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Kohlenstaub (German Edition)

Kohlenstaub (German Edition)

Titel: Kohlenstaub (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Kathrin Koppetsch
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erneut der unwillkommene Schatten an meine Fersen. »Giovanni! Du
schon wieder!«
    Ich beschleunigte
meine Schritte, doch der junge Mann ließ sich nicht abschütteln.
    »Giovanni! Geh
nach Hause! Ich will ins Gemeindehaus, schauen, ob ich helfen kann!« Und
außerdem die Neuigkeiten von Rabenaus unruhiger Nacht verraten, die sein
Geständnis fragwürdig machten. Ob sie ihn danach aus dem Polizeigewahrsam
entlassen würden? Warum hatte er sich selbst belastet, wenn er es nicht gewesen
war?
    In Gedanken
versunken wollte ich weitereilen, doch der hartnäckige junge Mann fasste mich
am Arm und hielt mich fest.
    »Ma-ma-ma-Manni«,
setzte er an.
    »Wenn du einen
Hinweis hast, erzähl bitte der Polizei davon.«
    »Ni-ni-ni-nich
Po-Po-Polzei.«
    Ich verstand. Der
ungeduldige Kellmann würde sich kaum die Mühe machen, dem Stotterer zuzuhören.
Er nahm ihn genauso wenig ernst wie mich.
    »Gut. Dann erzähl
es mir!«
    Doch Giovanni zog
mich weiter. »Mi-mi-mimitkomm.«
    Ich überlegte nur
kurz. Wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass er mich zu Mannis
Versteck führte, hatte ich keine Wahl.
    Wir kamen durch
das Schlesierviertel. Junge Männer standen an der Ecke, eine Flasche Bier in
der Hand. Aus dem Transistorradio erklang eine Männerstimme, die einmal mehr
auf das baldige Fußballturnier hinwies, abgelöst von scheppernder Musik. »Die
Beatles, mach lauter!«, rief einer der Umherstehenden. Von den Beatles hatte
selbst ich schon gehört. Englische Musiker mit extravaganten Frisuren, genannt
Pilzköpfe. »Yeah, yeah, yeah!«, erschallte es zwischen den Häusermauern.
    Es herrschte die
leicht aufgeheizte Stimmung vor einem bedeutenden Fußballspiel. Wie sonst auch.
Bier, Musik, Stimmengewirr, das sich im Laufe des Nachmittags zu trunkenem
Grölen steigern würde.
    Im hellen
Mittagslicht erkannte ich die Unzulänglichkeiten der Siedlung: nachgedunkelte
Häuserwände, Mülltonnen, die vereinzelt überquollen, und große Schlaglöcher auf
der Straße.
    Rentner führten
ihre Hunde spazieren. Im Rinnstein und sogar auf dem Bürgersteig lag Hundekot.
    »Wo führst du mich
hin?«, wollte ich wissen.
    Mein Begleiter
antwortete nicht.
    Wir unterquerten
die Bahnlinie. Links befand sich die Schrebergartenanlage, in der ich mit
Luschinski gesessen hatte. Wie lange war das her, Tage, Wochen? Die Tulpen und
Narzissen waren am Verblühen. Nun zeigten sich zaghaft die ersten Rosenblüten.
Väter werkelten an den Lauben. Einige hatten es sich davor bequem gemacht,
hielten die noch weißen Bäuche schonungslos in die warme Maisonne. Ihre Frauen
packten derweil die Picknickkörbe aus, deckten Tassen und Teller auf. Kuchen
kamen zum Vorschein, begierig beäugt von den umherstehenden Kindern. Aus den
Zechenhäusern schollen Stimmen, im Hintergrund rauschte das Radio. Eine hagere
Frau mit Lockenwicklern und Kittel erschien in einem Fenster im Obergeschoss.
    Alles war wie
immer.
    Wo waren die
Suchtrupps? Interessierte sich keiner mehr für Mannis Schicksal? Hatte man ihn
aufgegeben? War das Pokalfinale wichtiger?
    »Wohin willst
du?«, fragte ich meinen Begleiter erneut. Hinter den Zechenhäusern bog er nach
rechts ab.
    Ich ahnte, was das
Ziel des Spaziergangs war, noch bevor wir den sagenumwobenen Ort erreichten.
    »Tremonia!«,
flüsterte ich. »Das Tremoniagelände!«
    Groß und
unübersichtlich dehnte sich die wilde Wiese bis zum Horizont. Büsche, Birken
und Gestrüpp nahmen die Sicht. Zwischen den Bäumen lag Metallschrott auf der
Wiese, Müll, Autoteile, inmitten von Löwenzahn. Ich bemerkte einen rostigen
Schienenstrang, auf dem der letzte Zug wahrscheinlich vor Jahrzehnten gefahren
war.
    Stellenweise war
die Wiese niedergetrampelt. Die Spuren waren noch frisch; vermutlich hatten die
Suchtrupps erst heute das Gelände durchkämmt. Nun wirkte die Gegend unheimlich
und verlassen, überwuchertes Brachland, dessen einziger Lichtblick ein gelb
leuchtender Ginsterbusch war. Keine Menschenseele war zu sehen.
    Wo waren die
Kinder, die das Gelände als Abenteuerspielplatz nutzten, die Jugendlichen, die
sich hier zum Stelldichein trafen oder heimlich rauchten?
    Schwach im
Hintergrund vernahm ich den Verkehrslärm von der Bundesstraße. Ansonsten wies
nichts darauf hin, dass wir uns in einer Großstadt befanden. Mitten im
Kohlenpott.
    Mich fröstelte,
obwohl es über zwanzig Grad warm war. Mein stummer Gefährte trug nicht zur
Steigerung meines Wohlbefindens bei.
    »Giovanni? Hier
waren schon Leute …«
    Doch der Junge
ging zielstrebig

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