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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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durch die Medien die neuerlichen Übergriffe der vergangenen Nacht in der Öffentlichkeit bekannt. Der Ton hat sich verschärft. Regierung und Polizei werden in harschen Worten aufgefordert, endlich etwas dagege n zu unternehmen.
    „Hallo Lena!“ Gruppeninspektor Roman Roggenheimer, ihr Vorgesetzter, klo pft dezent an den Türstock. „Störe ich?“
    „Nein, passt schon. Komm ruhig rein. Was gibt’s?“
    „Ich habe keine Ahnung, wo das noch hinführen soll.“ Er schiebt einen Drehstuhl zu Lenas Schreibtisch und setzt sich. „Selbstverständlich sind wir wieder die Angeschissenen. Jeder schreit: Wo bleibt die Polizei? Natürlich verstehe ich die Angst der Leute, besonders unter den Ausländern und Asyla nten. Was sollen wir tun? Der Staat spart an allen Ecken und Enden, wir bekommen kein zusätzliches Personal. Eine vertrackte Situation.“ Er zieht eine Zeitung aus der Tasche seiner Uniformjacke, entfaltet sie und legt sie Lena auf den Tisch. „Leider ist sowas nicht sehr förderlich.“
    Es ist die neueste Ausgabe des Schmetterling . Auf der Titelseite prangt in großen Lettern die Überschrift: Ein (ver)trautes Paar. Schuberth und der J ournalist . Im Untertitel eine mehr als hinterhältige Suggestivfrage: Warum trifft sich der GD Schuberth nachts mit dem umstrittenen Journalisten Kokoschansky?
    Das wird der Innenministerin Foppner mehr als sauer aufstoßen. Alle die keine weiße Hautfarbe haben, sind ihres Lebens nicht mehr sicher. Wä hrend in Wien pausenlos Übergriffe gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger stattfinden, findet Schuberth anscheinend nichts dabei, sich mit Kokoschansky zu treffen anstatt seinem Job, der schließlich nicht zu knapp mit Steuergeldern finanziert wird, nachzugehen ...
    Lenas Augen füllen sich mit Tränen. Den restlichen Text spart sie sich, da sie sich ohnehin denken kann, was da noch geschrieben steht. Natürlich sind zwei riesengroße Fotos von Schuberth und Kokoschansky auf der Titelsei te. Wenn Schrenk ein journalistisches Sperrfeuer eröffnet, dann mit voller Kraft.
    „Es wird sich nicht lange verheimlichen lassen, dass du mit deinem Koko zusammenlebst“, meint Roggenheimer leise. „Zwar liest kaum einer von uns dieses Blatt, weil wir alle das Geschreibsel dieses Schmierfinks Schre nk nicht ausstehen können. Aber du weißt auch, dass es einige unter uns gibt, die die Beziehung gar nicht mögen, weil sie der engstirnigen Auffassung unterliegen, eine Polizistin und ein Journalist passen nicht zusammen.“
    „Aber eine Justizministerin und ein Bulle dürfen verheiratet sein“, erwi dert Lena patzig und voller Zorn.
    „Lena, du weißt, ich gehöre nicht zu denen, die diese Meinung vertrete n. Darum wollte ich dir zuerst den Artikel zeigen, damit du ihn nicht von anderen mit gewisser Häme vorgelegt bekommst. Ich will auch nicht wissen, was du darüber weißt, und dich auch nicht verlieren. Du bist eine verdammt gute Polizistin. Leider weiß man nie, was denen da oben plötzlich einfällt.“
    „Danke, Roman. Ich brauche jetzt eine kurze Pause.“
    „Geh nur, ist schon in Ordnung.“
    Rasch tupft sie sich ihre feuchten Augen und verschwindet in den Gard e­robenraum, von wo aus sie sofort eine SMS an Kokoschansky schreibt: Kaufe dir den „Schmetterling“. Wichtig! Kuss Lena. Dann zündet sie sich eine Zigarette an.
    Als sie wieder zurückkehrt, fängt sie ein Kollege ab.
    „Schon mitbekommen, Lena? Gerade ist eine interne Dienstmitteilung eingetroffen. Unsere Ministeriumsdomina hat wieder einmal ihre Peitsche ausgepackt. Dieses Mal hat es Schuberth erwischt. Mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Keine Ahnung, warum. Und da Scheiße immer a ufsteigt, wurde als Interims-Generaldirektor, höre und staune, Greter einges etzt. Toll nicht? Ich hätte auf meinen Vater hören und sein Lederwaren­geschäft übernehmen sollen.“
    ***
    Lenas SMS hätte es gar nicht bedurft, denn als Kokoschansky seine tägli che Zigarettenration kaufte, wurde er gleich vom Verkäufer in Beschlag genom men und stolz darauf hingewiesen, dass einer seiner Stammkunden heu te in der Zeitung ist. Als sich der Journalist daraufhin noch mit seinem Konterfei wiederfindet, saust er mit gesenktem Kopf zurück in die Wohnung. Der Schlossaustausch wird aufgeschoben. Momentan muss die Sicherung reichen.
    „Schrenk, du verdammtes Arschloch“, flucht er, nachdem er den Artikel mehrmals aufmerksam studiert hat. „Ich weiß, wer dir das gesteckt hat. Freundchen, dich kaufe ich mir

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