Kokoschanskys Freitag
Stündchen noch. Dann spielen wir etwas Schönes zusammen.“
Entweder hatte er noch mehr Spielschulden, als bisher angenommen oder er war in etwas verstrickt, wovon sie nicht die geringste Ahnung hat. Hastig raucht Kubela Kette. Im Moment weiß sie sich keinen Rat und beginnt nur leise vor sich hinzuschluchzen.
***
Behutsam übergibt Kokoschansky Lena seinen Sohn, damit er leichter das Auto aufsperren kann. Günther ist fix und fertig, schlummert selig. Es war ein anstrengender Tag, da auch sein übliches Mittagsschläfchen ausge fallen ist. Kokoschansky schnallt den Jungen im Kindersitz, den er sich vo n Sonja geborgt hat, auf der Rückbank fest. Lena setzt sich daneben. Dann steigt er in den Wagen und dreht den Schlüssel im Zündschloss. Ein erbärmliches Krächzen, mehr nicht. Auch weitere Versuche sind nicht erfolgreicher. Die Karre will nicht anspringen.
„Scheiße!“, flucht Kokoschansky leise und schlägt wütend gegen das Lenkrad. „Weiß der Teufel, was da wieder los ist?“
Er betätigt die Motorhaubenverriegelung, steigt wieder aus, hebt den Deckel hoch und blickt hinein. Eigentlich kann er sich das sparen, da er technisch total unbegabt ist. Es hat ihn auch nie interessiert. Ein Ding, egal ob Auto oder sonst etwas, hat zu funktionieren und er muss bloß wissen, wie es in Gang zu bringen ist. Warum und wie ist nicht seine Welt.
„Rufen wir einen Pannendienst“, schlägt Lena vor, die sich inzwischen zu ihm gesellt hat. „Wir beide werden das wohl nicht auf die Reihe kriegen.“
„Das dauert ewig. Der Kleine muss ins Bett. Ich lasse die Kiste hier stehen und wir fahren mit dem Taxi zu Sonja. Morgen kann ich mich immer noch darum kümmern.“
„Wie du meinst“, sagt Lena und löst die Sicherheitsgurte des Kindersitzes wieder. Der Bub bekommt von alledem nichts mit, schmiegt sich en g a n Lena ohne dabei sein Krokodil loszulassen.
Das Taxi ist in weniger als drei Minuten zur Stelle. Als der Lenker Lena mit dem Kind im Arm bemerkt, springt er sofort aus dem Fahrzeug und hilft beim Einsteigen. Kokoschansky verstaut den Kindersitz im Kofferraum. Ein fröhlicher Schwarzer mit schulterlangen Rastalocken, in die an den Enden bunte Holzperlen eingeflochten sind, und einer Strickmütze in den j amaikanischen Landesfarben auf dem Kopf. Zuvor dreht er noch den CD- Player ab und würgt, aus Rücksicht auf den schlafenden Kleinen, Bob Marleys Get Up, Stand Up ab. Kokoschansky nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und nennt Sonjas Adresse.
„Ay, ay, Sir“, grinst der Rastaman und zwei Reihen makelloser, schneew eißer Zähne blitzen aus dem schwarzen Gesicht. „Ich fahre sehr behutsam , damit er ...“, er wirft über den Innenspiegel einen Blick auf den schlafenden Jungen, „... uns nicht aufwacht. Ein süßes Kind, ich liebe Kinder, aber manche haben Angst vor dem schwarzen Mann.“
Der muss schon lange hier leben, denkt Kokoschansky, da er ausgezeichnet deutsch spricht. Ein etwas süßlicher Geruch hängt im Fahrzeug. Kokoschansky ist sich sicher, dass der Typ nicht nur Lucky Strike raucht, auch wenn die Packung auf dem Armaturenbrett liegt.
Plötzlich tritt der Rasta voll auf die Bremse und entschuldigt sich sofort. Ein rücksichtsloser Autofahrer hat abrupt die Spur gewechselt und das Taxi geschnitten.
„Alles okay?“, fragt der Taxifahrer besorgt. „Tut mir leid. So ein verblödeter Sautrottel.“
Für Kokoschansky die Bestätigung, dass der Schwarze tatsächlich schon lange hier sein muss, da er mit einem eklatanten Wienerischen Einschlag spricht. Der Schwarze ist ihm sympathisch. Zum Glück hat der Kleine das Bremsmanöver nicht mitbekommen und schläft wie in Abrahams Schoß.
„Ja, ja“, seufzt der Fahrer und lächelt, „ihr Europäer habt die Uhren, aber wir Afrikaner die Zeit“, und dann mit einem Seitenblick auf Kokoschansky: „Sie haben eine sehr hübsche Tochter und der Kleine einen jungen Großvater.“
Mit dieser Aussage hat sich der Rastaman schlagartig bei Kokoschansky sehr unbeliebt gemacht. Aus dem Fond hört er ein Grunzen, es ist Lenas unterdrücktes Lachen. Sein Ego ist schwer getroffen, auch wenn er es nicht zugeben will. Das sind die kleinen, äußerst verletzenden Nadelstiche, die ihn eindringlich daran erinnern, obwohl er sich nicht so fühlt, auch an ihm nagt beständig der Zahn der Zeit. Der Schwarze merkt schnell an Kokoschanskys saurer Miene und an der amüsierten Lena, dass er mit seiner Bemerkung etwas danebengegriffen hat.
„Sorry, jetzt habe
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