Kokoschanskys Freitag
Heinz Kokoschansky? Zwangsläufig stellt sich die Frage, weshalb er um diese Zeit hier ist, wenn da drin ein schwer verletzter Kriminalbeamter liegt?“
Natürlich ist Kokoschansky klar, dass Greter ihn mit der Anrede in d ritter Person zu provozieren und aus der Reserve zu locken versucht. Doc h diese Freude wird er ihm nicht machen.
„ Tja“, Kokoschansky streckt die Beine weit von sich und breitet seine Arme auf den Stuhllehnen links und rechts aus. „Da wird ein Bulle nieder gestochen, kämpft da drinnen um sein Leben und wer taucht sofort auf? Schon stehen der oberste Spürhund und sein Megaphon ante portas.“
Augenblicklich setzt Schrenk zum Protest an, doch Greter hält ihn zurück. „Wir sollten uns unterhalten.“ Greters Stimme klingt beinahe versöhnlich. „In aller Ruhe und wie es unter Männern üblich ist.“
„Hmmm, mir fällt allerdings kein passendes Thema ein“, grinst Kokoschansky dreist.
Greter nickt nur, beugt sich auf seinem Stuhl vor, starrt auf den Boden und reibt die Handflächen aneinander, während Schrenk seinen Zorn nur mit Mühe im Zaum halten kann.
„Gut“, sagt der oberste Korruptionsjäger nach einer Weile, „wir haben einen schwer verletzten Chefinspektor auf der Intensivstation. Vor dem OP wartet ein bekannter Journalist, der zwischenzeitlich auf die Schriftstellerei umgesattelt hat. Eingeweihte wissen, dass Heinz Kokoschansky und Tho mas Petranko eng befreundet sind. Zwangsläufig stellen sich einige Fragen. Was tun Sie hier? Waren Sie zusammen unterwegs? Wurden Sie Opfer eines Überfalls und Petranko hatte das Pech in ein Messer zu laufen? Klären Sie mich auf? Was ist geschehen?“
„Das fällt unter Redaktionsgeheimnis, Informantenschutz ...“ Seit Greter auf diesem Posten sitzt, hat sich Kokoschansky immer gewünscht, einmal mit diesem unsympathischen Menschen zusammenzukrachen. Nun ist die Gelegenheit gekommen, und die wird er weidlich ausnützen.
„D u bist längst kein Angehöriger irgendeiner Redaktion!“, platzt es aus Schrenk heraus, was ihm sofort einen strafenden Blick Greters einhandelt.
„Werter Kollege“, antwortet Kokoschansky ruhig, aber mit einer gehöri gen Portion Arroganz, „ich bin meine eigene Redaktion. Soeben hat Chef redakteur Heinz Kokoschansky seinem Redakteur Heinz Kokoschansky verboten, auch nur ein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren.“
„Guten Abend“, plötzlich steht ein Arzt, noch in OP-Kleidung, im Türrahme n, „sind Sie Angehörige von Herrn Petranko?“
Blitzartig erfasst Kokoschansky die Situation und sieht seine Chance. Er springt hoch, drängt den verdutzten Doktor kurzerhand hinaus auf den Flur, zieht die Tür hinter sich zu und hält die Klinke fest.
„Wo ist Ihr Büro?“, flüstert der Journalist.
„Was soll das?“
Kokoschansky verzichtet auf die Antwort, öffnet die nächstliegende Tür und schiebt den Arzt einfach in den Lagerraum, wo Verbandsmaterial, Me dikamente und anderer Krankenhausbedarf in Regalen gestapelt sind. Der Journalist lehnt sich gegen die Tür.
„Sind Sie übergeschnappt? Ich rufe den Wachdienst!“
Kokoschansky legt den Zeigefinger an die Lippen.
„Bitte, Herr Doktor, seien Sie leise. Ich weiß, mein Verhalten ist völlig daneben, aber ich habe meine Gründe.“
„Ich hoffe für Sie, es sind gute.“
„ Hören Sie, die beiden da draußen sind nicht koscher. Einer ist ein hoch rangiger Bulle von der unguten Sorte, der andere Journalist, um keinen Deut besser. Ich bin ebenfalls Journalist.“ Kokoschansky fischt seinen Ausweis aus der Jackentasche. „Petranko ist mein bester Freund.“
„Ich verstehe die Zusammenhänge nicht.“ Der Arzt fährt sich mit dem Arm über die schweißbedeckte Stirn.
„ Es ist besser, wenn Sie diese nicht kennen. Ist auch im Moment irrelevan t. Nur so viel: Wenn Sie den beiden etwas sagen, lösen Sie unter Umständen etwas aus, wovon Sie momentan noch keine Vorstellung haben. Ich habe nur zwei Bitten. Lassen Sie die zwei da draußen im Unklaren und mir verraten Sie bitte, wie es um meinen Freund steht. Mehr will ich nicht und ich bin auch schon weg.“
Der Arzt ist übermüdet und nach der schweren Operation total erschöpft, w as ihm auch anzusehen ist. Er mustert Kokoschansky eingehend von oben bis unten und kommt zu der Erkenntnis, dieser Typ scheint es ehrlich zu meinen.
„Also schön“, gibt sich der Doktor geschlagen, „ich darf es zwar nicht, aber Sie sind sehr überzeugend. Ich bin zuständig für Lebensrettung,
Weitere Kostenlose Bücher