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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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zu einem vagen, undeutlich umrissenenPlan entwickelt, dessen Konturen nach und nach stärker zutage getreten waren. Einiges war noch immer unklar, aber das machte nichts, er würde eben ein wenig improvisieren. Er wusste, was er wollte, und nur darauf kam es an.
    Als er unten im Labor gesessen und sich über Patrick Berger geärgert hatte, waren ihm die beiden Lkw, die vor den Rampen im Expeditbereich geparkt hatten, eingefallen. Er wusste, was sich in ihnen befand, Rosenblüten aus dem Waldviertel, aus denen Öl gewonnen wurde. Rosenöl war einer der teuersten Rohstoffe für Naturkosmetik, die Blüten waren sehr empfindlich, und sie bei dieser Hitze im stählernen Bauch eines Lastwagens eingeschlossen herumstehen zu lassen, war nicht unbedingt die schonendste Art, sie zu behandeln. Karl schätzte, dass die Blüten spätestens bis zum Mittag, wenn die Sonne am gnadenlosesten herunterbrannte, unbrauchbar zur weiteren Verarbeitung sein würden; ein Schaden von mehreren zehntausend Euro. Eigentlich nichts dafür, dass Berger sein Leben mit dem defekten Abzug aufs Spiel gesetzt hatte, nun, nicht ganz, als Denkzettel besser als nichts. Mehrere zehntausend Euro besser.
    Und so kam es, dass, gegen null Uhr dreißig in dieser lauschigen Juninacht, in der Luft schwebte ein Hauch von Rosenduft, ein leicht angetrunkener Karl Michael Baumgartner – zwei Wassergläser voll Wein, was soll’s –, auf die Terrasse von Patrick Bergers Büro trat, nach vorne zum Geländer ging, zweimal tief durchatmete und der versammelten Meute da unten erklärte, was er wollte.
    â€žEr will eine Million Euro!“, rief Patrick Berger entgeistert und zerdrückte den Plastikbecher mit warmer Cola, den er in der Hand hielt. Baumgartner stand noch immer auf der Terrasse und schien ihn via TV zu verhöhnen. Mit drohendem Zeigefinger sagte Berger zum Fernseher: „Du wirst von mir gar nichts bekommen, du Arschloch, keinen Cent!“
    â€žHalten Sie endlich den Mund“, sagte der Umweltstadtrat, der plötzlich munter und nüchtern geworden zu sein schien, „und hören Sie zu. Er ist noch nicht fertig.“
    Das ist genial, dachte Dolores Hightower, der Junge ist ein absoluter Medienprofi. Zuerst hatte er die Menge bearbeitet, sie durchgekaut und ausgespuckt, und dann, als sie erledigt und am Boden war, hatte er zu seinem Schlag ausgeholt. Klar, es galt als unfair, einem am Boden liegenden Gegner noch eine zu verpassen, aber Baumgartner befand sich in einer Extremsituation, da ging das, fand Hightower, schon in Ordnung. Er hatte ihnen ein wenig von sich erzählt, seiner Kindheit, seinen Eltern, wie es so in der Schule gewesen war, alles ganz locker, fast so, als würde er einer netten jungen Frau, die er soeben im Park kennen gelernt hatte, eine Zusammenfassung seines Lebens liefern, in der Hoffnung, sie würde sich seiner erbarmen und ihn mit zu sich nach Hause nehmen. Dann war er auf die Vorgänge in der Fabrik zu sprechen gekommen, hatte den defekten Abzug erwähnt und die daraus resultierende potentielle Gefahr, und ein Aufschrei der Empörung war von den Demonstranten her aufgebrandet. Schließlich hatte er sich darüber beklagt, dass die WEGA, ohne überhaupt versucht zu haben, mit ihm zu verhandeln, die Fabrik stürmen wollte, was dazu geführt hatte, dass eine junge Journalistin in der Fabrik zurückgelassen worden war. Der Frau gehe es, den Umständen entsprechend gut, kein Grund zur Sorge, außerdem dürfe sie die gesamte Aktion filmisch festhalten. Mittlerweile verspürte selbst der hartgesottenste Polizist unten auf dem Platz einen Funken Sympathie für Karl Michael Baumgartner und seine Probleme. Und als er dann seine Forderung stellte und diese im Detail erläuterte, da hatte er sie endgültig in der Tasche. Der Mann ist ein Profi, dachte Hightower zum zweiten Mal. Bis jetzt hatte er die Bombe kein einziges Mal erwähnt.
    â€žWas ich möchte, ist Folgendes: Jede Wienerin und jeder Wiener spendet fünfzig Cent. In Wien und Umgebung leben ungefähr zwei Millionen Menschen, das ergibt also rund eine Million Euro. Ich weiß, eine Million, das ist viel Geld, und vermutlich denkt ihr euch jetzt, der ist größenwahnsinnig geworden, der Junge, der will sich einen Ferrari und eine Villa auf Mallorca kaufen, aber so ist es nicht.Das Geld ist nicht für mich. Das Geld kommt der Umwelt zugute. Ich hab euch vorhin

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