Kohl des Zorns
Wagen ging, eine große, stolze, wunderschöne Frau. Sie setzte sich hinters Steuer, zog die Tür zu, startete den Motor und raste davon. Vor ihr löste sich ein Abschnitt des elektrischen Zauns vorübergehend einfach auf, der Wagen schoß hindurch, und der Zaun schloß sich wieder. Zahnräder knarrten, Eisen kreischte auf Eisen, und das Licht verlosch wieder. Zitternd blieb John in der Dunkelheit zurück.
Er hatte genug gesehen. Mehr als genug. Ohne Zögern rannte er über den Laufsteg zurück, hastete die Treppe hinunter, rannte quer über das Gelände und verließ das Grundstück auf die gleiche unwahrscheinliche Art und Weise, wie er es betreten hatte.
Kapitel 31
In einem weißen Zimmer mit weißen Vorhängen standen ein Stuhl, ein Tisch und ein Bett, die alle drei so gewöhnlich waren, daß sie keinerlei weiterer Erwähnung bedürfen. An einer weißen Wand jedoch hing eine große Karte, und vor dieser Karte stand Inspektor Sherringford Hovis.
Die Karte war eine komplizierte Angelegenheit, die auf den ersten Blick an den Streckenplan einer U-Bahn erinnerte, allerdings von einem Kleinkind gemalt. 16 Auf den zweiten Blick sah sie nicht viel anders aus.
Insgesamt erinnerte sie an eine Pyramide, der die Spitze fehlte. Der untere Rand der Karte hing voll mit Zeitungsausschnitten, Photographien, mysteriösen ›Proben‹ in Plastiktüten, Zahlenkolonnen auf Kassenbons und so weiter und so weiter. Zahlreiche rote Linien verliefen in einem komplizierten Netzwerk von diesen ›Hinweisen‹ aus und trafen sich gelegentlich an einem Punkt auf der Karte. Zwei Drittel der Pyramide waren von diesen Linien überzogen. Die Spitze war frei mit Ausnahme von ein paar Bleistiftstrichen und einem großen Fragezeichen, das die ganze Angelegenheit krönte.
Inspektor Hovis stützte den linken Ellenbogen in die rechte Hand und bohrte mit dem linken Zeigefinger im rechten Nasenloch. Er atmete zwischen den Zähnen hindurch ein, zog den bohrenden Finger wieder zurück und tippte auf die rätselhafte Wanddekoration. Das Objekt seiner gegenwärtigen besonderen Aufmerksamkeit war eine einzelne versengte Photographie, auf der sich eine ganze Anzahl roter Linien vereinigte, was ihr das Aussehen eines Bahnhofs oder Knotenpunkts in dem verrückten U-Bahn-System verlieh.
Inspektor Sherringford Hovis lehnte sich vor und starrte trüben Blickes in das photographische Auge von James Arbuthnot Pooley, der sein Starren ungerührt erwiderte.
»Ich krieg’ dich, Bursche«, sagte er und versetzte dem roten Gesicht einen kurzen Klaps auf die Wange. Und indem er diese Worte aussprach und das Bild klapste, richtete er seine Aufmerksamkeit auf eine Verzweigung und verfolgte eine einzelne Linie bis zu einem weiteren Punkt. Einem Punkt, an dem sich mehrere Verbrecherphotos unter der Karte tummelten. Auf diesen waren die Profile und Frontalansichten zweier Gestalten mit geflochtenen Zöpfen und gefurchten Stirnen zu erkennen. Unter diesen Verbrecherphotos standen zwei Namen: Paul und Barry Geronimo.
Inspektor Sherringford Hovis hakte einen Finger in seine Uhrenkette und zog seine Regal Chimer hervor, genau die Taschenuhr, die Jim Pooley in seinem Lieblingswestern immer wieder zu bewundern nicht müde wurde. Allerdings dachte der große Detektiv nicht an Duelle und Showdowns, als er die Zeiger musterte und ein einziges Wort von sich gab: »Verspätet.«
Wie zur Antwort ertönte an der Zimmertür ein rhythmisches Klopfen. Hovis warf hastig ein Bettlaken über das Kunstwerk an der Wand. »Heroin!« sagte er. 20
Die beiden Tapferen traten oin. 21 »Wir Grüße überbringen von Stämmen des Nordens«, überbrachten sie Grüße von den Stämmen des Nordens. »Rotes Brüder reisen mit Höchstgeschwindigkeit über Prärie, um Ruf von weißes Bruder zu folgen«, sagte Paul.
»Sein ganzes Mokkassin heißes«, bekräftigte Barry. »Nix Jux.«
»Recht so, meine Herren. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Nach einem Blick auf den einzigen, nicht weiter erwähnenswerten Stuhl im Raum (bis auf die Tatsache, daß nun Inspektor Sherringford Hovis darauf saß), ließen sich Paul und Barry auf das Linoleum nieder und kreuzten die Beine im legendären Schneidersitz.
»Rotes Brüder rauchen vieles Pfeife, reden manches Palaver«, sagte Paul erwartungsvoll. »Haben reichlich viel Feuerwasser in Medizinbeutel.« Er klopfte auf seine Designeraktentasche mit den Wollfransen.
Inspektor Hovis schüttelte entschieden den Kopf. »Rauchen könnt ihr meinetwegen später. Zuerst
Weitere Kostenlose Bücher