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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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verließen ihn seine Kräfte und er brach endgültig zusammen. Kokoschansky geht rasch in die Hocke, legt zwei Finger auf die Halsschlagader und fühlt ein schwaches Pulsieren. Gott sei Dank, noch ist nicht alles verloren, noch ist Leben in Petranko!
    „Ich bin’s, Koko!“ Vorsichtig tätschelt er die Wange des Chefinspektors. „Hörst du mich, Thomas? Gib jetzt nicht auf! Wach auf! Hörst du mich? Du musst jetzt durchhalten! Du schaffst es! Nicht aufgeben!“ Kokoschansky zerrt sein Handy aus der Jacke, tippt den Rettungsnotruf eins, vier, vier ein. „ Mach schon! Heb ab!“
    Jede verstreichende Sekunde wird zu einer Ewigkeit. Endlich! Er nennt seinen Namen, seinen Standort und schildert präzise mit knappen Worten die Situation. In wenigen Minuten wird man sich um seinen Freund kümmern.
    „Thomas, hörst du mich? Gleich ist die Rettung hier. Durchhalten! Denk an deine Frau und deine Tochter! Du darfst noch nicht abtreten!“
    Verdammt, was sagt man einem Menschen, der kurz vorm Abkratzen ist? Und er kann ihm nicht helfen. Nur an seiner Seite sein und mit ihm warten. Sein medizinisches Wissen beschränkt sich auf Kopfschmerztablette n, Pflaster auf die Haut kleben und schlüpfrige Ärztewitze.
    Langsam beginnen Petrankos Augenlider zu flattern. „Ko... ko? ....“
    „Ja, Alter, ich bin da. Gleich wird es dir besser gehen. Gleich kommt Hilfe.“
    Kokoschansky beugt sich tief zum Mund seines Freundes, muss sich konzentrieren. Es ist mehr ein Lippenlesen. Petrankos Hauchen ist kaum zu verstehen.
    „Ja, Thomas, ich bleibe bei dir. Alles wird wieder gut. Nicht mehr ein schlafen. Die bringen dich wieder auf Vordermann und dann wirst du wied er der Alte.“
    Er weiß, dass er lügt. Auch als Laie weiß er, Petranko steht mit einem Bein mehr drüben und es fällt ihm schwer die Fassung zu bewahren.
    „Hör ... zu ...“, stöhnt der Chefinspektor und jede Silbe bereitet ihm unerträgliche Schmerzen. „Merk ... dir ... deut ... sches ... Kenn ... zei ... chen ... C ... U ... X ...“
    Kokoschanskys Ohrmuschel berührt beinahe Petrankos blutverschmierte Lippen. „... B ... Z ... acht ... neun ... gra...“
    „Grauer Skoda?“
    „J ... a ...“
    Also doch. Rasch kritzelt Kokoschansky das Kennzeichen auf seine Zigarettenpackung.
    „Ich hab’s behalten, Thomas. Ich hab’s ihm Kopf. Nicht mehr sprechen. Wachbleiben. Nicht wieder einschlafen!“
    Doch Petranko hört ihn nicht mehr. Eine riesige, schwarze Welle hat ihn schon weggespült.
    ***
    Völlig abgehetzt und aufgelöst stürmt ein junger Mann von schmächtige r Gestalt ins Café JoJo Richtung Hinterzimmer, drängt einige Gäste, die im Wege stehen zur Seite, was ihm sofort ein paar Rüffel und Beleidigungen einbringt. Im Normalfall würde er sich sofort der Konfrontation stellen, doch h eute Nacht hat er andere Probleme.
    Breitbeinig steht ein Schrank von einem Aufpasser vor der Tür zum Hinterzimmer, dessen Aufgabe es ist, nur auserwählte Gäste reinzulassen. Der Hüne beugt sich hinunter, hört sich an, was ihm der Mann ins Ohr flüstert, nickt, deutet ihm an, zu warten, und verschwindet. Nach ein paar Minuten kehrt der Riese zurück und sagt dem Besucher im Flüsterton, er solle ins Büro kommen, das an der Tür mit einem Pappschild Privat getarnt ist.
    ***
    „Wie lange dauert das denn noch?“ Ungeduldig läuft ein nervöser Koko­schansky den Flur auf und ab. „Wie spät ist es?“
    „Koko, es hilft überhaupt nichts wenn du wie ein gereizter Stier herum­ stampfst“, sagt Lena ruhig. „Das hilft niemandem. Thomas am wenigsten. Du hast ja gehört. Er muss notoperiert werden. Aufgrund der Schwere seiner Verletzungen braucht es seine Zeit. Und es ist noch immer zwei Uhr dreißig.“
    Kokoschansky hat seine Lebensgefährtin noch vom Rettungswagen aus verständigt, als er Petranko ins Sozialmedizinische Zentrum Ost, kurz SMZ Ost genannt, begleitete. Weder die Ehefrau des Chefinspektors noch die Tochter konnten bisher erreicht und informiert werden. Lena hinterließ Irmgard Kubela einen Zettel, damit sie Bescheid weiß und sich beim Erwachen nicht wundert, weshalb plötzlich alle ausgeflogen sind.
    „Nichtraucher! Nichtraucher! Überall Nichtraucher!“, flucht Kokoschans ky wütend. Er braucht jetzt ein Ventil, um Dampf abzulassen. „Ich kann diese Scheißschilder nicht mehr sehen! Bin ich nur mehr von Nikotin-Taliban umzingelt?“
    Draußen, vor dem Krankenhaus, könnte er eine rauchen. Aber das Krankenhaus ist riesengroß, und es sind sehr lange

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