Kohlenstaub (German Edition)
in einem Zug leer … und sacht noch dabei: ›Und führe uns
nich in Versuchung!‹ – Ja, wie soll man dat denn verstehen?«
Bedeutungsvoll sah
sie uns an.
»Dann kommen
welche von den Jungens vorbei und wollen auch ‘n Bier, aber ich hab ihnen keins
gegeben, von wegen Jugendschutz und so …«
»Welche Jungens?
Die von Mannis Fußballmannschaft?«
»Woher soll ich
dat denn wissen!« Trudi stemmte die Hände in die Hüften und blitzte mich an.
»War Giovanni auch
dabei?«
»Wer bitte?«
»Der Kräftige,
Dunkle, etwas Ältere!«
»Nee. Nich, dass
ich wüsste … Doch halt! Da kam so einer, der hat nach ‘m Frollein Pastor
gefragt. Das heißt, der wollte. Hat gestottert wie ‘n Motor ohne Benzin, ich
konnt ihn kaum verstehen …«
»Also doch
Giovanni«, fasste ich zusammen. »Wo ist er hin?«
»Weiß ich nich,
hat er nich erzählt. Nach da hinten raus jedenfalls.« Sie wies in Richtung
Gemeindehaus.
»Und getz du,
Rabenau! Wat machste denn hier mit ‘m Frollein Pastor am helllichten Tag?«
Rabenau brummelte
vor sich hin.
»Trudi«, sagte
ich, »war nett, mit Ihnen zu plaudern. Wir müssen jetzt aber weiter!«
»Ach ja!«, rief
sie hinter uns her. »Eh ich’s vergesse: Der Reporter kam auch noch hier vorbei.
Hat nach Ihnen gefracht, der Gute!«
»Martha!«, seufzte
er theatralisch. »Ach, Martha, wirst du mir je verzeihen können? Ungebührlich
war mein Verhalten, durch nichts zu entschuldigen. Nur zu erklären durch mein
Verlangen nach dir.« Luschinski simulierte einen Kniefall. »Und durch den
übermäßigen Genuss geistiger Getränke in dunkler Nacht!« Er zeigte ein
zerknirschtes Gesicht.
»Luschinski!«,
sagte ich streng. Dann musste ich leider grinsen. »Seit wann duzen wir uns?«
»Seit gestern
Abend. Oder etwa nicht?« Er zwinkerte mir zu.
»Das könnte einen
ganz falschen Eindruck erwecken!«
»Ach, Gnädigste!«,
seufzte der Reporter. »Ist denn Ihr Herz nicht zu erweichen!«
An dieser Stelle
musste ich lachen. Ich lachte die ganze Anspannung weg, die sich durch den Tod
des Kollegen, die Drohbriefe und das Verschwinden Mannis angesammelt hatte. Ich
lachte, bis mir die Tränen die Wangen herunterkullerten und ich mich auf den
nächsten Stuhl fallen lassen musste.
»Luschinski!«,
japste ich. »Luschinski, hör auf damit!«
Der Reporter
tätschelte meinen Rücken. »Schon gut. Schon gut, Martha! Beruhige dich! Also
bleiben wir beim Du?«
Ich gab nach.
»Meinetwegen. Wie heißt du eigentlich mit Vornamen?«
Qualm drang durch
die Ritzen. Dann flog die Tür auf, und ein ernst dreinblickender Kommissar
Kellmann erschien. Zwischen ihm und seinem Assistenten stand Rabenau und
blickte bedrückt zu Boden.
»Abführen!«,
befahl Kellmann und trat den Zigarettenstummel mit dem Absatz aus. »Verhaften!
Rabenau hat gestanden.«
»Gestanden? Den
Mord an Hanning?«
»Mord ist zu viel
gesagt. Es handelt sich mutmaßlich um Totschlag. Das entscheidet das Gericht.
Jedenfalls, er war’s!«
Luschinski hatte
bereits seinen Notizblock gezückt und stenografierte eifrig mit.
»Und was war das
Motiv?«
»Herr Rabenau
wollte den Ruf seines verstorbenen Vaters schützen. Pastor Hanning war der
Meinung, das Haus sollte dem Enkel der Lewinskys zurückgegeben werden. Das
hätte ein schlechtes Licht auf die Familie Rabenau geworfen.« Damit bestätigte
Kellmann meine Befürchtungen.
»Ist das ein
ausreichender Grund für einen Mord?«, stellte Luschinski die Frage, die mir
ebenfalls unter den Nägeln brannte.
Kellmann räusperte
sich. »Noch einmal: Schreiben Sie nicht Mord. Der Verdächtige wollte dem Opfer
lediglich einen Denkzettel verpassen, behauptet er. Dass es zum Äußersten kam,
lag nicht in seiner Absicht. Der Staatsanwalt wird den Fall eingehend
untersuchen.«
»Wie genau war der
Hergang?«
Kellmann winkte
ab. »Die Einzelheiten berichten wir später, Luschinski. Rabenau will zuerst mit
einem Anwalt sprechen.«
Hinter dem
Reporter tauchte eine weitere männliche Gestalt auf, Giovanni. Er öffnete
mehrmals den Mund, bevor ein Laut zu hören war. »Ma-Ma-Ma-Ma-Manni …«
Der Kommissar
zündete die nächste Zigarette an und wandte sich entnervt ab.
»Ja, genau«, nahm
ich das Stichwort auf, »was ist mit Manni? Wo steckt er? Die Zeit drängt, das
haben Sie doch selbst gesagt. Wäre es nicht wichtiger, dass Rabenau uns zu
Manni Jankewicz führt, als ihn zu verhaften? Er sollte uns zuerst zum Versteck
führen!«
Der Kommissar
reagierte ironisch. »Gut, dass Sie so genau wissen, was
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