Ein knochensplitterndes Krachen, und Omally war nicht mehr.
    Jedenfalls nicht mehr in der Küche.
    Er war jetzt oben auf dem Speicher.
    John schlug die Augen auf. Falls das hier der Himmel sein sollte, dann sah er jedenfalls nicht so aus, wie er sich das vorgestellt hatte. Staub, Dreck und Taubenmist waren nichts, was einem Freude am Leben nach dem Tod zu bescheren vermochte. Vielleicht war er ja an den ›anderen Ort‹ gekommen. Also war die Hölle allem Anschein nach ein unendlich großer Speicher voller Taubenscheiße.
    Mit einem Satz war John auf den Beinen und suchte sein Heil in der Flucht, bevor er gegen die Isolation gedrückt werden konnte.
    Welch eine Todesfolter!
    Er stieß mit dem Kopf gegen einen Dachbalken und spähte in dem spärlichen Licht umher, das die wenigen fehlenden Dachschindeln hindurchließen. Er war noch am Leben, soviel stand fest — jedenfalls dachte er das.
    Er war am ganzen Körper verschrammt und hatte zahlreiche Schnitte und Prellungen davongetragen, doch er kletterte über die Deckenträger und suchte nach der Luke, die sich irgendwo über dem Treppenhaus befinden mußte. Unter ihm erklang das Geräusch ächzender Balken und krachenden Mauerwerks, und es war nicht gerade Musik in seinen Ohren.
    Das unaufhaltsam anschwellende Paket füllte das gesamte Haus aus! Es war allerhöchste Zeit zu verschwinden. Jetzt oder nie.
    John bahnte sich seinen Weg um die Wassertanks herum und grub die Fingernägel in das weiche Holz der Dachluke.
    Er riß sie auf, und ohne einen Gedanken an seine Sicherheit zu verschwenden, sprang er nach unten und landete auf allen vieren.
    Die Außenwand seines Zimmers zeigte bereits die ersten Risse.
    Fenster splitterten, Möbel brachen. John ignorierte den Schmerz in den Knöcheln und rannte Hals über Kopf die Treppe hinunter. Er riß die Haustür auf und stolperte auf die Straße, rappelte sich wieder auf die Beine, stützte die Hände auf die Knie und stand vornübergebeugt da, eine schreckliche, von oben bis unten mit Taubenmist, Putz, Ruß und Blut beschmutzte erbärmliche Gestalt. Kein schöner Anblick. Wirklich nicht.
    »Hallo John«, sagte der Alte Pete. »Bist du am Renovieren? Das ist eine Arbeit für einen Profi, wenn du mich fragst.«
    John mühte sich gequält auf seinen Drahtesel, stemmte die Füße in die Pedale und radelte mit Höchstgeschwindigkeit von dannen.
    Der Alte Pete starrte ihm verwundert hinterher, bevor er sein Hörgerät in Richtung der zerstörerischen Geräusche ausrichtete, die aus Omallys Haus zu kommen schienen. »Er will anscheinend das ganze Haus umbauen«, verriet der alte Idiot seinem jungen Hund Chips. »Hoffentlich hat er vorher eine Baugenehmigung eingeholt.«
    Der junge Hund Chips bellte

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