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Koks und Karneval

Koks und Karneval

Titel: Koks und Karneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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gewußt hatte, daß Lorcaz heute mit dem Kokskoffer in Köln eintreffen würde. Barnovic arbeitete schon seit längerem als Kurier für ihn. Aber vor ein paar Tagen war diese Ratte abgesprungen, mit der dubiosen Erklärung, es gebe keinen Bernie Barnovic mehr und der namenlose Marsianer könne unmöglich für einen Erdmenschen den Kokskurier spielen, weil er viel zu sehr damit beschäftigt sei, Kontakt mit anderen kleinen grünen Männern vom Mars aufzunehmen.
    Charly Hoballa knirschte vor Wut mit den Zähnen.
    Damals hatte dieses konfuse Gebrabbel für ihn keinen Sinn ergeben, doch daß Barnovic mit diesen »anderen kleinen grünen Männern vom Mars« die Grünen vom Waidmarkt gemeint hatte, das war jetzt so arschklar, arschklarer ging’s nicht mehr.
    Natürlich behielt er diese Details für sich.
    Es war ein großer Fehler gewesen, Bernie Barnovic zu vertrauen, und Jorge Gabriel Lorcaz sah nicht wie ein Mann aus, der seinen Geschäftspartnern auch nur einen kleinen Fehler verzieh.
    »Wir holen uns den Koffer zurück«, bekräftigte Charlie deshalb. »Dann machen wir das Verräterschwein fertig und anschließend ’nen arschklaren Abgang. Einverstanden, amigos?«
    Jorge Gabriel Lorcaz hielt dies für eine großartige Idee, und er sagte es auch.
    Mario Luis Barrera kippte den nächsten Whisky hinunter und entschied, ebenfalls einen Abgang zu machen, aber so unauffällig wie möglich und das noch vor diesen beiden Wahnsinnigen mit ihren Sturmgewehren, Handgranaten und Maschinenpistolen.
    »Okay«, sagte Hoballa. »Ich mach’ mich jetzt auf die Socken und hör’ mich in der Szene um. Die Schlampen, die den Koffer geklaut haben, werden den Schnee verkaufen wollen, davon können wir mal arschklar ausgehen. In Köln gibt’s nur ein paar Leute, die als Käufer für so viel Koks in Frage kommen. In ein, spätestens zwei Tagen wissen wir, wer den Koffer hat. Verlaßt euch nur auf Charly Hoballa!«
    Und Jorge Gabriel Lorcaz verließ sich auf Charly Hoballa alias El Diablo. El Diablo war ganz nach seinem Geschmack – realistisch, dynamisch, gewalttätig. El Diablo würde ihn ganz bestimmt nicht enttäuschen. Und wenn doch, dann würde ihn die Tec-9 zurück in die Hölle schicken, wo jeder hingehörte, der so leichtsinnig war, in Lorcaz Hoffnungen zu wecken und sie nicht zu erfüllen.
    Hoballa stand auf. »Jorge bleibt hier in der Wohnung, bis wir ihm ein Karnevalskostüm besorgt haben. Es ist arschklar, daß die Bullen nach ihm fahnden, aber richtig maskiert ist er vor ihnen sicher.«
    »Bueno«, nickte Barrera. »Ich hol’ ihm eine Pappnase und …«
    »Keine Pappnase.« Charly Hoballa grinste teuflisch. »Besorg ihm Fallschirmspringerstiefel und ’ne Armeehose – dann kann er als Rambo gehen und die Knarren mitschleppen, ohne daß sich jemand was denkt. Klar, amigos? Arschklar!«

 
7
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    Langsam verdämmerte der erste Karnevalstag, und mancher Jeck verdämmerte mit – Schnapsnasen irrten mit glasigen Augen durch die Straßen. Wiever zogen singend von Kneipe zu Kneipe, Jecken tanzten trunken ums Severinstor, und in der ganzen Südstadt herrschten Jubel und ausgelassene Fröhlichkeit.
    Nur Bernie Barnovic war weder ausgelassen noch fröhlich, und nach Jubel war ihm schon gar nicht zumute – dafür war er viel zu pleite.
    Mit traurig wippender Antenne schlurfte er durchs Ferkuluum, am Chin’s vorbei, dem Kölner Künstlerasyl, in dem sich nicht nur zur Karnevalszeit die Charaktermasken und Pappnasen der Domstadt versammeln, und brabbelte sorgenvoll vor sich hin.
    »O je, o je, o je, was ist bloß aus mir geworden? Wie konnte das passieren? Was habe ich denn getan?«
    Vor der Salznuß, Kölns erster und einziger atombombensicherer Kellerkneipe, blieb er stehen und sah flehend zum Himmel auf, aber auch von dort bekam er keine Antwort auf seine drängenden Fragen. Es wunderte ihn nicht. Gott sprach schon seit einer Woche nicht mehr mit ihm und hatte sich eigentlich noch nie für seine Probleme interessiert – höchstens um sie zu verschärfen.
    Und in der letzten Zeit hatten sich seine Probleme auf dramatische Weise verschärft.
    In den Taschen seines natogrünen Trenchcoats befanden sich noch eine Mark vierundzwanzig in Ein- und Zweipfennigstücken; in seiner Bank durfte er sich schon längst nicht mehr blicken lassen; und zu allem Überfluß schuldete er einem Killer wie Petrus fünftausend Mark – eine Summe, die er nicht hatte, niemals gehabt hatte und zweifellos niemals haben würde.
    Seit er sich am

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