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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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verste hen, zweitens wollen sie nur eine ruhige Kugel schieben und nirgends an ­ecken. Seit Monaten kocht in der gesamten Umgebung die Gerüchteküche. Niemand will darüber sprechen, wenn du versuchst nachzufragen, wird sofort eine Mauer des Schweigens aufgebaut. Mit meiner Frau kann ich mich auch nicht austauschen. Sie und ihre Familie stammen von hier. Mehr brauche ich dazu wohl nicht zu sagen. Und ich bleibe der Wiener, auch wenn die Großstadt nur einen Katzensprung entfernt ist. Vor irgendetwas scheinen die Leute Angst zu haben. Das lässt mir keine Ruhe. Hinter vorgehaltener Hand höre ich immer von einem geheimnisvollen Gutshof, abgelegen und auf einer Anhöhe versteckt in einem Wäldchen bei Suttenbrunn. Jetzt habe ich auf eigene Faust ermittelt, mich auf die Lauer gelegt. Den Hof habe ich gefunden, aber ich komme nicht ran. Außerdem habe ich keinerlei Befugnis, schließlich liegt kein einziger Verdacht in irgendeine Richtung vor. Zu den Gebäuden kommt man nur über eine Privatstraße, die überwacht wird. Jetzt frage ich mich? Privatstraße okay, aber warum muss man die überwachen? In letzter Zeit habe ich öfters unbeschriftete Kastenwagen hinauffahren sehen, meist mit slowakischen Kennzeichen. Jedenfalls war kein einzi ges österreichisches dabei. Ich habe keine Möglichkeit über die Zulassung nachzuforschen, das würde in der Polizeiinspektion sofort auffallen und ich hätte gewaltigen Erklärungsnotstand. Ich bin schon zu lange Polizist und mein Gefühl sagt mir, da oben in dem Gutshof läuft etwas, nur weiß ich nicht was. Manchmal glaube ich in Transsylvanien gelandet zu sein. Oben am Berg das Schloss des Grafen Dracula und unten zittern alle vor dem Vampir. Den Besitzer habe ich noch nie gesehen, und ich lebe hier seit eini ger Zeit. Ich bin mir sicher, dass ich da nicht der Einzige bin. Trotzdem ist es mir über Umwegen gelungen, seinen Namen herauszufinden. Der groß e Unbekannte heißt Xaver Eigruber.“
    „X...E!!“ Kokoschanskys Augen drohen aus dem Kopf zu fallen und er verschluckt sich beinahe an einem Stückchen einer Salzstange. „Das glaube ich jetzt nicht!“ Auch Lena hängt gebannt an Lanskys Lippen.
    „Wie meinst du das, Koko?“
    „Später! Weiter, erzähl weiter, Kurt!“, drängt Kokoschansky erneut.
    „Was du nicht weißt, Koko, mein Steckenpferd war immer Geschichte, vor allem Zeitgeschichte und ich glaube, ich bin darin ganz gut bewandert. Ich habe ein bisschen in der einschlägigen Literatur nachgeforscht und siehe da, ich konnte Folgendes herausfinden. Im Dritten Reich gab es einen August Eigruber, ein gebürtiger Oberösterreicher, geboren neunzehnhundert­ sieben in Steyr. In der Nazihierarchie stieg er bis zum Gauleiter auf. Sieben ­ undvierzig wurde er in Landsberg hingerichtet. Ob hier eine direkte Verwandt­schaft besteht oder es sich nur um eine zufällige Namensgleichheit handelt, weiß ich derzeit noch nicht.“
    „Eins, acht, neunzehn, acht ...“, murmelt Kokoschansky.
    „Was bedeutet das nun schon wieder?“
    „Erkläre ich dir gleich.“ Für Kokoschansky ist es nach diesen Informa ­ tionen beschlossene Sache, den Revierinspektor einzuweihen. Obwohl sie sich Jahre nicht mehr gesehen haben, vertraut er ihm. Schließlich gab es be i ihrer früheren Zusammenarbeit niemals Probleme.
    „Leider bin ich hier festgenagelt“, fährt Lansky fort. „Das ist wieder ein Nachteil. Wenn ich mein Wissen weitergebe, sei es an den Verfassungsschutz oder eine andere übergeordnete Dienststelle, kann ich mit meiner Frau gleich auswandern. Es gibt immer eine undichte Stelle. Die Idylle hier trügt. Da weiß im Grunde jeder von jedem alles. Man kennt dein Haus, dein Auto, deine Gewohnheiten, es bleibt nichts lange verborgen. Muss ich noch weiterreden? Auch dieser erschossene Erdenberger ist für mich kein Un bekannter. Er hatte sicherlich auch im Umfeld des Gutshofes zu tun. Da halte ich jede Wette. Ich kann zwar nichts beweisen, aber meine Nase sagt mir das. Ich habe keine Ahnung, wie die Kollegen in Wien ermitteln, doch bisher ist nicht wirklich viel herausgekommen. Vielleicht tue ich ihnen auch unrecht. Tatsache ist, dass dieser verhinderte Bankräuber sich eine Zeit lang in Amerika aufgehalten hat und später einige Zeit angeblich im arabischen Raum gelebt haben soll. Das hört man alles an den Stammtischen in den Wirts­häusern der Gegend. Doch Genaueres will keiner verraten und jeder blockt sofort ab.“
    „Bingo!“ Kokoschansky schnalzt mit den Fingern.

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