Kokoschanskys Freitag
war, und handelte. Was spricht dagegen?“
Der Chefinspektor hat bei seinen Worten seine gesamte Schauspielkunst aufgeboten und gänzlich gegen seine persönliche Überzeugung gesprochen. Natürlich ist er in der Zwischenzeit alles andere als untätig gewesen, aber diese Erkenntnisse will er, so lange wie möglich, für sich behalten. Er glaub t keineswegs an einen Zufall und seine Recherchen geben ihm Recht. In diesen Räumlichkeiten sind zu viele Dienststellen versammelt und die Gefahr ist zu groß, dass sich darunter ein Maulwurf befindet, der etwas den Medien stecken könnte. Petranko traut besonders Greter nicht über den Weg. In Insiderkreisen ist hinlänglich bekannt, dass Bastian Schrenk, einer der stellvertretenden Chefredakteure einer Wiener Stadtzeitung, ausgezeichnet von einschlägigen Informationen lebt, die nur von Greter stammen können. Daher verteidigt Schrenk auch Greter immer vehement gegen sämtliche Angriffe in TV-Diskussionen. Petranko kann auch diesen Schrenk nicht lei den. Er hält ihn für einen aufgeblasenen Fatzke, der ohne Greter in seinem Job ziemlich alt aussehen würde. Natürlich ist es ein offenes Geheimnis, dass der Chefinspektor und Kokoschansky eng befreundet sind. Doch dieser Journalist weiß, im Gegensatz zu Schrenk, der sofort sein Pulver verschießt und mehr als einmal dadurch unnötig Porzellan zerschlagen hat, wann er mit einer Story raus kann und stimmt sich vorher mit Petranko ab. Soviel d er Chefinspektor weiß, ist auch Kokoschansky keineswegs Schrenks Freund . Es ist natürlich ein nicht ungefährliches Wagnis, Ermittlungsergebnisse zurückzuhalten. Das Mindeste, was Petranko bei einem eventuellen Auffliegen passieren kann, ist ein Disziplinarverfahren. Greter würde ihm persönlich den Kopf abreißen, da er durch seine Dienststelle über die not wendige Macht und Kompetenz verfügt. Doch dieses Risiko geht Petranko bewusst ein. Vielleicht gelingt es ihm dabei sogar, Greter von seinem hohen Ross zu stürzen? Zumindest hat er seit heute einen weiteren Feind, der nichts unversucht lassen wird, dem Chefinspektor ans Bein zu pinkeln. Und der is t sich sicher, dass Greter mit seinen Leuten längst akribisch das Unterste zuoberst kehrt, was Kaytan betrifft. Wahrscheinlich verfügt auch er über Informationen, die er, ebenso wie Petranko, nicht diesem Kreis offenbaren will.
Nach einigen weiteren ermahnenden Worten des Polizeipräsidenten zu „erwarteter erstklassiger Kooperation“ und „alle an einem Strang ziehen“ schickt er Petranko, Greter und die BBE-Leute zurück an ihre Arbeit.
Der Chefinspektor will so rasch wie möglich raus aus dem Gebäude. Doch auf dem Flur hält ihn Greter zurück.
„Auf ein Wort“, stellt sich ihm Greter in den Weg. „Ich habe dich im Visier. Über kurz oder lang bringe ich dich zur Strecke. Vergiss das nie. Und noch etwas ... Lass deinen Kokoschansky aus dem Spiel. Ich mag euch beide nicht.“
„Okay, wenn du auf deinen Schrenk verzichtest. Und nun leck mich doch einfach am Arsch.“
***
Kokoschansky hat als Erstes im Tiergarten einen Bollerwagen ausgeliehen, in dem sein Sohn thront und nicht weiß, wohin er zuerst schauen soll. Kaum ist er bei den Löwen, will er gleich weiter zu den Eisbären. Dann interessieren ihn wieder die Robben, wo gerade die Fütterung im Gang ist. Jedes Mal wenn eines der Tiere ein Kunststückchen für ein paar Fische präsentiert und die Zuschauer applaudieren, lacht Günther aus vollem Herzen und strahlt vor Freude. Kaum ist dieses Spektakel zu Ende, will er zu den Affen. Er hält Lena und Kokoschansky gehörig auf Trab. So ein Zoobesuch ist anstren gend. Dazwischen verlangt Sohnemann einmal etwas zum Trinken, dann wieder eine Nascherei. Sonja würde mit Kokoschansky mit Sicherheit schimpfen, weil er dem Kleinen keinen Wunsch abschlägt. Sie muss gar nicht dabei sein, sie kann es sich auch so denken. Dann hat Günther einen Stand mit Plüschtieren entdeckt und ein Krokodil hat es ihm besonders ange tan. Das Feuerwehrauto ist längst vergessen. Das wird erst wieder zu Hause interessant.
„Papa, bitte“, reicht um Kokoschansky butterweich werden zu lassen.
„Meinst du nicht, dass es etwas zu viel des Guten ist?“, flüstert Lena als Kokoschansky seine Brieftasche zückt.
„So oft kommt er auch wieder nicht in den Tiergarten“, lächelt der Vater, als er bezahlt. „Und damit ist er wieder für einige Zeit abgelenkt und wir haben mehr voneinander.“
„Das ist also deine Taktik. Na schön.
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