Kokoschanskys Freitag
nächste Mal müssen wir uns auf jeden Fall länger zusammensetzen und quatschen, aber nicht hier.“
Der letzte Satz ist schon zu einer Standardfloskel zwischen den beiden Männern geworden, den einer von ihnen jedes Mal sagt, wenn sie sich irgend wo zufällig über den Weg laufen oder einer vom anderen etwas braucht. Bisher hat es noch nie geklappt, doch das macht nichts. Man muss nicht andauernd aufeinanderkleben.
Nachdem sich Gaidinger verabschiedet hat, sieht Lena Kokoschansky eindringlich an. „Du bist eifersüchtig.“
„Was? Wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Der Doc geht dir auf die Nerven, weil er mit Sonja zusammen ist.“
„Unsinn! Mich interessiert nur, warum seine Rufnummer in Kubelas Handy gespeichert war.“
„Das ist das Tüpfelchen auf dem i“, stichelt Lena weiter. „Sicherlich ist d as sehr interessant, aber dein Hauptinteresse liegt darin, dass Ritzler Sonjas n euer Lover ist.“
„Ja ... wahrscheinlich auch“, gibt Kokoschansky zu. „Sonja war ziemlich sauer, als ich gestern noch aufgekreuzt bin.“
„Und? Wundert dich das?“ Lena ist belustigt, wieder einmal mehr ihren Koko zu durchschauen. „Das wäre ich auch, wenn mein Ex antanzt und mir vielleicht einen Orgasmus versaut.“
„Den hatte sie schon oder mehrere“, knurrt Kokoschansky etwas peinlich berührt, weil ihn Lena überführt hat.
„Eben, weil sie dich kennt. Ebenso wie ich. Und du hast sicherlich zuerst an der Tür gelauscht. Jetzt bist du auf den Typ eifersüchtig, weil er es ihr besorgt und nicht mehr du.“
„Blödsinn!“, ereifert sich Kokoschansky. „Ich bin von ihr geschieden , aber wir haben einen gemeinsamen Sohn. Basta! Außerdem, falls dir das entgangen sein sollte, bist du seit geraumer Zeit, wenn auch ohne Trauschein und das ganze Brimborium, meine Frau.“
„Das wollte ich hören“, bestätigt Lena und beschließt insgeheim ver stärkt ein Auge auf seine außerberuflichen Aktivitäten zu werfen. Schließli ch h atte er, wenn auch auf den Job bezogen, gesagt: Die Katze lässt das Maus en nicht. „Dein Handy blinkt ...“
„Das wird wohl Freitag sein ... Ja, bitte? Oh, das ist aber eine Überraschung. Servus, wie geht’s dir? ... Da kann dir gerne sämtliche Daten geben ... Geht klar, maile ich dir, sobald ich wieder zu Hause bin ... Wie? ... Kann man so sagen. Okay, bin unterwegs.“
***
Kokoschansky biegt in das kleine Gässchen ein, hält links und rechts Aus schau, auch Lena blickt sich um.
„Das muss es sein“, sagt sie . „Ein Haus mit rötlichen Fensterläden. Das ist das einzige hier weit und breit.“
„Wie heißt das Drecksnest noch mal?“
„Breitenwaida.“
„Hier möchte ich nicht begraben sein.“ Kokoschansky stellt den Motor ab. „Das ist wirklich der Arsch der Welt.“
Der Anruf in der ORF -Kantine ist Auslöser dieses Ausflug gewesen. Ein Polizist hatte angerufen, mit dem Koko vor vielen Jahren, als er noch für den ORF tätig war und sehr viele Berichte über die Wiener Drogenszene drehte, eng zusammenarbeitete. Denn dieser Beamte war in der Polizeiinspektio n Karlsplatz stationiert, dem berüchtigten Szenetreff. Später haben sie sich aus den Augen verloren. Der jetzige Anruf, mit einer sehr geheimnisvollen Aussag e, kam völlig unerwartet.
„Nicht schlecht, die Hütte“, bemerkt Kokoschansky als sie durch den gepflegten Garten auf die Haustür zugehen. „Wusste gar nicht, dass Poliziste n so gut verdienen.“
Lena knufft ihn in die Seite. „Ha, ha, ha, selten so gelacht, das war wieder notwendig.“
„Haben wir wohl heute unseren kratzbürstigen Tag?“ Kokoschansky drückt auf die Klingel.
Revierinspektor Kurt Lansky öffnet bereits nach dem ersten Ton und strahlt übers ganze Gesicht. „Ich habe euch schon vorfahren sehen. Mensch, Koko! Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen? Drei, vier, fünf Jahre?“
„Kommt ungefähr hin. Servus Kurt.“
„Hereinspaziert in die bescheidene Hütte.“
Kokoschansky sieht sich um. „Wohl etwas untertrieben.“ Das Haus ist sehr großzügig angelegt und mit exzellentem Geschmack eingerichtet.
„Na ja, alles was ihr hier seht, gehört noch einige Jährchen Raiffeisen.“ Er reicht Kokos Begleiterin die Hand. „Sie sind also Lena. Servus, ich bin Kurt. Wir gehören ja beide demselben Verein an. Wie du siehst, Koko, bin ich noch immer bestens informiert. Nur weil ich in Breitenwaida wohne, heißt das nicht, dass ich zum Hinterwäldler geworden bin. Kommt rein, nehmt Platz ... was wollt ihr
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