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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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Marke, die seit 1960 auf dem Markt ist und von einem kleinen Laden in Soho in London aus ihren weltweiten Siegeszug antrat. Der Gründer war Bernhard Hart, der für seine Mode, die ursprünglich für den Boxsport bestimmt war , a uf den Namen eines alten britischen Adelsgeschlecht s, der Lonsdale, zurück­ griff. Einer der Grafen, so um 1890, war sehr engagiert in der Entwicklung des modernen Boxsports. Hart holte sich bei den Nachfahren die Genehmi gung für die Namensverwendung und erhielt sie. Später machten Boxgrößen wie Muhammed Ali, Henry Cooper, Lennox Lewis oder Mike Tyson für diese Marke Werbung. Nach und nach erreichte Lonsdale Kultstatus. Besonders beliebt bei Jugendlichen und bei Vertretern bestimmter Musik­richtungen wie Punk, Ska, New Wave, aber auch bei den sogenannten Gabbers. Jetzt schaut euch einmal den Markennamen genau an.“ Kokoschan sky schreibt mit einem Filzschreiber LONSDALE in Blockbuchstaben auf ein Blatt Papier und lässt es in der Runde kreisen. „Denkt dabei an die einzige Partei, die im Dritten Reich für den Wahnsinn verantwortlich war.“
    „NSDAP“, sagt Lena, „Aber nur N, S, D, A ist in dem Namen enthalten.“
    „Genau“, bestätigt Kokoschansky, „die Neonazis haben dieses Label bewusst ausgewählt. Für Insider können sie damit öffentlich ihre wahre Gesinnung präsentieren, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Einigen aufmerksamen Leuten ist das aber trotzdem aufgefallen und die Firma Lonsdale geriet in erhebliche Schwierigkeiten, obwohl sie mit Neo­nazis überhaupt nichts am Hut hat. Inzwischen verfügt die Neonaziszene zusätzlich über ein eigenes Bekleidungslabel namens Consdaple. Hier ist der alte Parteiname NSDAP ganz offensichtlich herauszulesen. Der Schriftzug sieht dem Original Lonsdale verblüffend ähnlich.“
    „Und dabei völlig legal“, bemerkt Petranko nachdenklich. „In Zukunft muss man wohl Leute, die mit diesen Fetzen herumrennen, näher in Augen­schein nehmen.“
    „Nun“, widerspricht Kokoschansky sofort, „ich bin überzeugt, dass die Mehrheit, die diese Kleidung trägt, überhaupt keine Ahnung über die Hinter­g ründe hat. Das hat auch viel mit dem Markenwahnsinn unserer Zeit zu tun. Wie komme ich als unbezahlter Werbeträger dazu, für einen ausgeflippten Modemacher durch die Gegend zu latschen, bloß weil mir seine Jacke gefällt, ich aber deshalb mit seinem Namen am Rücken oder sonst wo herumspazieren muss? Nur so am Rande.“
    „Da kann ich dir nur zustimmen“, pflichtet ihm Petranko bei. „Aber bleiben wir beim Thema. Frau Kubela, besaß ihr Ex-Mann Kleidungsstücke mit diesen Namen?“
    Ihrem Gesicht ist deutlich anzusehen, dass sie plötzlich mit einer Welt konfrontiert wird, von der sie bislang nicht die geringste Ahnung hatte. „Ja, so weit ich weiß“, sagt sie leise, „hatte er zwei oder drei Sweater mit diesem Aufdruck und eine Jacke, wo es auf dem Rücken stand. Aber nur dieses Lons­dale, die andere Bezeichnung ist mir völlig unbekannt.“
    „Frau Kubela“, blickt sie der Chefinspektor durchdringend an, „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Weder um Ihre Tochter noch um sich selbst.“
    „Wie mache ich das mit Franziskas Kindergarten und mit meiner Ar beit?“ Die Verzweiflung in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. „Ich will auf keinen Fall, dass man mich an die Öffentlichkeit zerrt. Ich fürchte mich s chon davor, wieder meine Filiale zu betreten. Einige Arbeitskolleginnen wissen, dass ich mit ihm verheiratet war. Nun stand er groß als Bankräuber in der Zeitung und war im Fernsehen zu sehen. Ich kann ja noch halbwegs damit umgehen und fertig werden, aber mein Kind wird das nicht so leich t verkraften, wenn alles rauskommt, Kinder untereinander können sehr grausam sein.“
    „Ich verspreche Ihnen, Frau Kubela“, versucht Petranko die bedauerns­werte Frau, die knapp vor einem Nervenzusammenbruch steht, zu beruhi gen, „wir werden eine Lösung finden. Gehen Sie schlafen. Ich will Sie nicht wegschicken, aber ich glaube, für heute ist es genug.“
    Nun mischt sich auch Lena wieder ein. „Ja, Frau Kubela, Herr Petra nko hat recht. Kommen Sie, schauen wir nach Franziska und dann legen Sie sich auch nieder.“
    Beinahe apathisch verabschiedet sich Irmgard Kubela von den Männern und lässt sich von Lena aus dem Zimmer führen.
    „Okay“, seufzt Petranko, „das wäre einmal geschafft. Diese Frau tut mir unendlich leid. Noch weiß ich ja nicht alles, aber du weißt bestimmt wieder mehr

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