Kokoschanskys Freitag
mir. Jedem von uns ergeht es so.“
Zustimmendes Nicken.
„Dann wollen wir abstimmen“, fährt Freitag fort. „Wer ist dafür, wer dagegen?“
Alle Hände der Anwesenden gehen in die Höhe, wenn auch einige kurz zögern, bevor sie mit ihrem Handzeichen die Zustimmung geben.
„Danke, Brüder und Schwestern. SuzieQ und Lizzy werden die Lock vögel mimen. Richtet euch sexy her, aber es darf nicht zu nuttig aussehen . Mojo leiht uns für unsere Aktion seinen Kastenwagen, der neutral und ohn e Aufschriften ist. Nicht mehr das neueste Modell, aber gut in Schuss und bestens für unsere Zwecke geeignet. Zur Tarnung laden wir ein paar Musikinstrumente ein. Sollten wir von der Polizei kontrolliert werden, kommen wir gerade von einer Bandprobe. Heute Nacht starten wir.“
***
Kokoschansky und Lena sitzen in der Kantine des ORF-Funkhauses in der Argentinierstraße und warten auf einen alten Kollegen. Am Beginn seiner journalistischen Laufbahn hat Kokoschansky auch einige Jahre für das Radio gearbeitet. Nur wenige der alten Garde, die mit ihm zusammenge arbeitet hatten, sind noch berufstätig. Markus Gaidinger gehört dazu. Ein profunder Wissenschaftsjournalist und Spezialist für die Neonaziszene, hoch gebildet und immer auf dem neuesten Stand. Jetzt ist der Zeitpunkt gekom men, ihn zu kontaktieren. Kokoschansky will nur Auskunft über eine Per son und hofft, dass Gaidinger in seinem umfangreichen Archiv fündig wird.
„Koko, alter Bluthund!“ Seit Kokoschansky ihn kennt, hat er ihn noch niemals ohne Anzug und Krawatte gesehen. Immer elegant, wie aus dem Ei g epellt. „Wieder einmal auf einer heißen Spur, wie ich dich kenne.“
„Tja, Markus, die Katze lässt das Mausen nicht.“ Kokoschansky stellt ihm Lena vor, die von Gaidinger mit einem formvollendeten Handkuss begrüßt wird.
„Siehst gut aus, Koko“, und mit einem anerkennenden Seitenblick auf Lena: „Mit so einer Frau an meiner Seite sähe ich auch gut aus.“ Dann folgt dieses für ihn typische Lachen. Der korpulente Mann mit dem Vollbart ist a uch ein begnadeter Parodist, der sämtliche ORF-Chefs und Politiker hervor ragend nachzuahmen weiß und so früher in der Kantine oft genug für Lachstürme sorgte.
„Na, so wirklich verändert hast du dich auch nicht, Markus. Vielleicht ist die untere Partie etwas mehr angeschwollen.“
„Ich bin eben zu klein für mein Gewicht und außerdem schmeckt mir das Bier noch immer so gut. Was kann ich für dich tun? Ich muss gleich wieder ins Büro, muss noch einen Beitrag für das Mittagsjournal fertigstellen.“
„Was sagt dir der Name Doktor Andreas Ritzler? Ein Arzt.“
Markus Gaidinger legt die Stirn in Falten und zupft an seinem Bart. „Ehrlich gesagt, auf Anhieb nichts. In welchem Zusammenhang?“
„Dein Spezialgebiet.“
„Hm, verstehe. Ist der schon einmal aufgefallen? Staatspolizeilich oder a nderweitig?“
„Keine Ahnung. Darum bin ich hier.“
„Wie schnell brauchst du die Information?“ Doch ein Blick in Kokoschanskys Gesicht genügt. „Also vorgestern. Gut, ich kümmere mich drum und jage den Namen durch meine Datenbanken. Versprich dir aber nicht allzu viel davon. Wenn er eine größere Nummer wäre, würde mir sein Name geläufig sein. Ich schätze am späteren Nachmittag kann ich dir ein Ergebn is durchgeben. Stimmt deine Handynummer noch? ... Alles klar. Ich will gar nicht wissen, worum es geht.“
„Wenn ich auf der richtigen Fährte bin, Markus, ist für dich jede Menge drin. Dann hast du für deine Sendungen genügend Stoff in den nächsten Wochen.“
„Dann lasse ich mich überraschen!“ Gaidinger blickt auf die Uhr. „Ach was, ein Bierchen geht noch. Lass uns ein bisschen über die alten Zeiten tratschen.“
In den folgenden zwanzig Minuten in denen die drei beisammensitzen, führen hauptsächlich Kokoschansky und Gaidinger das Wort. Das Rad de r Zeit scheint zurückgedreht zu sein. Zwar kennt jeder schon sämtliche Anek doten, Histörchen und Geschichten vom anderen in- und auswendig, könnte sie im Bedarfsfall in allen Tonlagen singen, dennoch ist es immer ein Riesen spaß, um letztendlich zu der ebenso immer wiederkehrenden Schlussfolge rung zu kommen, damals war alles besser. Heute ist es steril und zu einem Einheitsbrei geworden. Im Grunde zieht man nur noch sein Arbeitspensum durch und ist froh, abends dem Büro den Rücken kehren zu können.
„Ja, liebe Leute, so leid es mir tut“, Gaidinger trinkt einen letzten Schluck, „ich muss weiter. Das
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